Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rheingold

Titel: Rheingold
Autoren: Stephan Grundy
Vom Netzwerk:
Ende der Halle zu dem großen Feuer ging. Dort stand ein geschnitzter Holzstuhl am Kopfende eines der Tische. Fafnir bot seinen Gästen Platz auf der Bank rechts neben dem großen Stuhl an und setzte sich auf die linke Seite.
    »Mein Vater kommt oft spät«, rief er ihnen über den Tisch hinweg zu. »Machen wir keine Umstände, ich heiße euch in seinem Namen willkommen.« Er hob das Trinkhorn. »Heil den Göttern und Göttinnen!«
    »Heil den Göttern und Göttinnen!« erwiderten die drei Götter und tranken mit ihm. Wie oft nach dem Anstich trübte ein Rest Hefe das goldgelbe Bier, aber es war stark und gut.
    Es dauerte nicht lange, bis ein großer, untersetzter Mann in der Tür erschien und langsam durch die Halle schritt. Nur ein Goldreif um den rechten Arm verriet seinen Rang als Drichten. Aber bei seinem Anblick hoben die Männer ihre Trinkhörner, und er begrüßte jeden im Vorbeigehen.
    Hreidmar blieb stehen, als er Fafnir und seine Gäste erreichte. Sein Blick ruhte einen Augenblick mißtrauisch auf Wotans Speer. Dann sagte er: »Hreidmar begrüßt euch in seiner Halle, Wanderer. Wie ich sehe, hat mein Sohn euch gegenüber seine Pflicht bereits erfüllt - eine seiner Pflichten«, fügte er hinzu. Fafnir wich mit einem verlegenen Lächeln seinem Blick aus. »Gut, aber wo sind Regin und Ottur? Ich habe sie heute abend erwartet.«
    »Ich bin hier, Vater«, hörte man eine ruhige Stimme hinter Hreidmar. Er drehte sich um, als sein zweiter Sohn aus dem Schatten neben dem Tisch trat und sich links neben seinen Bruder setzte. Regins hellbraune Haare waren so sauber wie sein Ledergewand, aber in den großen Poren der Haut glänzte bereits der Ruß seiner Schmiede, der sich nicht mehr abwaschen ließ. Als Krieger war er nicht besser als die meisten anderen, das wußte Wotan, aber er war ein erstklassiger Schmied,
    der die ersten Schritte auf dem Weg zur Runenweisheit hinter sich gebracht hatte. Die Männer wußten schon jetzt, daß seine Waffen etwas schärfer waren als andere und leichter in der Hand lagen. »Ich weiß nicht, wo Ottur ist. Er wollte mich heute nachmittag in der Schmiede besuchen, aber er ist nicht gekommen. Vermutlich ist er fischen ...«
    »Ottur, der berühmte Fischer?« fragte Loki. Sein heller Tenor durchdrang mühelos das Stimmengewirr in der Halle. »Man nennt mich Fuchs, und ich wette um einen Goldring, daß der Fuchs heute einen besseren Fang gemacht hat als Ottur in seinem ganzen Leben.« 
    »Diese Wette nehme ich gern an«, rief Fafnir. »Entweder weißt du nur wenig von meinem kleinen Bruder, oder dir liegt nicht viel an deinem Gold. Aber das will ich gar nicht so genau wissen. Viel kannst du in deinem kleinen Beutel ohnehin nicht tragen. Die Wette gilt. Sag, was hast du gefangen?«
    »Heute nachmittag«, erwiderte Loki, »entdeckte ich einen Otter, der gerade einen Salm gefangen hatte. Mit einem einzigen Stein habe ich beide zu meiner Beute gemacht. Wie findest du das? Der Salm war groß genug, damit wir drei mehr als satt geworden sind. Und hier in diesem Beutel habe ich den schönsten Otterpelz, den du je gesehen hast.« Loki zog am Knoten des Beutels und öffnete ihn, ohne zu bemerken, was Wotan nicht entging: Hreidmar, Fafnir und Regin waren wie versteinert, und überall im Saal verbreitete sich eisige Stille. Loki zog das Otterfell aus dem Beutel - er zog und zog und zog den glänzenden dunklen Pelz durch seine flinken Hände, bis er ein Otterfell hochhielt, das einen Mann von mittlerer Größe bedeckt hätte. Erstaunt betrachtete er es in der plötzlichen Stille. »Mörder!« schrie Regin und zog seinen Dolch aus dem Gürtel. »Mörder!« schrie Fafnir, und der Stahl klirrte leise, als er sein Schwert zog. Dann war jeder Mann in der Halle aufgesprungen und griff nach irgendeiner Waffe. Die Eichentür flog auf, und die Wachen kamen kampfbereit mit Schwert und Speer in die Halle gerannt. »Halt!« rief Hreidmar mit seiner tiefen Stimme und hob die Hand. Wotan spürte, wie er den Zorn und die Empörung seiner Männer zügelte, obwohl ihm die Tränen der Wut und Trauer in den Augen standen. »Es sind Gäste. Wir müssen sie anhören.« Der Lärm sank zu einem widerwilligen Murmeln herab, aber die haßerfüllten Blicke der Männer funkelten wie ihre spitzen Dolche und gezogenen Schwerter. Auf einen Wink Hreidmars bildeten seine Krieger einen Ring um Wotan, Hörnir und Loki. »Hört, ihr Fremden«, erklärte Hreidmar, und in seiner Stimme lagen Schmerz und Trauer, »ihr habt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher