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Rettungskreuzer Ikarus Band 013 - Das Leid der Schluttnicks

Rettungskreuzer Ikarus Band 013 - Das Leid der Schluttnicks

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 013 - Das Leid der Schluttnicks
Autoren: Sylke Brandt
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zusammenzusetzen.
    Langsam stand Sonja DiMersi auf und starrte an sich herunter, hob den übergroßen
Overall mit spitzen Fingern und tastete nach ihrem Bauch, der durch das gute
Essen – nein, Fressen! – der letzten Tage deutlich gerundet war. Sie
erinnerte sich an die Völlerei ebenso wie an den Verkaufsbesuch bei ihrer
Nachbarin, auch an die Vergiftung Losians durch Anandes Appetitdroge. Aber sie
konnte bei keiner dieser Sachen mehr verstehen, wie sie bloß darauf gekommen
sein konnte, das zu machen.
    »Ich habe mich wie ein ausgemachter Trottel verhalten!«, klagte sie
mit schwerer Zunge und schlug sich gegen die Stirn. »Und ein ekliger Trottel
noch dazu! Ich habe mich ...« Sie brach ab, als die Erkenntnis wie ein
Licht durch den Alkoholdunst kroch. »Ich habe mich wie ein Schluttnick
verhalten.«
    Sie plumpste zurück auf die Liege und starrte eine Weile in die Leere.
Nicht nur sie hatte sich wie einer der gewichtigen Händler benommen, auch
alle anderen. Und das Schlimmste war, dass es keiner von ihnen bemerkt hatte
... bis jetzt. Was auch immer sie verändert hatte – ein Virus auf
Schluttnick Prime? Eine Droge im Essen bei Paknak? – es verlor jetzt an
Wirkung. Oder lag es etwa daran, dass ...
    Sonjas Blick wanderte zu der Pralinenschachtel, und sie hob mit Grausen einen
der Schokobrocken heraus. Süßigkeiten hatte sie in den letzten Tagen
mehr als genug gegessen, aber nie Alkohol zu sich genommen. Roderick trank ohnehin
niemals Alkohol, Weenderveen hatte keine Zeit für seinen abendlichen Drink
gehabt und Anande seinen seltenen, exotischen »Heilschnaps« nicht
angerührt. Ob Thorpa sich überhaupt jemals heimlich einen hinter die
Binde kippte, vermochte sie nicht zu sagen.
    »Oh Scheiße«, murmelte der Chief und warf die Praline kraftlos
auf den Boden. »Alkohol? Dann habe ich ja wirklich eine tolle Wahl. Was
wäre ich lieber? Verfressen oder besoffen?« Unvermittelt stieg aus
ihrer Erinnerung das Bild einer Vakuum-Teedose und einer Resteessen-Box mit
eingebauter Wiederaufwärmungs-Einheit Marke ›Wie bei Muttern‹.
Gehalten wurden beide von einer drallen, jungen Frau mit weißen Haaren
und einem gewinnenden Lächeln, die jedes Detail dieser Produkte auswendig
kannte.
    Ein Albtraum.
    Sonja schüttelte sich, griff hektisch in die Schachtel, köpfte eine
Praline und goss sich die kleine Menge Likör in den Mund. Dann ließ
sie die leere Schokoladenhülle fallen, stand mühsam auf und ging zur
Tür. Sie musste da ein paar Dinge klären, mit Losian sprechen, damit
er sie wieder hier rausließ – wenn er ihr in ihrem betrunkenen Zustand
überhaupt Glauben schenkte. Würde sie das an seiner Stelle tun? Sie
war sich nicht sicher, aber eine andere Wahl hatte sie wohl kaum.
    Entschlossen hob Sonja die Hand und wollte gegen die Tür hämmern,
um jemanden von der Sicherheitscrew auf sich aufmerksam zu machen. Doch als
sie das kühle Plastik berührte, schwang es ohne Widerstand zurück.
Verblüfft blickte Sonja auf den leeren Flur hinaus und wartete auf einen
Alarm oder eine heranstürmende Wache. Nichts regte sich. Dann verließ
sie langsam ihre Arrestzelle und schlich zur nächsten Tür. Auch die
war angelehnt, aber nicht verschlossen, und als sie sie aufzog, sah sie dahinter
Anande auf seinem Bett liegen. Bei ihrem Eintreten fuhr er hoch und sah sie
erstaunt an.
    »Sonja! Hat der Großdirektor Losian seine Meinung geändert?
Gustruxuteel sei Dank, vermutlich hatte er wegen Unterernährung den Verstand
verloren.«
    »Ja, äh, nein, Anande. Hören Sie, Sie sind kein ... ich meine,
wir sind alle nicht das, was wir denken, na ja, gedacht haben, und ...«
Sonja brach ab und legte sich kurz eine kühle Hand auf die Stirn. So konnte
das nichts werden. Sie war nicht in der Lage, um irgendetwas vernünftig
zu erklären, und Anande konnte sie nicht verstehen, weil er offensichtlich
noch immer ein Schluttnick war. Einen Augenblick lang drängte sich ihr
das Bild des mageren Anandes auf, wie er in fünf Jahren aussehen mochte
– eine dicke, weißbekittelte Kugel, die ihren Patienten Aufbaupräparate
und Mastkuren verordnete. Das hysterische Kichern, das in ihr aufbranden wollte,
wurde von der Erkenntnis erstickt, dass sie selber gut einer dieser Patienten
sein könnte – nach einer Beförderung auf dem Weg zu 150 Kilo
Lebendgewicht.
    Sonja schluckte schwer und versuchte einen neuen Ansatz.
    »Losian ...
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