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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker
Autoren: Jacques Berndorf
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gern tun. Denn so wird er die Menschen los, die seinem Überleben am meisten im Wege stehen.« Er lächelte bösartig und griff nach dem Telefon. Wir ließen ihn beim Telefonieren allein. Als er aus dem Zimmer kam, sah er aus wie ein Kater, der gerade zwei Mäuse verspeist hat.
    »Er ist am Ziel, er hat Reimer und Strahl«, sagte die Baronin. »Ich fahre nach Köln und besorge Nachtfilme und die Spezialoptik. Ich werde das alles fotografieren.«
    »Frag Pjotr erst, ob das geht.«
    Er nickte gönnerhaft, und sie machte sich auf den Weg.
    Dann sah ich Pjotr zu, wie er geradezu ehrfürchtig die Waffen aus dem Koffer nahm. »Spezialanfertigung vom Büchsenmacher, nicht von der Stange, nirgendwo zu kaufen«, meinte er zu dem Gewehr, das er mit wenigen Handgriffen zusammengesetzt hatte.
    »Hat die Gruppe eigentlich oft geschossen?«, fragte ich.
    »In mindestens vier Fällen.« Dann ging er wieder telefonieren. Später faltete er eine Wanderkarte auseinander und vertiefte sich darin.
    Ich tippte auf die Karte. »Es gibt nur einen Punkt, von dem aus die Baronin fotografieren kann. Hier in der Steilwand des Steinbruchs steht eine Basaltnadel, ganz am Rand. Wie wird die Szene sein? Hell? Dunkel?«
    »Ziemlich hell«, sagte er. »Wir werden zwei Scheinwerfer haben. Akteure sind Sie, Lawruschka, der Koffer und ich. Es gibt zwei normale Wege, um in den Bruch zu kommen; beide werden Reimer und Strahl nicht benutzen. Sie dürften vom Osten her den Steilhang hinunterkommen, wahrscheinlich getrennt und in kurzem Abstand. Von hier aus gesehen Reimer links, die Strahl rechts.«
    »Woher wollen Sie das so genau wissen?«
    »Ich kenne sie seit Jahren, und ich weiß, wie sie sich bewegen. Und Reimer ist Rechtshänder, die Strahl Linkshänderin.«
    »Was ist mit Waffen?«
    »Wir beide gehen unbewaffnet, sie werden bis an die Zähne bewaffnet sein.«
    »Und wenn Streit entsteht? Dann sind wir ihnen hoffnungslos ausgeliefert.«
    Er sah mich amüsiert an. »Es ist wie Schach, Herr Baumeister. Man muss sich genau überlegen, was der Gegner wahrscheinlich tun wird, ehe man überlegt, was man selbst tut.«
    Mir fiel etwas anderes ein. »Dieser Beck hat behauptet, die Nachricht über Lewandowskis Ermordung sei nicht über Polizeileitung gekommen, sondern direkt von Guttmann. Daraus schloss Beck messerscharf, Guttmann müsse der Mörder sein.«
    »Das ist idiotisch. Wir waren hinter Lewandowski her. Wir hatten ihn verloren und fanden ihn wieder, als er durch Bonn strich. Ich selbst habe Guttmann informiert.«
    Ich ging hinauf und beobachtete Krümel, die ihre Jungen säuberte und abschleckte. Gegen neun kam die Baronin zurück, hatte alles besorgt und war ziemlich aufgeregt. Pjotr saß ganz ruhig vor dem Kamin und las in einer alten Faust-Ausgabe.
    »Wann geht’s denn los?«, wollte die Baronin wissen.
    »Sehen Sie zu, dass Sie um Mitternacht bereit sind«, meinte Pjotr nur und widmete sich wieder ganz seiner Lektüre.
    Später aßen wir ohne großen Appetit etwas. Die Baronin und ich waren schweigsam und nervös. Wir versuchten es mit Fernsehen, aber das Programm war so schlecht, dass wir wieder abschalteten. Dann spielte ich zusammen mit der Baronin gegen Pjotr Schach, und wir verloren jedes Mal so schnell, dass wir auch das bald aufgaben. Als wir schon beinahe nicht mehr daran glaubten, wurde es endlich Mitternacht. Pjotr sagte aus seinem Sessel: »So, jetzt können Sie die Baronin auf ihren Hochsitz bringen. Wir beide werden erst später gebraucht«, und schloss völlig entspannt die Augen.
    »Und wenn Reimer und Strahl uns jetzt erwischen?«, fragte die Baronin entgeistert.
    Pjotr schüttelte lächelnd den Kopf.
    »Die haben das Gelände längst erkundet. Sie hocken jetzt irgendwo in ihrem Auto und machen autogenes Training. Das machen sie immer.«
    Wir nahmen den direkten Weg. Zweihundert Meter hinter dem Dorf begann der Wald; der Weg war breit und zunächst gut sichtbar. Etwas weiter war er kaum noch auszumachen und vollkommen zugewuchert. Wir gingen stetig und schweigsam und sahen nicht einmal zur Seite. Es hätte auch keinen Sinn gemacht, wie Indianer auf dem Kriegspfad zu schleichen; die anderen Indianer waren besser. Nach zehn Minuten erreichten wir einen uralten, verrosteten Stahldraht, der sich in Kniehöhe über den Weg spannte.
    »Die alte Absperrung vom Steinbruch. Pass auf, stolper nicht«, sagte ich zur Baronin. »Dreißig Meter weiter fällt der Bruch senkrecht ab, achtzig Meter tief. Da ist auch die Basaltnadel, auf der du
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