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Macabros 035: Mirakel, Mann der Geheimnisse

Macabros 035: Mirakel, Mann der Geheimnisse

Titel: Macabros 035: Mirakel, Mann der Geheimnisse
Autoren: Dan Shocker
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Die junge Dame hinter der Verkaufstheke sah gut aus. Gert Kassner
lächelte die Neunzehnjährige an, und sein Lächeln
wurde erwidert. Er suchte ein Geschenk für seine Mutter, die in
diesen Tagen fünfzig wurde. Es sollte etwas Besonderes sein. In
dem Spezialgeschäft in der Nähe der alten Oper hoffte er
etwas Geeignetes zu finden.
    Die Beratung durch die hübsche Verkäuferin dauerte
länger, als er erwartet hatte. Er war an sich ein schnell
entschlossener Käufer, doch heute wollte es partout nicht
klappen. Ob das das mit zusammenhing, daß er während des
Gesprächs an persönliche Worte dachte?
    Ihr Charme bezauberte ihn, und Kassner nahm sich vor, die junge
Dame direkt zu fragen, ob sie für den Abend schon etwas
vorhatte. Dieser Annäherungsversuch durfte allerdings nicht
plump wirken. Sonst würde er gar nichts erreichen.
    Sie schien zugänglich und ein modernes Mädchen zu sein
– das würde sein Vorhaben erleichtern.
    Er nahm sich vor, die beste Gelegenheit zu nützen.
    Die Verkäuferin, die ihm so gefiel, öffnete die
gläserne Tür an der Vitrine, um dort, den kostbaren
Schmuckkasten herauszunehmen, der ihm ins Auge gefallen war, und den
er gern aus der Nähe gesehen hätte.
    Kassner machte sich Gedanken über die aufregenden Formen der
Schönen, die sich unter dem eng anliegenden Rock abzeichneten.
Sie hatte ein schönes rundes Gesäß und lange Beine.
Kassner mochte langbeinige Mädchen. Aber bei diesem Mädchen
machte es nicht nur das Aussehen. Es kam noch mehr hinzu. Die Art,
wie sie sich bewegte, wie sie sprach, wie sie lächelte. Da
paßte einfach alles.
    Sie griff mit beiden Händen nach der Schmuckkassette.
Schlanke, gepflegte Hände zeigten auserwählten Schmuck, der
Aufmerksamkeit weckte.
    Gert Kassner war so in den Anblick der hübschen
Verkäuferin versunken, daß er im ersten Moment gar nicht
begriff, was vor ihm geschehen war.
    Er lächelte noch gedankenverloren, als das Lächeln auf
seinen Zügen augenblicklich gefror.
    Das Mädchen – wo war es geblieben?
    Ihre Umrisse schimmerten noch wie nachflackernd vor der
großen Glasvitrine. Dann war nichts mehr da als Luft.
    Die schöne junge Verkäuferin war verschwunden, als
hätte der Boden sie verschluckt.
     
    *
     
    Gert Kassner sah einmal hin, zweimal…
    Der Eindruck blieb.
    Der dunkelblonde Käufer wandte den Kopf.
    Narrte ihn ein Spuk? Erlebte er eine Halluzination?
    War er einen Moment lang unaufmerksam gewesen und war es ihm nicht
aufgefallen, daß sie vielleicht durch eine Glastür in
einen hinter der Verkaufstheke liegenden Raum gegangen war?
    Unsinn! Das hätte er sehen müssen.
    Kassner blickte in das Gesicht einer älteren
Verkäuferin, die nur vier Schritte von ihm entfernt auf den
Platz starrte, wo die junge Kollegin noch eben stand.
    Die Frau mit dem graumelierten Haar und der goldgerahmten Brille,
die an einer feingearbeiteten Kette an ihrem Hals hing, reagierte mit
weit aufgerissenen Augen, und die Mundwinkel klappten ihr herab.
    »Liane!« entfuhr es ihr tonlos.
    Ihr Blick irrte hin und her und begegnete Kassners nervösen
Augen.
    »Aber das gibt es doch nicht! Ein Mensch kann sich doch nicht
in Luft auflösen!«
    In ihren flackernden Augen war die Angst zu lesen.
    »Sie hatten es also auch gesehen?« fragte Gert Kassner,
mehr um sich zu bestätigen, als eine Antwort zu erwarten.
    Die Frau nickte, warf einen Blick unter die Verkaufstheke, lief
dann zu einer Kollegin und beriet sich mit ihr. Der geheimnisvolle
und durch nichts erklärbare Vorgang sollte offenbar
zunächst nicht über Gebühr beachtet werden. Aber noch
jemand hatte das Geschehen beobachtet. Eine Kundin, die vor einem
hohen, schmalen Spiegel stand und eine über zwei Meter lange
Silberkette um ihren Hals geschlungen hatte, war ebenfalls Zeuge
geworden.
    Ein Mensch hatte sich in Luft aufgelöst!
    Es gab keinen Zweifel mehr daran!
    Liane Martens wurde im ganzen Haus gesucht. Man fand sie
nirgends.
    Zwei Kolleginnen gingen sogar auf die Straße hinaus. Aber
das war Unsinn. Um zur Tür zu kommen, hätte Liane Martens
das übersichtliche Geschäftslokal durchqueren müssen.
Aber daß dies nicht der Fall gewesen war, dafür legte auch
Kassner seine Hand ins Feuer!
    Was für einen Grund sollte sie auch gehabt haben,
plötzlich auf die Straße zu laufen?
    Er deutete auf die Schmuckkassette, die er hatte sehen wollen. Der
linke Rand des Objektes ragte über den polierten Regalboden
hinaus. Der Schmuckkasten stand schräg, so wie Liane Martens ihn
noch nach vorn
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