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Rheines Gold

Titel: Rheines Gold
Autoren: Andrea Schacht
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Vorwärmraum mit seinen Sitzgruppen, den kleinen Wasserbecken in den Nischen. Im anschließenden Salbraum mit den Klinen entlang der schön bemalten Wände würde Bella, die Masseurin, später ihrer Arbeit nachgehen. Abgetrennt von den eigentlichen Baderäumen befanden sich dahinter eine Reihe kleinerer Läden, die an Händler und Dienstleister verpachtet waren. Wenn sie ihre Stände eröffnet hatten, würde man allerlei Badezubehör erstehen können, etwa hübsch verzierte Sandalen, Strigilis, die bronzenen Schaber, und feinen Bimsstein aus der Eifel zum Reinigen der Haut, aber auch Kämme, Bürsten, kosmetisches Gerät, Haarschmuck und Fibeln. Andere verkauften Wein, Gebäck oder Pasteten an die hungrigen Gäste. Ein Arzt bot an drei Tagen seine Dienste an, ein Barbier an den anderen. Rufina schob den trennenden Vorhang zur Seite und grüßte freundlich Cyprianus, den Weinhändler, der seine Amphoren überprüfte und die Becher auf der Theke ordnete. Dann betrat sie das Frigidarium und stutzte.
    Das Becken war trocken.
    Zwar wurde jeden Abend das Wasser abgelassen und die Fliesen wurden gereinigt, aber morgens sollte es frisch gefüllt sein. Mit wunderbar kristallklarem Wasser, das aus den sauberen, gesundheitsfördernden Quellen der Eifel stammte und nichts mit dem sumpfigen Grundwasser der Stadt gemein hatte.
    Wenn es denn floss.
    Ein Blick in das Caldarium sagte Rufina, dass an diesem Morgen kein Tropfen kristallklaren Wassers in die Therme geflossen war. Dafür aber war der Boden schon recht heiß.
    »Fulcinia, nehmt das Feuer zurück!«, rief sie ungehalten ins Praefurnium, wo die Heizer das Holzfeuer in Gang gebracht hatten. »Wir haben mal wieder kein Wasser!«
    Sie bekam zwar keine Antwort, aber in diesem Fall konnte sie sich auf sofortiges Befolgen ihrer Befehle verlassen. Fulcinia war einmalig darin, die Heizer zu beaufsichtigen.
    »Marius!«
    Die Antwort des Aufsehers hingegen ließ auf sich warten.
    »Marius!«
    Rufina stürmte in den kleinen Raum, der ihm, der die Knechte und Heizer einzuteilen und zu überwachen hatte, zustand. Marius war noch mit einem Brotfladen beschäftigt, kaute gründlich, schluckte und hob dann träge seine massige Figur aus dem Sessel, als seine Herrin ihn mit eindringlichen Worten aufforderte, so zügig wie möglich zum Wasserkastell zu marschieren und nachzufragen, wann denn wohl die Leitungen wieder in Betrieb seien.
    »Ich lauf ja schon, Patrona, ich lauf ja schon!«
    »Laufen, flügelfüßiger Merkur, laufen nennt er das!«, grollte Rufina leise vor sich hin, als sie den behäbigen Gang beobachtete, mit dem Marius sich zu dem zwei Straßenzüge entfernt gelegenen Kastell bewegte. Sie fuhr mit ihren Kontrollen fort und lugte im Vorbeigehen hinter den Vorhang zwischen zwei Säulen, der den Latrinenbereich abtrennte. Das gewohnte Gurgeln des Wassers unter den Marmorsitzen war verstummt, die Schwämmchen zur intimen Reinigung jedoch lagen sauber aufgereiht neben den marmornen Sitzen. Unwillig rümpfte sie die Nase und inspizierte dann das Sudatorium, das Schwitzbad, den wärmsten Raum der Therme, bei dem die heiße Luft aus dem Praefurnium nicht nur den Boden heizte, sondern auch durch ein ausgeklügeltes Belüftungssystem die Wände erwärmte. Zusätzlich würden später noch zwei Kohlebecken angezündet werden. Sie waren bereits gerichtet, und Bündel mit duftenden, getrockneten Kräutern und Späne von wohlriechendem, harzigem Holz lagen bereit. Ein weiteres kreisrundes Kaltwasserbecken würde nach dem schweißtreibenden Aufenthalt den Besuchern Erfrischung bringen - wenn das Wasser wieder floss. Dahinter gab es einen abgeschlossenen Ruheraum mit Liegen und geflochtenen Sesseln, von dem man auf den Innenhof blicken konnte und durch dessen Türen man auf das umlaufende Peristyl gelangte. Der Säulengang führte rings um den beinahe quadratischen Hof und bot den Gästen ebenfalls Sitzgelegenheiten oder die Möglichkeit, plaudernd auf und ab zu laufen. Der Hof selbst, die Palaestra, war mit weißem Kies bestreut und wurde oft zu Ballspielen benutzt.
    Das eigentliche Bad befand sich in dem östlichen und nördlichen Flügel des Gebäudes, der westliche diente im unteren Bereich als Lagerhaus und die oberen Räume den Arbeitern als Unterkunft. Der Südriegel war zum Wohnhaus der Thermenpächter ausgestaltet.
    Rufina jedoch blieb im Gebäude, und als sie das Lager überprüft hatte, in dem all die für den Betrieb notwendigen Materialien untergebracht waren, kam Marius von
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