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Rettungskreuzer Ikarus Band 049 - Schritt vor dem Abgrund

Rettungskreuzer Ikarus Band 049 - Schritt vor dem Abgrund

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 049 - Schritt vor dem Abgrund
Autoren: Sylke Brandt
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Zögern, aber lächelnd. »Wie nett. Sind Sie gekommen, um sich zu verabschieden, ja?«
     
    »Nun, eigentlich dachte ich eher, ich komme Sie holen. In die Zentrale. Erinnern Sie sich? Wir stehen kurz vor dem Hypersprung nach Vortex Outpost. «
     
    »Ach ja, das.« Fräulein Miyazaki schüttelte vergnügt den Kopf und drückte zwei Schalter.
     
    Ein Vibrieren ging durch das kleine Schiff – anscheinend war es ihr gelungen, den Antrieb zu starten.
     
    »Ich komme doch gar nicht mit, Sir Albert.«
     
    »Kommen Sie nicht?«
     
    »Aber, nein. Wissen Sie, das ist nett gemeint, aber dieses Vortex liegt einfach in der falschen Richtung. Ich möchte doch lieber nach … dort.« Wieder der Kompassfinger, unbeirrt.
     
    Die andere Hand schnippte zielgenau einen weiteren Schalter um.
     
    Sir Albert zögerte.
     
    »Wieso können Sie den Kendra eigentlich bedienen?«
     
    »Es gab eine ausführliche Anleitung in der Bordbibliothek. Ich habe sie studiert.«
     
    »In den letzten Stunden? Haben Sie denn Flugtraining gehabt?«
     
    Die zierliche Asiatin zuckte beiläufig mit den Schultern.
     
    »Nein. Aber so schwer kann das doch nicht sein. Es gibt ziemlich viele automatische Programme, wussten Sie das?«
     
    »Der Gleiter ist havariert. Trieb mehr als ein Jahr im All. Wer weiß, was alles beschädigt ist.«
     
    »Ach, es wird schon gehen.«
     
    Unter der Fröhlichkeit lag noch etwas anderes in ihrer Stimme, etwas sehr Hartes und Glattes. Eine Entschlossenheit, wie sie störrische Kinder oder Wahnsinnige besaßen und die jenseits aller Diskussion war.
     
    Sir Albert atmete tief ein.
     
    Er hatte es ja gewusst. Alle wussten sie es, darum hieß diese Pest ja Wanderlust.
     
    Es kümmerte den Virus nicht, dass er seinen Wirt in Gefahr brachte, solange dieser sich nur auf den Weg machte, dem unhörbaren Ruf folgte. Seinen Dienst antrat. Was machte es schon, wenn Tausende es nicht schafften, solange ein paar Millionen ihr Ziel erreichten? Es war bitter genug. Aber noch bitterer, wenn es nun vielleicht eine Heilung gab und diese – verdammt noch einmal! – möglicherweise nur eine Stunde oder zwei entfernt auf sie wartete.
     
    Sir Albert richtete sich auf und strich unbewusst den Anzug glatt. Fräulein Miyazaki konnte für sich selber keine Verantwortung mehr übernehmen. Also musste er das tun. Als sie sich erneut den Kontrollen zuwandte, griff er nach einem großen Werkzeug, das Herr Montegue liegen gelassen haben musste, als er die Funkanlage demontiert hatte.
     
    Es kostete ihn alle Überwindung, es zu heben, und zu seiner Schmach musste er zugeben, dass er die Augen schloss, als er es auf Fräulein Miyazakis Hinterkopf niederschmettern ließ. Er hörte den Aufprall und spürte die Wucht in seinen Handgelenken, dann öffnete er blinzelnd die Augen.
     
    Gerade rechtzeitig um zu sehen, wie Fräulein Miyazaki sich umwandte, während sie sich den Kopf rieb – Blut aus der Platzwunde sickerte durch ihre dichten Haare und färbte die Finger rot. Irgendwie lächelte sie immer noch, aber es sah leer aus.
     
    »Sir Albert. Wie bedauerlich, dass Sie mich nicht verstehen. Aber ich habe jetzt wirklich keine Zeit mehr«, sagte sie.
     
    Dann ballte sie die Faust und versetzte ihm einen Schlag in die Magengrube.
     
    Der Hieb war unelegant, aber er traf, und es lag unerwartet viel Kraft dahinter.
     
    Sir Albert stolperte zurück, gegen die beiden toten Piloten, und es war der Schock darüber, sich an ihnen abstützen zu müssen, der ihn aus der Benommenheit riss.
     
    Ohne zu zögern, mit schwacher Erinnerung an Faustkampflektionen aus seiner Jugend, stürzte er sich auf Fräulein Miyazaki, die ein paar weitere Schaltflächen aktivierte, und nahm sie in den Schwitzkasten. Sie wehrte sich mit der Kraft und haltlosen Energie eines wilden Tieres, was ihn schockierte. Doch er ließ nicht los, verhakte seine Finger, spannte alle Muskeln an und fiel mehr, als dass er ging, in Richtung der Cockpittür.
     
    Sein Kopf prallte gegen den Rahmen, für einen Moment mangelte es ihm an Orientierung, und er verstand die Schmähungen nicht mehr, die die Frau in seinen Armen in mindestens zwei Sprachen schrie. Dennoch schleppte er sie weiter, durch den kleinen Innenraum und zur Schleuse, taumelte, stolperte, zerrte und fand in sich eine Kraft und Rücksichtslosigkeit, die er niemals vermutet hätte.
     
    Mit einem Aufschrei gelang es ihm, sie durch die Schleuse zurück in die Stern der Freude zu schleudern, wo sie schwer auf dem Boden
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