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Resturlaub

Resturlaub

Titel: Resturlaub
Autoren: Tommy Jaud
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Gesicht schleichen, als ich mit einem erschrockenen »Uaaaaaahhhhhh« eine scharfe Rechtskurve in Richtung Toilette einlege. Es ist genau die gleiche Toilette, in der ich vor einer Woche meinen Überfall vorgetäuscht habe. Am zweiten Gepäckband, direkt vor dem Ausgang, steht Biene mit Checko und Co. und wartet auf ihre Koffer.
    Ich drücke mich gegen die Wand und wähle hektisch Checkos Handy an. Leider geht noch immer nur die Mailbox dran.
    »Checko, du Schnarchnase! Geh an dein Scheiß-Handy!«, fluche ich. Vorsichtig schiebe ich meinen Kopf aus der Tür. Statt sein Handy einzuschalten, greift Checko seinen riesigen Koffer und wuchtet ihn in den Wagen neben sich. Ich weiche einen Schritt zurück und lehne mich wieder an die Wand.
    Ich muss irgendwas machen.
    Das kann doch alles nicht so schwer sein.
    Was wäre, wenn ich Jason oder Miriam anriefe?
    Den langen Erich?
    Es würde sicher Stunden dauern, die Situation auch nur ansatzweise zu erklären, alles würde auffliegen! Natürlich könnte ich mir auch meine argentinische Winterjacke über den Kopf ziehen und einfach vorbeirennen. Doch gäbe es ein jämmerlicheres Ende meiner geheimen Flucht, als über den Rollkoffer eines Mallorca-Rentners zu stolpern, um dann der entsetzten Biene mit meinem blutigen Polohemd japsend vor die Füße zu krachen?
    Vorsichtig schaue ich ein weiteres Mal um die Ecke und zu meiner großen Freude hält Checko sich endlich sein Handy ans Ohr. Hektisch wähle ich seine Nummer.
    Besetzt!
    Das heißt, er hört seine Mailbox ab.
    Das heißt, er bekommt die Nachricht!
    Checko wird sich irgendwas einfallen lassen, warum sein Auto nicht fährt, ich werde Zeit gewinnen und kann den Brief aus dem Kasten nehmen. Es muss an meiner Freude liegen, dass ich für einen winzigen Augenblick meine Deckung vernachlässige. Aber es ist nicht schlimm. Es ist nur Checko, der mich sieht. Und nach einigen Sekunden des ungläubigen Anstarrens hebt er unauffällig den Daumen, grinst und tut so, als sei gar nichts gewesen. Dann sagt er irgendetwas zu Biene, woraufhin diese ungläubig den Kopf schüttelt. Den Rest sehe ich nicht mehr.
    Ich ziehe meinen Kopf zurück und lasse mich an der Toilettenwand nach unten gleiten. Ich könnte Checko umarmen vor Glück. Meinen pummeligen, langweiligen Leberkäs-Checko. Meinen immer alles als Letzter kapierenden, schlechte Sachen tragenden, Autos aufschreibenden, dicken Lieblingsfreund!
    Ausgerechnet er hat meinen Arsch gerettet!
    »Haha«, lache ich unter den verwunderten Blicken eines geschniegelten Geschäftsmannes, der mit seinem Aktenkoffer über mich drübersteigen muss.
    Alles wird so, wie es vorher war!
    Nur anders! Weil ich weiß, was ich will.
    Ich stehe auf, wasche meine Hände und ziehe mir ein frisches Hemd an. Als die Luft rein ist, durchquere ich die Gepäckhalle und den Zoll und trete hinaus in einen herrlich warmen, fränkischen Sommerabend.
    Dann sehe ich Biene und die anderen in zwei Taxen steigen und wegfahren. Ich gehe sofort in Deckung.
    »Maaaaannn, Checko! Was soll denn jetzt die Scheiße!?«
    Wie Jason zu seinen GI-Zeiten robbe ich mich an das schnellste Taxi in der Reihe heran, einen 7er BMW. Ich würde echt zu gerne wissen, was Checko da für eine Panne inszeniert hat. An seinem Chrysler kann er jedenfalls in der kurzen Zeit nicht gewesen sein! Noch im Liegen öffne ich die Türe und schlängle mich ins Taxi.
    »Des geht fei net«, raunzt mich ein schlecht gelaunter Taxifahrer an. Ich setze mich trotzdem auch auf die Rückbank. »Das ist mir egal, ob des geht oder net, ich muss nach Bamberg und zwar so schnell wie möglich!«
    »Sie müssen drotzdem des erschde Daxi in der Reihe nehma! Und überhaupts: Wie sehen Sie denn aus?«
    Da ich weiß, wie ich aussehe, halte ich lieber meinen Kopf aus dem Fenster, um mir das erste Taxi in der Reihe anzuschauen. Es ist ein Kleinbus mit einer ausgeklappten Spezialtreppe für Behinderte.
    »Hören Sie«, sage ich laut und bestimmt, »das da vorne, das ist kein Taxi, sondern ein Treppenlift. Ich hab jetzt keine Zeit, das zu erklären, aber: Sie machen zwei Menschen sehr glücklich, wenn Sie mich mit diesem Auto nach Bamberg fahren, vielleicht sogar drei. Also drehen Sie Ihren Scheiß-Schlüssel um und geben Gas, es sei denn, Sie haben eine bessere Begründung als dass DES net geht, weil mer DES net machen kann!«
    Aus dem Rückspiegel blicken mich zwei überforderte, fränkische Augen an. Fünf Minuten später rasen wir mit 180 über die Autobahn.
    Zu spät
    ICH
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