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Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)

Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)

Titel: Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)
Autoren: Marianne Reuther
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war.
    Reinfeld, aufgeschreckt, rief laut zurück: „Mann, Kellermann! Mann! Das bedeutet doch was! Bleiben Sie, wo Sie sind, ich schicke die Feuerwehr zu Hilfe und ich rufe Raabe auf den Plan und ich komme! Ich komme gleich!“
    Die Tür flog auf, Frau Schröder stürzte herein: „Um Himmels willen, was ist passiert? Ist‘s schlimm?“
    „Nein, nein, vielleicht im Gegenteil, bitte bestellen Sie die Feuerwehr zur Blumenboutique am Friedhof – und einen Notarzt, eine Frau ist in ein dunkles Loch gefallen, ziemlich tief, die Feuerwehr muss sie heraufholen, da ist keine Treppe und keine Leiter, nur eine Rutsche ... Gucken Sie doch nicht so, schnell, schnell, die Feuerwehr! Ich rufe Raabe an! Womöglich ist der ganze Friedhof unterkellert und all unsere Vermissten sind darin gefangen!“
    „O Gott, o Gott!“, rief Frau Schröder verstört, tat, was ihr geheißen und bereute es sofort. Ihre Bedenken schossen Purzelbäume: Wenn er da irgendwas falsch verstanden hätte und die Feuerwehr rückte an für nix und wieder nix … Mit Reinfeld stimmte seit seinem Zusammenbruch nicht mehr alles. Es war bereits das dritte oder vierte Mal innerhalb von zwei Tagen, dass er am Telefon so schrie, und auch jetzt dröhnte seine Stimme durch die Wände bis hierher. Wie sie Konrad Konrad vermisste!
     
    ***
     
     
    Edmund wurde per Monitor zur Blutabnahme in die Chirurgie geschickt. Außerhalb der Reihe und der Routine. Er wusste, noch bevor er Dr. Wulfs Labor betrat, was die Uhr geschlagen hatte. Der Arzt kam auch gleich ohne Umschweife zur Sache.
    „Der Ami will es nach der letzten Präimplantationsdiagnostik riskieren. Trotz fehlender Übereinstimmung wesentlicher Merkmale. Er ist bereits im Lande, der Vertrag unterschrieben. Es tut mir sehr leid.“
    „Ich glaub Ihnen das. Mir auch“, antwortete Edmund voll bitteren Witzes. Sie sahen einander ernst und betrübt in die Augen. Beiden war klar, dass dem Arzt kein Vorwurf zu machen war. Dennoch war da ein verkapptes Aber …
    „Wann?“, fragte Edmund.
    „Nächsten Dienstag. Sie sind ab sofort von allen Pflichtprogrammen beurlaubt. Ab Montag müssen Sie das Zimmer hüten und die Anweisungen über den Bildschirm abwarten. Dr. Liebig wird Sie zur gegebenen Stunde im Vorbereitungssaal Zimmer drei empfangen.“
    Edmund krempelte den Ärmel hoch und präsentierte Dr.Wulf seine Vene. Sie sprachen kein Wort mehr bis auf das Tschüss, als Edmund ging.
    Es war soweit!
     
    Er verriegelte seine Zimmertür und ging an die Arbeit. Streifte Gummihandschuhe über und rührte im Waschbecken die Haarfarbe an. Er tränkte ein Handtuch mit der Farbe und ließ es ruhen. Er sah auf die Uhr und merkte sich die Zeit. In Ermangelung eines besseren Gefäßes drückte er die gehamsterten Salben und Pasten aus den Tuben in einen verschraubbaren Plastikbeutel, verknetete die Masse so gut es ging von außen, kippte den Inhalt der beiden Flaschen Lotion hinzu und schüttelte den wieder zugeschraubten Beutel, bis eine sämige Masse entstand. In die trichterte er das aus Kohletabletten hergestellte Pulver, schraubte den Beutel wiederum zu und drückte und knetete den Inhalt zu einem schwarzen Teig. Die Masse war jetzt ziemlich fest und zum Auftragen auf die Haut zu zäh. Damit hatte er gerechnet und Abhilfe ersonnen. Inzwischen war die Einfärbung des Handtuchs vollzogen. Er ließ heißes Wasser darüberlaufen, ließ es abkühlen, wrang es kräftig aus und hängte es auf. Jetzt quetschte er den Teig aus dem Beutel zu der ausgedrückten Brühe im Waschbecken und verquirlte das Ganze mit den Händen. Er atmete auf: Die Masse gerann nicht zu Flocken, sie blieb cremig. Er streifte die Handschuhe ab und spazierte zum Kirmesplatz, wo er sich, um Beobachtern den Sinn des Ausfluges plausibel zu machen, mit der Schiffschaukel einige Minuten durch die Luft schwingen ließ.
    So gut besucht wie in West war der Juxplatz nicht, doch es gab genug Verzweifelte, die auch hier Ablenkung suchten und fanden – oder auch nicht. Edmund hatte ausgekundschaftet, dass die Wurfbuden von West und Süd rückwärts aneinandergrenzten. Er unternahm ein halbes Dutzend Wurfversuche, ohne einen Treffer zu landen. Als die bunten Lichter um neun erloschen und die Orgeln verstummten, begab er sich auf den Rückweg, zufrieden mit dem, was er gesehen hatte. Nichts hatte sich seit seinem letzten Erkundungsgang verändert.
    Gerd war im Kino und Edmund war froh, auch sonst niemandem zu begegnen, hoffte, dass sich am Abend die Ruhelosen unter den
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