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Renegade

Renegade

Titel: Renegade
Autoren: J. A. Souders
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Eine
harte Ohrfeige. Reflexartig steigen Tränen der Wut in mir auf, doch sie
verschwinden schnell wieder, und zurück bleibt nur Panik. Fassungslos starre ich
sie an und balle die Hände zu Fäusten, bis sich die Fingernägel in meine
Handfläche bohren.
    Â»Widersprich mir
nicht. Niemals.« Mutter zieht ihren Rock zurecht und richtet sich das Haar.
Dann hebt sie die Hand, und eine Vollstreckerin – Veronica – tritt aus den
Schatten. Sie hält einen .45er Colt mit Schalldämpfer in der Hand.
    Bevor ich auch nur
blinzeln kann, drückt sie den Abzug. Einmal. Zweimal. Zwei Kugeln bohren sich
in Timothys Brust und zerfetzen seine Lunge. Er fällt auf die Knie, und die
Vollstreckerin zieht sich wieder in den Schatten zurück. Ihr Gesicht ist
vollkommen ausdruckslos – nicht die geringste Gefühlsregung spiegelt sich in
ihren Augen –, und die Wachen lassen Timothy einfach fallen.
    Ihre Kollegen halten
mich fest, doch ich kann mich ohnehin nicht rühren; mein Körper ist starr vor
Schreck. Als sie mich dann schließlich loslassen, stürze ich zu Timothy. Mir
ist egal, ob Mutter mich dafür bestraft. Er stirbt, und das ist meine Schuld.
Weil ich zu leichtfertig war. Weil ich mich nicht erinnern konnte, bis es zu
spät war.
    Er ringt um Luft,
und das Blut fließt ebenso schnell aus seinem Mund wie aus seinen Wunden. Dann
sieht er mich an. »Es tut mir leid«, keucht er, dann fallen seine Augen zu.
»Ich dachte, ich wäre anders. Ich dachte, ich könnte …«, er hustet, und sein
Blut spritzt auf meine Brust, »… dich retten.«
    Verzweifelt versuche
ich, die Blutung zu stoppen, doch ohne Erfolg. Immer mehr Blut fließt über
meine Hände. »Nein«, flüstere ich. Timothy holt noch einmal zitternd Luft, dann
erstarrt sein Brustkorb. Ich drehe mich zu Mutter um. »Wie konntest du nur? Ich
hätte ihn erwählt. Ich wollte ihn.« Meine Stimme
bricht.
    Mutter kommt zu mir
und legt mir eine Hand auf die Schulter. Fast glaube ich, sie möchte sich
entschuldigen, doch stattdessen sagt sie: »Wie schade. Seine Gene waren …
vielversprechend.«
    Ich nehme ihre Worte
kaum wahr. Dann verlässt sie mit klappernden Absätzen den Raum. Eine Wache
nähert sich mir, und etwas Kaltes berührt meinen Arm. Gerade noch rechtzeitig
drehe ich den Kopf und sehe, wie er mir etwas spritzt. Sofort dreht sich alles
um mich, und ich breche über Timothys Körper zusammen. Nein!
    Sein Blut klebt warm
an meiner Wange, als sich die Dunkelheit wie ein Leichentuch über mich legt.

Der
Krieg hat die Oberflächenbewohner verdorben. Sie wurden von Hass und Gewalt
zerfressen und müssen als äußerst gefährlich angesehen werden. Jeder
Oberflächenbewohner, der versucht in Elysium einzudringen, muss unverzüglich
erschossen werden.
    Statuten
der Vollstreckerinnen 104 a.1 –
    Mein Leben ist absolut perfekt.
    Jeden Morgen lässt
mich Mutter um Punkt zehn Uhr von den Dienstmädchen wecken. Dann nehme ich ein
leichtes Frühstück ein, anschließend folgt der obligatorische Besuch bei meinem
Therapeuten.
Es
ist so schön, jemanden zu haben, mit dem man reden kann.
    Später erwarten mich
dann die Pflichten, die Mutter mir anvertraut hat, doch bis dahin kann ich tun,
was immer ich will. An diesem Morgen sitze ich in meinem Garten und widme mich
still meiner Näharbeit. Im Garten ist es morgens immer so friedlich, besonders
wenn die Meeresbewohner außen an der Glaskuppel vorbeiziehen.
    Die Oberfläche
könnte da nie und nimmer mithalten. Auch wenn ich die Oberfläche niemals
gesehen habe. Das ist sogar mir verboten.
    Was auch gut ist.
Mein Leben ist absolut
perfekt.
    Der Duft der Rosen,
Gardenien, Lilien und unzähliger anderer Blumen erfüllt die Luft. Im Vergleich
zum Rest der Anlage ist es hier dank der Sonnenlampen fast schwül. Durch die
Wärme und das unaufhörliche Summen der Bienen, die meine wundervollen Blumen
bestäuben, erwische ich mich öfter dabei, dass ich einnicke. Ein Windspiel
klimpert in dem leichten Luftzug aus der Sauerstoffaufbereitungsanlage.
    Das Geräusch
erinnert mich an etwas, an jemanden, doch ich kann die Erinnerung einfach nicht
greifen. Gedankenverloren spiele ich mit meiner Kette.
    Das
Amulett bringt zurück, was verloren war.
    Blicklos starre ich
auf das Windspiel. Seine filigranen Elemente schwingen und pendeln in der
sanften Brise, das
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