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Rheingold

Titel: Rheingold
Autoren: Stephan Grundy
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meinen Sohn Ottur ermordet. Man nannte ihn Ottur, den Fischer, und Ottur, der sich Verwandelnde. In diesem Fell, das eure Schuld beweist, ging er zum Fluß und fing Fische. Dort hat ihn Fuchs nach eigenem Geständnis erschlagen. Was habt ihr zur Verteidigung eures Lebens zu sagen?« Loki blickte Wotan an und sagte laut genug, daß alle es hörten: »Wie sollte ich wissen, daß es sich nicht einfach um einen Otter handelte?« Wotans Blick gab ihm zu verstehen, jetzt nicht weiterzusprechen, und Loki schwieg.
    »Du hast uns Gastrecht gewährt«, erwiderte Wotan ruhig, »und auch wenn einer von uns deinen Sohn erschlagen hat, kannst du in dieser Nacht, in der wir deine Gäste sind, keine Rache nehmen.«
    »Das Gastrecht ist nicht zum ersten Mal gebrochen worden«, rief einer der Krieger. Es war ein großer dunkelhaariger Mann mit einer Narbe, die sich über das halbe Gesicht zog und ihm ein finsteres Aussehen gab. Hreidmar brachte ihn mit einem strengen Blick zum Schweigen.
    »Zweitens konnten wir, wie Fuchs sagt, nicht wissen, daß sein Stein keinen gewöhnlichen Otter traf. Bei allem, was recht ist, mußte Ottur, wenn er die Gestalt und die Fähigkeiten eines Tieres annahm, mit den Gefahren rechnen, denen jedes Tier im Reich der Menschen ausgesetzt ist. Hätte er das bedacht, würde er noch leben. Fuchs hat getan, was jeder Mensch hätte tun können. Bedenke das, wenn du eine gerechte Entschädigung für seine Tat forderst.«
    Hreidmar trat langsam vor und nahm Loki das menschengroße Otterfell aus den Händen. Er schob die Holzteller mit dem Essen vom Tisch und breitete den Pelz auf der Platte aus.
    Otturs Beine reichten fast bis zum Boden, und das große Loch im Kopf war deutlich zu sehen. »Entschädigung«, sagte Hreidmar langsam, »ja, eine Entschädigung muß gezahlt werden. Gold soll an die Stelle der Trauer treten. Werdet ihr meine Forderung friedlich erfüllen oder wollt ihr lieber kämpfen?«
    »Wir werden sie friedlich erfüllen«, erwiderte Wotan. »Nenne deinen Preis für ein Wergeld, und wir werden mit unserem Gold oder unseren Köpfen bezahlen.«
    »Hört mich, Männer Hreidmars, hört mich, ihr Götter und Göttinnen«, rief Hreidmar mit brüchiger Stimme und hob die Hände zum Himmel, »mein Sohn Ottur ist erschlagen worden. Ich nenne nun den Preis für die Vergeltung der Tat. Dieses Fell soll mit Gold gefüllt werden, um mir den Wert seines Körpers zu ersetzen. Jedes einzelne Haar soll mit Gold bedeckt sein, um mir den Wert seines Lebens zu ersetzen, oder es sollen die Köpfe seines Mörders und derer, die ihn diese Tat verüben ließen, fallen als Preis für sein Leben. Bei Tiwas, dem Richter, und bei Thors Macht, so sei es!«
    »So sei es!« wiederholten seine Krieger im Chor. Wotan wußte, es gab keinen unter ihnen, der nicht Otturs fröhliches Wesen gemocht hatte, seine Anmut und sein Lachen; und sie alle wollten Rache nehmen für seinen Tod. Loki warf Wotan, der ernst und ruhig dastand und wartete, einen schnellen Blick zu. Hörnir rührte sich nicht, welche Gedanken in den dunklen Fluten des Bewußtseins unter der Oberfläche seines einfachen Menschengesichts auch immer auftauchen mochten.
    »Zeigt uns euer Gold, Mörder!« befahl Fafnir und trat etwas näher. Sein breites Gesicht war wie ein Stein, in dem zwei Feuer in den Tiefen seiner Augen brannten. Jetzt funkelten sie härter und entschlossener, als Wotan es von seinem hohen Sitz aus jemals gesehen hatte. »Habt ihr in euren kleinen Beuteln genug Gold, um das Leben meines Bruders damit zu vergelten?«
    Wotan, Hörnir und Loki leerten stumm ihre Beutel, aber es kamen nur ein paar Kupferstücke und etwas Proviant zum Vorschein. Regin trat schnell neben seinen Bruder Fafnir. »Das ist nicht genug!«
    »Du sagst es«, antwortete Wotan. »Hreidmar, wir können und wollen den Preis bezahlen, aber unser Gold ist zu Hause. Erlaubst du, daß einer von uns geht und es holt? Die anderen zwei werden als Geiseln zurückbleiben.«
    »Bring es her!«
    Hreidmars Blick wanderte von dem Fell auf dem Tisch zu den drei Wanderern. Er musterte sie argwöhnisch. »Was seid ihr für Männer, um so etwas leichthin zu versprechen? Weshalb sollte ich euch trauen?«
    »Wir haben genug Gold, um deinen Preis zu bezahlen. Und was das Vertrauen angeht - wir zwei sind dir hilflos ausgeliefert. Würde einer deiner Männer dich dem Adler überlassen oder allen Foltern, die ein Vater sich ausdenken kann, um den Tod seines Sohnes zu rächen? Wenn Fuchs nicht nach drei Tagen
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