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Renegade

Renegade

Titel: Renegade
Autoren: J. A. Souders
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Münze. »Deine Neugier in Bezug auf die
Oberfläche ist nicht gesund, Evelyn. Ich muss darauf bestehen, dass das
aufhört. Sofort.«
    Ich seufze, neige
aber ergeben den Kopf. »Ja, Mutter.«
    Â»Und um ganz sicherzugehen,
werde ich dafür sorgen, dass dein kleiner Brunnen trockengelegt und nach
weiterer Schmuggelware von der Oberfläche durchsucht wird.«
    Nein!
Nicht meine Sammlung! Abrupt schaue ich hoch, doch ihre Miene hat sich verfinstert, und ich
hüte mich, ihr zu widersprechen. »Ja, Mutter.«
    Sie mustert mich
noch einige Minuten lang, dann trinkt sie wieder einen Schluck Tee und fährt
fort: »Mir ist während meines Morgenspaziergangs übrigens ein beunruhigendes
Gerücht zu Ohren gekommen, Evelyn.« Wieder hebt sie die filigrane Tasse an die
Lippen, zögert dann aber. »Weißt du, welches Gerücht ich meine?«
    Klatsch und Tratsch
sind unter den Dienstmädchen nicht ungewöhnlich. Falls man je Informationen
braucht, kann man sie mit Sicherheit von ihnen erhalten. Nach Timothys Besuch
heute Morgen sind sie allerdings ungewöhnlich still gewesen. Aber es kann in
dieser Sache nicht um ihn gehen. Mutter hat ihn für gut befunden.
    Â»Nein, Mutter.«
    Sie stellt die Tasse
ab und spitzt die Lippen. Ihr Lippenstift hat exakt denselben Farbton wie ihr
Kleid. »Das überrascht mich. Immerhin geht es bei diesem Gerücht vor allem um
deine Person und einen gewissen Herrn aus Sektor Drei, der dir so ans Herz
gewachsen ist.«
    Also doch Timothy. Was allerdings noch nicht erklärt, welches
Gerücht so bedeutungsschwer sein könnte, dass Mutter sich damit beschäftigt,
oder warum sie es mir gegenüber erwähnt.
    Â»Immer noch
ahnungslos?« Ihr Blick ist jetzt hart und kalt.
    Â»Ja, Mutter.« Ich
unterdrücke ein Zittern. Dieser Blick gefällt mir nicht. Er erinnert mich an
die Haie, die manchmal an meinem Garten vorbeischwimmen.
    Â»Laut dem
unablässigen Geschwätz der Dienstmädchen hat er dich heute Morgen berührt. Und
zwar direkt vor den Wachen und einer Vollstreckerin.«
    Â»Mich berührt?« Ich
rufe mir die Szene im Garten ins Gedächtnis zurück. »O nein, Mutter. Er hat
mich nicht wirklich berührt. Ich hatte einen Dorn im Finger, und er hat mir
einen Verband gemacht.« Lächelnd nippe ich an meinem Tee und freue mich
darüber, dass ich mich daran erinnern kann.
Heute ist besser als gestern. Und gestern
war besser als der Tag zuvor.
    Â»Die Wachen
berichten das ebenfalls«, bestätigt sie mit geschürzten Lippen, »aber sie sagen
auch, dass er dich nicht sofort wieder losgelassen habe.«
    Â»Es war ein Unfall.
Er hat mich gefragt, ob es mir gut ginge, und erst als ich ja sagte, wurde uns
beiden bewusst, dass er mich immer noch berührte. Es wird nicht wieder
vorkommen.«
    Mutters Miene wird
hart, und sie nickt knapp. »Da hast du recht. Es wird nicht wieder vorkommen. Wachen!«
Sie klatscht gebieterisch in die Hände, sodass ich heftig zusammenzucke und Tee
auf meinen Sessel verschütte.
    Entsetzt sehe ich
zu, wie zwei Wachen eintreten und Timothy mit sich schleppen. Sein Gesicht ist
mit Prellungen übersät und blutverschmiert. Eines seiner Augen schwillt bereits
zu, und in seinem schlaff herabhängenden Kiefer fehlen ein paar Zähne. Ohne
dass es mir bewusst wird, entgleitet mir die Teetasse und zerspringt auf dem
Marmortisch. Plötzlich stehen zwei weitere Wachen neben mir und drücken mich in
den Sessel zurück.
    Â»Was ist passiert?«
    Mutter schnalzt
missbilligend mit der Zunge. »Evelyn, Evelyn, Evelyn. Ich dachte, ich hätte
dich besser erzogen. Berührungen vor der Verpaarung sind unschicklich. Und sie
verstoßen gegen das Gesetz.«
    Ich schlucke schwer,
während sie mich unnachgiebig anstarrt. Sie hat recht. Ich muss mich fügen. Das
Gesetz ist nun einmal das Gesetz.
Es sorgt dafür, dass wir sicher sind. Es verhindert, dass
wir so werden wie die Oberflächenbewohner.
»Jawohl, Mutter.
Welche Strafe verhängst du über uns?«
    Â»Nicht doch, mein
Kind. Du wirst nicht bestraft. Es ist ja nicht deine
Schuld. Er hat schließlich dich berührt. Er hat versucht, deine Unschuld zu
beflecken. Er wird mit dem Tod bestraft.«
    Erschrocken reiße
ich die Augen auf. »Was? Nein! Das Ganze war ein Unfall. Ich war schuld, nicht
er! Bitte, Mutter … « Ich verstumme, als sie mir ins Gesicht schlägt.
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