Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Resturlaub

Resturlaub

Titel: Resturlaub
Autoren: Tommy Jaud
Vom Netzwerk:
und versteckter Anerkennung.
    »Wird schon lustig!«
    »Wir sollen jetzt echt alle nach Nürnberg fahren?«, bombardierte nun auch Jason meine Abendplanung.
    »Ja, Jason. Nur Nürnberg. Nicht Bagdad. Du bist also heute Nacht noch zurück!«
    »Okay, aber es ist ja jetzt schon NACH acht!«, ergänzte er.
    Ich fand das reichlich kleinkariert für jemanden, der erst vor drei Jahren von Chicago nach Bamberg gezogen war, und gab zu bedenken, dass es keinem von uns schaden würde, mal woanders zu feiern. Auf Gleis zwei fuhr inzwischen quietschend unser Regionalexpress nach Nürnberg ein.
    »Das ist ja auch 'ne klasse Idee von dir und so«, versuchte Jason mich zu beruhigen, »aber ich glaub, wir müssen morgen alle ziemlich früh raus!«
    Das war der Punkt, an dem ich ein ganz kleines bisschen sauer wurde.
    »Hallo? Wir feiern Arnes Junggesellenabschied. Da werden wir doch ausnahmsweise mal bis nach der Tagesschau aufbleiben können, oder?«
    »Also ganz ehrlich, Nürnberg ist mir jetzt a weng zu weit!«, gab nun auch Arnes zweiter Redaktionskollege zu.
    »Zu weit von was?«, hakte ich nach.
    »Na, von hier!«
    Es hatte keinen Zweck. Ich wusste es. Der Einzige, der mitge-fahren wäre, da war ich mir sicher, war Arne. Doch alleine feiern wollten wir natürlich auch nicht. Behutsam zog er mich einen Schritt beiseite.
    »Du, Pitschi, können wir den Abend nicht auch hier machen? Die Kneipentour und so? Ich meine, wir können doch zu zweit irgendwann anders nach Nürnberg, oder?«
    »Irgendwann anders? Du meinst, wenn uns zwei ungeduschte Zivis zum Tabledance rollen müssen!«
    Ein wenig hilflos zuckte Arne mit den Schultern.
    »Ja, wenn keiner mitwill, bringt's ja auch nix!«
    Ich gab auf.
    »Schon gut«, sagte ich, »wir bleiben hier!«
    Es brach Jubel aus und ich sah regungslos zu, wie sich die Türen des Zuges nach Nürnberg wieder schlossen. Und natürlich wusste ich, welche Frage man mir jetzt stellen würde - die gleiche Frage, die wir uns seit den Achtzigern fast täglich stellten:
    »Und Pitschi, wohin? Mahr's Bräu oder Seppelpeter's?«
    Weil ich für Seppelpeter's arbeitete, wussten sie, was ich sagen würde. Wir gingen also ins Mahr's Bräu, eine rustikale Brauereigaststätte mit einem äußerst süffigen Bier, das von großen Eichenholzfässern direkt in Steinkrüge gezapft wurde. Donnerstag war Schnitzeltag im Mahr's Bräu und das seit Jahrhunderten. Nur 1945, als die US Airforce die gastronomische Landschaft Bambergs geringfügig umstrukturierte, fiel der Schnitzeltag zweimal aus. Für viele Bamberger ist bis zum heutigen Tage unverständlich, wie die Bomberpiloten zurückfliegen konnten, ohne auch nur einen Bissen der fränkischen Bratwürste, a Schäuferla oder ein Riesenschnitzel probiert zu haben. Schnitzel, die noch immer weit über den Tellerrand schauen, ganz im Gegensatz zu den Leuten, die sie Woche für Woche dort bestellen. Unsere Gruppe vergrößerte sich, denn im
    Hof des Mahr's Bräu saß Arnes Kumpel Erich an einem großen Holztisch und las bei einem Seidla Lagerbier im Fränkischen Tag. Erich war Deutschlands größter Sportjournalist. Mit seinen 1,97 durfte er beim Fränkischen Tag an einem maßgefertigten Tisch Hetzartikel über den FC Bayern verfassen. Für den größten Bayern-Hasser Oberfrankens ein Traumjob.
    »Und? Was steht drin?«, fragte ich zur Begrüßung.
    »Die Feuerwehr in Forchheim hat jetzt endlich ihr neues Löschgerät!«, grinste Erich. »Ach ... und Bayern hat verloren!«
    »Freut mich für dich!«, sagte ich und setzte mich zu ihm. Arnes zweitwichtigster Tag im Leben fand also ausgerechnet in der Kneipe statt, in der wir ohnehin die meisten Abende verbrachten. Was sollte ich machen? Es war nicht mein Abend, sondern Arnes. Also bestellte auch ich mir einen halben Liter Bier und ein LKW-Felgen-großes Schnitzel.
    »Subber Schnitzel!«, schmatzte Checko anerkennend und ich nickte. Arne hingegen interessierte sich eher für meine Sporttasche als für die panierten Schweinelappen.
    »Aber jetzt sag doch mal, Pitschi, was hast du dir denn ausgedacht für heute?«
    »Genau«, fragte auch Erich, »was ist da drin?«
    Da war viel drin, denn ich hatte mir so einiges ausgedacht und ich wollte es eigentlich auch gerade erklären, als das Unfassbare geschah: Jasons Frau Miriam kam strahlend in den Gastraum, sagte allen brav hallo und setzte sich zu uns, als sei das die normalste Sache der Welt.
    »Na ihr?«, war das Erste und Letzte, was sie sagte.
    Eine Frau! Am Junggesellenabend! Ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher