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Ripley Under Ground

Ripley Under Ground

Titel: Ripley Under Ground
Autoren: Patricia Highsmith
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einem Kollegen zusammen reisen.
Dann bedankte sich Webster bei Heloise, und sie und Tom brachten ihn an die Haustür, als das Taxi jetzt kam. In der Diele sah Webster den Schuhkarton, bevor Tom ihn holen konnte, und nahm ihn auf.
»Bernards Zettel und die beiden Notizbücher habe ich bei mir«, sagte er zu Tom.
Tom und Heloise standen auf den Eingangsstufen, als Websters Taxi sich in Bewegung setzte und er ihnen noch einmal mit seinen Kaninchenzähnen durch das Fenster zulächelte. Dann gingen sie ins Haus zurück.
Zunächst herrschte friedliches Schweigen. Es war nicht friedlich, das wußte Tom, aber jedenfalls war es Schweigen. »Können wir heute abend mal gar nichts tun? Bloß fernsehen?« Am Nachmittag wollte er im Garten arbeiten. Das half ihm stets, sein Gleichgewicht wiederzuerlangen.
Er verbrachte also den Nachmittag im Garten und arbeitete. Und abends lagen sie in Pyjamas auf Heloises Bett, blickten auf den Bildschirm und tranken Tee dabei. Kurz vor zehn klingelte das Telefon, und Tom nahm in seinem Zimmer den Hörer auf. Er hatte mit Webster gerechnet und hielt einen Bleistift in der Hand, um die Flugzeiten für morgen zu notieren; aber es war Chris Greenleaf in Paris. Er war aus dem Rheinland zurück und fragte, ob er kommen und seinen Freund Gerald mitbringen dürfe.
Als das Gespräch beendet war, kam Tom zurück zu Heloise und sagte: »Du, das war Dickie Greenleafs Vetter Chris. Er möchte gern Montag herkommen und seinen Freund Gerald Hayman mitbringen. Ich habe Ja gesagt – das ist dir doch recht, Liebes? Sie bleiben wahrscheinlich bloß eine Nacht. Weißt du, das ist mal was anderes – bißchen ausfahren, irgendwo nett essen. Ganz friedlich. Recht?«
»Du bist wann aus Salzburg zurück?«
»Oh, ich nehme an, Sonntag. Ich wüßte nicht, warum wir länger als einen Tag brauchen sollten – morgen und vielleicht einen Teil des Sonntags. Sie wollen ja von mir nur, daß ich ihnen die Stelle im Wald zeige und Bernards Hotel.«
»Hm-m. Ja. Na schön«, murmelte Heloise, in die Kissen gelehnt. »Dann kommen sie also Montag.«
»Sie rufen noch mal an. Ich werde ihnen sagen, Montag abend.« Tom kroch wieder ins Bett. Heloise war neugierig auf Chris, das wußte er. Junge Leute wie Chris und sein Freund würden sie eine Weile amüsieren. Tom war befriedigt über die Verabredung. Er starrte auf den alten französischen Film, der da vor ihnen auf dem Bildschirm abrollte. Louis Jouvet, aufgemacht wie ein Schweizer Gardist am Vatikan, bedrohte irgend jemand mit der Hellebarde. Tom beschloß, morgen in Salzburg ein ernstes und aufrechtes Wesen zur Schau zu tragen. Die Polizei dort hatte natürlich einen Wagen, und er würde ihnen den direkten Weg zu der Stelle im Wald zeigen, solange es noch hell war, und würde sie morgen abend ebenso direkt zum Blauen Soundso in der Linzer Gasse führen. Die dunkelhaarige Frau an der Rezeption erinnerte sich zweifellos an Bernard Tufts und auch daran, daß Tom einmal nach ihm gefragt hatte. Tom fühlte sich wieder sicher. Als er begann, dem schmalzigen Dialog auf dem Bildschirm zu folgen, klingelte das Telefon.
»Sicher Webster«, sagte er und stieg wieder aus dem Bett.
Seine Hand griff nach dem Hörer und hielt inne. Nur eine Sekunde lang, doch in dieser Sekunde überkam ihn das Gefühl der Niederlage und was sie mit sich brachte. Enthüllung. Schande. Nein – weiter bluffen, dachte er. Es war noch nicht das Ende der Vorstellung. Mut! Er nahm den Hörer auf.
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