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Requiem

Requiem

Titel: Requiem
Autoren: Dirk Kruse
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Sportreporterin und hatte sich mit ihren launigen Vor- und Nachberichten zu den Spielen des 1. FC Nürnberg schon einen guten Ruf im Hörfunk erarbeitet. Aber den Weg bis zur Live-Reportage bei Heute im Stadion zu schaffen, war fast aussichtslos. Beaufort betrachtete diesen Ehrgeiz mit Argwohn. Er interessierte sich null für Fußball. Außer Andy Köpke kannte er keinen einzigen Club-Spieler, und dessen aktive Zeit lag schon Jahre zurück. Er hatte noch niemals ein Fußballstadion betreten und hatte auch nicht vor, es zu tun.
    »Reg dich nicht auf. Irgendwann wird der BR deine wahren Qualitäten schon noch entdecken«, versuchte er zu beschwichtigen.
    »Und wenn ich’s geschafft habe, begleitest du mich zu jedem Heimspiel, oder?«, zog sie ihn auf.
    »Ich freu’ mich drauf.« Beaufort verzog sein Gesicht zu einem gequälten Grinsen. »Bin ich froh, dass du nicht auch noch Motorrad fährst. Das wären tolle Wochenenden. Erst zum Biken in die Fränkische Schweiz und danach ins Stadion.«
    Anne lachte und Beaufort ging die breite Wendeltreppe nach unten, um in der Küche für sie beide Kaffee zu kochen. Er bereitete seine ECM Espressomaschine vor und stellte die Tassen bereit. Dann machte er sich in Ermangelung von Kuchen oder Torte auf die Suche nach süßem Ersatz. Gerade als er eine Packung trockener Kekse öffnen und sie in die Gebäckschale füllen wollte, klopfte es an der Wohnungstür. Er schaute durch den Spion und hatte die Vision eines Gugelhupfs mit dicker Schokoladenglasur vor sich. Da er hinter dem Kuchen jetzt auch das resolute Gesicht seiner Haushälterin wahrnahm, wusste er, dass dieser Gugelhupf keine Sinnestäuschung war. Mit Schwung öffnete Beaufort die schwere Eichentür und verbeugte sich übertrieben ehrerbietig.
    »Frau Seidl, Sie schickt der Himmel«, sagte er begeistert. »Und wie der duftet.« Er beugte sich über den Kuchen und sog genießerisch den süßen Wohlgeruch ein.
    »Bassn’s auf Ihr Nasn auf, die Schoklad is noch ned ganz fest. Ich hab’n erst vor anner halbn Stund aus’m Ofen gnommen«, sagte Rita Seidl beim Hereinkommen.
    »Ich war gerade dabei für Anne und mich Kaffee zu kochen. Sie kommen wirklich wie gerufen«, strahlte er sie an.
    »Ich weiß doch, wie gern sie mein Kuchn mögn, Herr Beaufort. Und als ich Frau Kamlins Auto vor dem Haus g’sehn hab, hab ich mir dacht: Frische Eier und gute Butter hast da, backst halt schnell an Gugelhupf für die zwaa.«
    Anne war seit langem die erste Freundin Beauforts, die seine Haushälterin voll akzeptierte. Mehr noch, Frau Seidl hatte die Reporterin, deren Stimme sie schon lange aus dem Radio kannte, ins Herz geschlossen. Und das bedeutete, dass sie ihr Verwöhnprogramm, das sie sonst nur ihrem geliebten Chef angedeihen ließ, auch auf Anne ausdehnte. Es war für die Journalistin nicht immer einfach, das anzunehmen. Während Beaufort, aufgewachsen in einer Nürnberger Unternehmerfamilie, der ein internationaler Spielwarenkonzern gehörte, von klein auf an hilfreiche Dienste durch Hauspersonal gewöhnt war – Anne nannte das spöttisch seine feudale Ader –, leistete sie sich nicht mal den Luxus einer Putzfrau. Es kam ihr irgendwie ungehörig vor, sich von jemand anderem ihre Sachen aufräumen zu lassen.
    Rita Seidl balancierte den Kuchen in die Küche, übernahm dort sofort das Kommando und ließ Beaufort keinen Handgriff mehr tun. Nur an seine Technika III ließ er sie nicht heran, und sie hätte es auch nicht gewagt, an diese Dampfmaschine für Männer Hand anzulegen. Sie plauderten, und ausnahmsweise nahm die Haushälterin die Einladung an, sich an der Kaffeetafel zu beteiligen. Als alles auf zwei Tabletts angerichtet war, trugen die beiden sie hoch in die Bibliothek.
    »Schau mal, wen ich mitgebracht habe. Und sieh dir nur diesen prächtigen Gugelhupf an.«
    Anne stand auf und schüttelte der Haushälterin erstaunt die Hand.
    »Ja, Frau Seidl, es ist doch Sonntag! Sind Sie heute gar nicht bei ihrem Bruder in Gößweinstein?«
    »Der is doch auf Kur im Allgäu. Der hat’s ja so arch mid die Bandscheibn. Gottseidank bin ich g’sund. Und bei ihner? Ham’s endlich amol frei?«
    »Nicht wirklich. Ich habe heute Bereitschaftsdienst, aber bisher ist alles ruhig. Keine spektakulären Verkehrsunfälle und keine Feuersbrünste.« Sicherheitshalber klopfte Anne dreimal auf den großen Holztisch am Fenster, an dem sie sich niederließen, Cappuccino tranken (Beaufort mit drei Löffeln Zucker) und Kuchen aßen (Beaufort zwei große
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