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Rheingold

Titel: Rheingold
Autoren: Stephan Grundy
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zurückkehrt, kannst du uns töten. Und du weißt sehr wohl, daß kein Heer nahe genug ist, um deine Halle in dieser Zeit zu erreichen.«
    »Warum sollte ich den Mörder ziehen lassen? Wenn ich mich an jemandem rächen will, dann an ihm.«
    Im lodernden Flammenschein zeigten sich tiefe Kummerfalten in Hreidmars Gesicht, so als habe ihn seine Trauer bereits Hunderte von Jahren gequält. Nach außen blieb er unbewegt wie ein Fels, aber Wotan sah den Funken der Gier bereits in den Tiefen seiner Seele glühen und tat das seine, um ihn zu entfachen.
    »Weil nur Fuchs unsere Halle erreichen und mit dem Gold in drei Tagen zurückkehren kann. Er ist mein Bote mit dem Schlüssel zum Hort. Nur er kann soviel Gold allein tragen und sicher hierher bringen. Gewiß ist dir aufgefallen.. .«, Wotan senkte die Stimme und flüsterte so leise, daß nur Hreidmar ihn verstehen konnte, »er ist nicht wie andere Männer. Wenn ich es ihm befehle, wird er gehen und mit dem Wergeld zurückkommen. Dann soll das rotglühende Gold dir allein gehören.«
    Hreidmar warf noch einmal einen Blick auf das Fell, das der Mörder seinem Sohn vom Leib gezogen hatte, und dachte daran, wieviel Gold nötig sein würde, um den mannsgroßen Pelz zu füllen. Aber wieviel Gold mußte erst herbeigeschafft werden, um jedes einzelne Haar zu bedecken! Wenn Ottur in der Schlacht gefallen wäre, dachte er... und beendete den Gedanken nicht, aber Wotan wußte, er hatte gewonnen. Wenn Ottur in der Schlacht gefallen wäre, hätte er seinem Vater niemals genug Gold eingebracht, um seine Haut damit zu füllen oder sie zu bedecken. Dazu war mehr Gold notwendig, als jemals ein Mensch gesehen hatte - es sei denn, in den Geschichten der Großmütter oder den Märchen der betrunkenen und verlogenen Kaufleute aus den südlichen Ländern hinter Rom. Außerdem hatte Hreidmar noch zwei Söhne ... »Du schwörst es?« fragte Hreidmar. »Ich schwöre es bei der Spitze meines Speers«, erwiderte Wotan, reichte Hreidmar die Waffe und legte seine rechte Hand auf die Spitze. Ein Tropfen Blut floß in Gungnirs Holz, ohne auf dem glänzenden Metall eine Spur zu hinterlassen.
    »Das wäre ein gerechtes Wergeid«, überlegte Fafnir laut. Nach einem Blick auf das ausgebreitete Fell schüttelte er den Kopf und öffnete den Mund, als habe er etwas zu sagen. Aber die Worte schienen ihm die Kehle zuzuschnüren, und er wandte sich ab. »Ehre sei unserem Bruder, für dessen Wert das Gold gegeben wird«, murmelte Regin. Mit Tränen in den dunklen Augen blickte auch er auf den Pelz. Genug Gold, um ihn zu füllen und um jedes Haar zu bedecken - für Ottur, den munteren, gewandten Otter. Seine anmutigen Bewegungen waren für immer erstarrt, seine scharfen Augen würden ihn nie wieder in der Schmiede beobachten. Er würde ihm nie wieder an der Tafel gegenübersitzen und lachen. Ottur war tot, aber der Anteil eines Bruders an diesem Wergeld wäre genug Gold -genug für Otturs Leben? Ottur, sein Gold; sein Gold - Ottur... Und was, wenn Hreidmar starb und ihm dann auch die Hälfte des anderen Anteils überließ? Ottur war tot, er weilte in Walhall oder in Hel. Nichts würde ihn von dort zurückbringen. Und für diejenigen, die lebten... ? Für keinen König, für keinen Helden hatte es jemals ein solches Wergeld gegeben. Ja, in Liedern würde man Ottur, den Fischer, besingen. Ottur, der sich verwandelte, Ottur, dessen Leben mehr Gold wert war, als man brauchte, um ein Königreich zu kaufen, und das bereitwillig bezahlt wurde. Soviel Gold... »Also schick deinen Fuchs«, befahl Hreidmar. »Ich behalte den Speer und eure Dolche als Sicherheit für deinen Schwur.«
    Wotan nahm die Hand von Gungnirs Spitze. Er zog seinen Dolch, hielt ihn bei der Klinge und gab ihn Hreidmar. Seine Hand legte sich schnell und wie selbstverständlich um den glatten hölzernen Griff. Nach Wotans aufforderndem Blick folgte Hörnir seinem Beispiel. »Du erwartest doch nicht, daß ich dir meine Waffen gebe?« fragte Loki. »Schließlich bleibt mir die Aufgabe, das gefährliche Werk zu vollbringen.«
    Wotan sah Loki an. »Geh«, sagte er leise. Lokis goldene Augen erwiderten den Blick. Gedanken blitzten in ihm auf. Wo soll ich das Gold finden? fragte Loki stumm. Was hast du jetzt vor? Du hast den Otter getötet, erwiderte Wotan ebenfalls wortlos. Du prahlst doch immer mit deiner Klugheit. Jetzt liefere den Beweis dafür. Finde einen irdischen Hort und bring ihn her. Vergewissere dich, daß er groß genug ist, um das Fell zu füllen
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