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Ripley Under Ground

Ripley Under Ground

Titel: Ripley Under Ground
Autoren: Patricia Highsmith
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Square in S.W. 1 gewohnt, und eines Abends hatte er in einer Kneipe Jeff und Ed und Bernard getroffen, die in trüber Stimmung waren, weil Derwatts Bilder zu Ende gingen. Da war es Tom, der halb im Scherz zu ihnen sagte: »Das Geschäft geht so gut, es wäre doch ein Jammer, damit aufzuhören. Kann denn Bernard nicht einfach ein paar Bilder in Derwatts Stil hinhauen?« Er kannte die drei kaum, er wußte nur, daß Bernard Maler war. Aber Jeff, ein praktischer Kopf wie Ed Banbury (ganz anders als Bernard), hatte sich an Bernard gewandt und gesagt: »Daran habe ich auch schon gedacht. Was hältst du davon, Bernard?« Bernards genaue Antwort hatte Tom vergessen, aber er wußte noch, wie der Maler den Kopf gesenkt hatte, als schäme er sich oder als erschrecke ihn die Idee, sein Idol Derwatt einfach nachzuahmen. Mehrere Monate später hatte Tom auf der Straße Ed Banbury getroffen, und Ed hatte ihm fröhlich mitgeteilt, daß Bernard zwei ausgezeichnete ›Derwatts‹ hergestellt habe und daß sie einen davon als echt an die Galerie Buckmaster verkauft hatten.
Noch einige Zeit später, kurz nachdem Tom Heloise geheiratet hatte und nun nicht mehr in London wohnte, trafen sich Tom, Heloise und Jeff dort auf einer Party, einer großen Cocktailparty von der Art, wie sie überall stattfanden und wo man nie den Gastgeber zu sehen bekommt. Jeff hatte Tom in eine Ecke gewinkt und gesagt: »Können wir uns irgendwo treffen – später? Hier ist meine Adresse.« Er reichte Tom eine Karte. »Kannst du heute abend mal kommen, so um elf vielleicht?«
Tom war also allein zu Jeff gegangen, was nicht schwer gewesen war, denn Heloise sprach damals kaum Englisch; sie hatte nach der Cocktailparty genug gehabt und wollte ins Hotel zurück, Heloise liebte London: englische Sweater, Carnaby Street, die Läden, wo man Papierkörbe mit dem Union Jack kaufen konnte oder Schilder mit Aufschriften wie »Piss off«, die Tom oft für sie übersetzen mußte; aber wenn sie eine Stunde Englisch zu sprechen versucht hatte, tat ihr der Kopf weh.
»Also«, hatte Jeff an jenem Abend erklärt, »wir stehen vor dem folgenden Problem. Wir können nicht immer weiter behaupten, wir hätten zufällig irgendwo noch einen Derwatt gefunden. Bernard macht sich wirklich ausgezeichnet, aber es – meinst du, wir könnten es wagen, irgendwo eine ganze Schatzkammer von Derwatts aufzutun, die wir dann noch verkaufen, und damit wäre dann Schluß? – Irland ginge vielleicht, da hat er mal eine Zeitlang gelebt und auch gemalt. Bernard ist aber nicht gerade erpicht darauf, noch weiterzumachen. Er hat das Gefühl, er verrät Derwatt, irgendwie.«
Tom hatte einen Augenblick überlegt und dann erwidert: »Wie wär´s denn, wenn Derwatt noch am Leben wäre? Und irgendwo als Einsiedler lebte und seine Bilder nach London schickte? Ob das ginge? Das heißt, wenn Bernard bei der Stange bleibt.«
»Hm – hm. Ja, das ginge. Griechenland – wie wäre das? Tom, das ist eine glänzende Idee. So können wir ad infinitum weitermachen!«
»Oder lieber Mexiko? Das wäre sicherer als Griechenland. Wir könnten behaupten, daß Derwatt dort irgendwo in einem kleinen Dörfchen haust. Den Ort nennt er niemandem – außer vielleicht dir und Ed und Cynthia –«
»Cynthia nicht. Sie – also Bernard und sie kommen nicht mehr viel zusammen, deshalb sehen wir sie auch nicht mehr oft. Ist auch besser, daß sie hiervon nicht allzuviel erfährt.«
Jeff hatte Ed noch an jenem Abend angerufen, darauf entsann sich Tom, und ihm von der Idee erzählt.
»Es ist ja bloß eine Idee, zunächst«, hatte Tom gesagt. »Ich weiß nicht, ob alles klappen wird.«
Aber es hatte geklappt. Eins nach dem andern waren Derwatts Bilder, so hieß es, aus Mexiko, gekommen; und die dramatische Geschichte von Derwatts ›Auferstehung‹ war von Ed Banbury und Jeff Constant in weiteren Zeitschriftenberichten ausgeschlachtet worden: mit Fotos von Derwatt und seinen (vielmehr Bernards) jüngsten Gemälden, aber keinem Bild von Derwatt selbst in Mexiko, denn Presse-Interviews und Fotografen ließ Derwatt nicht zu. Die Bilder waren in Vera Cruz verschifft worden, und selbst Jeff und Ed kannten nicht den Namen oder die Lage des Dörfchens. Vielleicht war geistig oder seelisch irgend etwas mit Derwatt nicht in Ordnung, weil er so völlig abgeschlossen lebte. Die Bilder, so behaupteten manche Kritiker, waren krank und deprimiert, aber sie gehörten jetzt immerhin zu den höchstbezahlten Gemälden irgendeines lebenden Künstlers in
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