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Rheines Gold

Titel: Rheines Gold
Autoren: Andrea Schacht
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seinem Gang zurück. Er schnaufte vernehmlich und wischte sich die schweißnasse Stirn.
    »Sie werden sich heute Nacht drum kümmern, Patrona!«
    »Sie werden sich wann darum kümmern?«
    »Heute Nacht. Es heißt, man könne nicht die ganze Stadt trockenfallen lassen, nur weil ein Rohr verstopft ist.«
    »Wer ist man, der das sagt?«
    »Der Aquarius, der Röhrenmeister.«
    »Ach ja. Der Aquarius!«
    »Außerdem sei der Baumeister Aulus Lucillius Silvian mit zwei Besuchern da und verlange seine Aufmerksamkeit.«
    »Verlangt er! Nun, und ich verlange die Aufmerksamkeit des Aulus Lucillius Silvian. Und zwar augenblicklich. Sag Paula, sie soll den Frauen, die heute Morgen kommen, erklären, das Bad sei geschlossen. Morgen haben wir wieder geöffnet. Ich bin in Kürze zurück!«
    »Du siehst sehr zornig aus, Patrona!«
    »Ich bin überaus zornig, Marius. Ich will die Becken bis zur Mittagsstunde wieder gefüllt sehen.«
    »Beleidige den Baumeister nicht...«
    Doch Marius’ warnende Worte verhallten ungehört zwischen den Säulen des Caldariums.
    Rufina nahm sich nicht die Zeit, sich die Palla überzuwerfen, die sie gewöhnlich trug, wenn sie das Haus verließ, sondern lief mit eiligen Schritten Richtung Wasserkastell, wobei sich die Haarsträhnen aus ihrer hochgesteckten Frisur lösten. Sie erreichte kurz darauf das mächtige, runde Gebäude an der Stadtmauer, in das der Kanal aus der Eifel mündete und von dem aus die Verteilung der Wasserströme in die unterschiedlichen Stadtteile vorgenommen wurde. Durch die angelehnte Tür trat sie ein und rief nach dem Röhrenmeister, der hier seinen Dienst versah. Er kam die Treppe hinunter, erkannte sie und schüttelte unwillig den Kopf.
    »Nein, Aurelia Rufina, ich habe deinem Aufseher schon gesagt, wie sich die Lage darstellt.«
    »Aquarius, das ist mir herzlich gleichgültig. Ich will den Baumeister sprechen.«
    »Er hat Besucher!«
    »Jetzt hat er zusätzlich noch eine Besucherin. Lass mich zu ihm.«
    »Aurelia Rufina, ich bitte dich, er...«
    Gedämpftes Gebrüll klang aus dem Inneren des Gebäudes.
    »Scheint kein ganz friedlicher Besuch zu sein. Nun, das passt zu meiner Stimmung.«
    Sie drückte sich an dem Mann vorbei und erklomm die Treppen, die zu dem Verteilerraum führten. Um das kreisrunde Sammelbecken verlief ein schmaler Gang, auf dem drei Männer standen. Lucillius Silvian war ein breitschultriger Mann von ansehnlicher Größe, doch er wurde von dem blonden Hünen an seiner Seite noch um fast eine Kopflänge überragt. An Lautstärke jedoch waren sie einander ebenbürtig!
    »Meine Leute haben heute Nacht dein verdammtes Wehr nicht angerührt!«, blaffte der Germane.
    »Wer sonst wohl? Ihr habt das schon oft genug getan.«
    »Dummejungenstreiche. Sie lassen jetzt die Finger davon.«
    »Wer das wohl glaubt. Wer hat denn neulich die Sträucher in den Schacht gestopft, Halvor?
    »Dazu waren sie nicht am Wehr!«
    Der Baumeister grinste plötzlich und hob die Schultern. Etwas ruhiger fuhr Halvor, der Germane, fort: »Silvian, deine Wasserleitung ist leider eine verdammte Versuchung. Weiter im Süden lässt sie unsere Quellen und Brunnen austrocknen. Ihr zieht das ganze Wasser in die Stadt ab! Enorix kann davon auch ein Lied singen!«
    »Richtig, darum bin ich hier! Wir haben da im Hinterland ein Problem, Baumeister Silvian«, mischte sich der dritte Mann ein.
    »Dann müssen wir das Problem vor Ort lösen. Aber es geht einfach nicht, dass ihr euch an den Wehren vergreift! Wir wollten heute früh den Kanalabschnitt reparieren. Der Arbeiter wäre beinahe ersoffen, als er in den Schacht gestiegen ist!«
    »WIR HABEN DAS WEHR NICHT ANGERÜHRT!«
    Rufina hatte das Becken umrundet und drängte sich zwischen die beiden Männer, die sich wütend anstarrten.
    »Habt ihr nichts Besseres zu tun, als euch anzuschreien? In der Zeit, die ihr mit eurem Gebell verbringt, hättest du die Leitung schon freibekommen können, die in die Therme führt, Baumeister Silvian!«
    Der Angesprochene verstummte und blickte einen Moment lang irritiert auf die aufgelöste junge Frau.
    »Aurelia Rufina!«
    »Stimmt, so heiße ich! Und nun sei so gut und gib deinem Röhrenmeister den Auftrag, die Leitung frei zu machen.«
    »Das geht nicht, Aurelia Rufina. Dazu muss das Becken leer laufen, und dann hat die ganze Stadt kein Wasser.«
    »Das weiß ich wohl, aber es dauert so lange nicht. Es wäre ja auch nicht das erste Mal.«
    Rufina hatte sich vorgenommen, ihre Bitte in ruhigem Ton vorzutragen, doch die
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