Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
zwanzig Meter über uns am Steilhang endeten. Er stand da, kaum sichtbar vor dem Dunkel des Waldes.
    »Das ist unglaublich«, flüsterte ich. »Da kommt nicht mal ein Fuchs durch, ohne Krach zu machen.«
    Reimer sagte mit neutraler Stimme: »Guten Morgen!«
    Erst jetzt wandte Pjotr den Kopf und erwiderte höflich: »Guten Morgen! Kommen Sie, kommen Sie!«
    »Wie viele Leute haben Sie hinter den Steinbrocken?«
    »Keinen«, sagte Pjotr amüsiert. »Aber das wissen Sie doch längst.«
    »Richtig«, sagte Reimer. Dann sprang er breitbeinig den Rest des Hangs herunter, der so steil war, dass sich dort nicht einmal Schneeflecken gebildet hatten. Er trug einen schwarzen Trainingsanzug und schwarze Boxerschuhe. Ehe er ins Licht trat, fuhr er sich mit beiden Händen durch die hellblonde Tolle. Er war sehr wachsam, aber vollkommen ruhig.
    »Sind das meine Waffen in dem Koffer?«
    »Ja«, sagte Piotr. »Bis auf die eine Smith and Wesson. Die ist verloren.« Reimer runzelte die Stirn. »Und wo ist Lawruschka?«
    »Muss gleich kommen. Aber Sie dürfen die Waffen schon einmal untersuchen.«
    »Nicht nötig«, sagte er lässig. Dann fragte er: »Und wo ist Baumeisters Freundin?«
    »Zu Hause, erkältet«, sagte Pjotr.
    Einen Augenblick lang hatte ich die wahnsinnige Angst, Reimer könnte längst wissen, wo die Baronin steckte. »Oh«, sagte er bedauernd.
    »Rauchen Sie?«, fragte Pjotr und hielt ihm die Schachtel Gauloises hin. Dann zog er sie wieder zurück. »Nein, Sie rauchen nicht. Das ist ungesund.«
    »Richtig«, sagte Reimer.
    Im Plauderton fragte Pjotr: »Wo ist Ihre Gefährtin?«
    »Links von Ihnen«, meinte Reimer lakonisch.
    Da stand sie, und niemand wusste, wie lange sie dort schon gestanden hatte. Sie hielt eine Waffe in der rechten Hand, zielte auf niemandem im Besonderen und wirkte dennoch bedrohlicher als eine Kobra. Wir hatten sie nicht gehört.
    »Madame!«, sagte Pjotr lächelnd und verneigte sich leicht.
    »Hier unten ist keiner, auf der zweiten Stufe auch nicht. Scheint sauber«, stellte sie fest. Sie hatte eine neutrale kühle Stimme. Als sie endlich die Waffe wegsteckte und herankam, konnte ich erkennen, dass sie nicht einmal schlecht aussah, aber irgendwie völlig farblos. Das Auffälligste an ihr waren ihre Bewegungen; lautlos, elegant und voll verhaltener Kraft.
    »Kommen wir zum Geschäft«, sagte Pjotr. Er klang auf einmal viel weniger verbindlich.
    »Lassen Sie hören«, sagte die Strahl misstrauisch. Sie lehnte sich gegen den Steinblock und sah kurz in den Waffenkoffer, war aber sofort wieder lässig gespannte Aufmerksamkeit - wie eine große Raubkatze.
    »Sie können die Waffen haben«, stellte Pjotr fest. »Sie haben nur eine Gegenleistung zu erbringen: Sie werden uns umfassend informieren.«
    »Umfassend informieren? Worüber?« Reimer fragte ohne jede Neugier.
    »Über Ihre Gruppe«, sagte Pjotr.
    »Aber es gibt gar keine Gruppe«, sagte die Strahl genauso emotionslos.
    »Natürlich nicht«, sagte Pjotr. »Nach Lewandowskis Tod halten Sie sich erst einmal bedeckt. Aber Sie sind die Nachfolger.«
    Reimer fragte so, als ginge ihn das alles wenig an. »Nachfolger von wem, für was?«
    Pjotr wirkte irgendwie erheitert. »Ich dachte, Sie wissen, wie viel wir wissen. Ich dachte auch, Sie wissen, dass ich mich nicht hinters Licht führen lasse. Sie geben mir die Geschichte der Gruppe, ich gebe Ihnen Lewandowskis Vermächtnis. So einfach ist das.«
    »So einfach ist das gar nicht«, ließ sich die Strahl vernehmen. »Die Waffen müssen wir nur zum Auto tragen. Zwei Minuten. Informationen bedeuten Tage, vielleicht Wochen. Und die haben wir nicht.«
    »Die werden Sie sich nehmen müssen«, sagte Pjotr. Er zündete sich die nächste Zigarette an.
    »Was wollen Sie eigentlich wissen?«, fragte Reimer. »Was für Hobbies wir haben?«
    »Ach kommen Sie. Es geht um die ganze Geschichte, um jeden einzelnen Tag in dieser Geschichte.«
    »Wir verkaufen aber keine Geschichte«, sagte die Strahl. »Wir sind keine Verräter.«
    »Nein, das sind wir wirklich nicht«, stimmte Reimer zu. »Was ist, wenn wir den Koffer nehmen und gehen?«
    »Das habe ich erwartet«, sagte Pjotr. »Lawruschka deutete so etwas an.«
    »Lawruschka ist der Einzige, der bei euch etwas taugt«, sagte die Strahl. »Wo bleibt er denn?«
    »Er kommt gleich. Also was ist? Sie werden sich doch längst dafür entschieden haben, uns Auskunft zu geben, oder?«
    »Absolut nicht«, sagte Reimer kalt.
    »Das hier ist unsere Schlussarbeit, und wir machen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher