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0313 - Der Blutgraf erwacht

0313 - Der Blutgraf erwacht

Titel: 0313 - Der Blutgraf erwacht
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Er wußte nicht genau, ob es Gegenwart oder Zukunft war. Aber wahrscheinlich war es Zukunft. Sonst hätten die Wachen längst Alarm geschlagen. Trogo raffte die Säume seiner Kutte hoch, daß er schneller laufen konnte, verließ seine Turmkammer und rannte hinüber ins Haupthaus, wo der Graf eine seiner Orgien feierte. Er mußte gewarnt werden, um jeden Preis.
    Denn weder der Graf noch Trogo wollten zur Hölle fahren! Zur Hölle, die ihre Krallen schon längst nach ihnen reckte…
    ***
    »Er ist mit dem Teufel im Bund«, murmelte Walther. »Vergeßt das nie. Fürchtet das Schlimmste. Mit seiner unheiligen Zauberei kann er alles mögliche erreichen. Vielleicht hat sein verdammter Zauberer uns schon entdeckt.«
    Ein Donnerschlag hallte über die Berge. Blitze zuckten in der Ferne. Das Unwetter kam näher. Schon heulte der Wind durch die Bäume und um die Mauern der Burgfeste. Der Fluß schäumte. Es war eine Nacht, wie sie höchstens dem Gehörnten mit dem Pferdefuß gefallen konnte. Eine Nacht, wie geschaffen für den Überfall.
    Der Zorn der Bauern kochte über. Drei Dutzend hatten sich zusammengefunden, um ein für allemal reinen Tisch zu machen. Messer, an Besenstiele geschnürt, ergaben Lanzen und Speere. Sensen wurden zu Schwertern und Hellebarden. Dreschflegel wurden zu mörderischen Schlaginstrumenten. Jagdpfeile wurden mit anderen Spitzen versehen, mit Widerhaken. Sicheln eigneten sich zum Köpfeschneiden. Lautlos hatten sich die Männer im Schutze der Dunkelheit an die Burg geschlichen. Düster ragte Geyerstain vor ihnen auf.
    Es war Tollkühnheit, sie zu stürmen, und doch gab es kein Zurück mehr. Das Maß war voll. In dieser Nacht mußte die Burg fallen.
    Der verfluchte Graf hatte Unheil genug über das Land gebracht.
    Walther führte die zu allem entschlossenen Männer an, die lieber im Kampf sterben wollten, als die Unterdrückung, den Hohn, die bösartigen Launen des Grafen länger zu ertragen. Er beutete sie aus, schlimmer als ein Blutsauger, er stellte ihren Frauen und vor allem den Töchtern nach, und wehe, sie widersetzten sich… So manches Gehöft war schon von den Schergen des Blutgrafen niedergebrannt worden. Die Grenzgemarkungen waren dicht. Niemand konnte das Land verlassen, um sich anderswo anzusiedeln. Und der Kaiser?
    Was scherte es den Kaiser, was einer seiner Grafen tat! Abgesehen davon – niemals würde ein Kurier ihn erreichen. Nirgends war man vor den Streifenreitern des Grafen sicher, überall konnten sie jederzeit auftauchen. Dafür gab es nur eine Erklärung. Der Graf bediente sich seines üblen Zauberers, den ihm der Teufel zum Gesellen gegeben hatte.
    Der Zauberer sah und hörte alles, was in der Mark vorging. Und der Graf sandte sofort seine Schergen aus.
    Doch was zuviel war, war zuviel. Irgendwann kommt der Moment, in dem man Unbill nicht länger erdulden mag. Tod oder Freiheit, hieß nun die Devise. Mochte der Zauberer den Aufstand der Bauern voraussehen – sie würden kämpfen und siegen oder untergehen. Und jeder hatte dem anderen geschworen, ihn nicht in Gefangenschaft geraten zu lassen. Lieber sich selbst oder den verletzten Kameraden töten, als sich oder ihn in die Hände des verfluchten Grafen fallen zu lassen. Seine Folterkammern sollten unergründlich sein.
    »Ob sie noch leben?« flüsterte Hinrich vom Sommerhof heiser.
    »Ob wir sie noch retten können?«
    Walther legte ihm die Hand auf die Schulter.
    »Denke nicht daran«, mahnte er. »Du machst dir unnötig das Herz schwer. Wir werden sie befreien. Denke lieber daran, wie wir den verfluchten Bluthund töten. Er soll für alles büßen, was er uns angetan hat.«
    »Aber es sind meine Töchter«, knirschte Hinrich. »Meine Töchter, die er raubte für seine abartigen Vergnügungen!«
    »Du bist da nicht der einzige«, sagte Walther. »Ich mag nicht zählen, wie viele Mädchen er raubte und schändete, sie meuchelte oder zu den Türken und Syrern verkaufte. Und um dem ein Ende zu bereiten, sind wir hier. Laßt uns nicht länger zögern. Das Gewitter ist schon ganz nah.«
    In der Tat folgten die Donnerschläge den Blitzen immer rascher.
    Es regnete bereits. Der Boden weichte auf. Die Männer fluchten, aber gleichzeitig waren sie froh über Regen und Sturm. Denn so wie das Wetter ihnen zu schaffen machte, würde es auch die Wachen auf den Zinnen der Burgfeste behindern. So mancher mochte sich verkriechen und glauben, daß niemand so dumm sei, sich bei diesem Wetter heranzumachen. Zudem war da ja noch der Zauberer,
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