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Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Titel: Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln
Autoren: Die Geiseln
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sich über die Finnen gewundert. Woher kam ihr unerschöpflicher Eifer, sich in die Angelegenheiten ferner Länder einzumischen? Wo glaubten die Finnen die überirdische Weisheit herzuhaben, um im Kosovo mitmischen zu können, einem Land, von dem sie in Wirklichkeit nichts wussten? Woher stammte ihr Wunsch, Soldaten zu Nato-Einsätzen weit jenseits ihrer Landesgrenzen zu schicken? Vasa blickte erneut auf die Karte, obwohl er die Route zuvor auswendig gelernt hatte. Außerdem hatte er einen GPS-Navigator bei sich. Nichts durfte dem Zufall überlassen werden.
    Gefängnisdirektor Laine starrte auf den Bogen, den die Straße vor ihm machte, und befürchtete ständig, von den Männern im Nissan bemerkt zu werden. Über dem Fichtenwald wurde der Himmel immer dunkler. Zur gleichen Zeit näherte sich der Polizeichef mit einigen Männern aus südlicher Richtung, mit der Absicht, dem Nissan den Weg abzuschneiden. Laines Handy klingelte.
    »Wir befinden uns an der Kreuzung bei Launonen, der Nissan kommt in unsere Richtung«, sagte der Polizeichef. »Aus Helsinki habe ich die Anweisung erhalten, den Wagen notfalls mit einem Nagelteppich zu stoppen. Ihr könnt euch also zurückfallen lassen. Das SK Bär ist schon auf dem Weg hierher.«
    »Gut«, konnte Laine gerade noch sagen, dann legte der Polizeichef auf. »Fahr langsamer«, sagte Laine zu Salmenperä. »Wir brauchen uns nicht zu beeilen. Die Polizei wird sie stoppen.«
    »Ist das vernünftig?«, fragte Salmenperä überrascht.
    »Was wäre die Alternative ? Sie laufen zu lassen und das Leben der Geisel und später noch anderer Leute zu riskieren?«
    Salmenperä antwortete nicht.
    Vasa bemerkte den über die Straße gezogenen Metallstreifen zu spät, um den Wagen rechtzeitig zum Stehen zu bringen. Er trat das Bremspedal bis zum Anschlag durch.
    Die Frau auf dem Rücksitz fing an zu schreien. Radovans Mund entwich ein wütender Strom serbischer Flüche.
    »Ein Nagelteppich«, sagte Vasa mit kühler Stimme, in der kein Hauch von Panik lag, dafür aber umso mehr Erstaunen. In Schweden war er kein einziges Mal durch einen Nagelteppich gestoppt worden, dabei hatte er so eine Vorrichtung sogar sicherheitshalber testen lassen. In den Spitzen der Nägel waren Luftlöcher, damit die Reifen kontrolliert platzten.
    Der Wagen kam zum Stehen.
    »Bleibt sitzen!«, kommandierte Vasa. Sein Blick streifte über den stillen Wald rechts und links der Straße. Diejenigen, die den Nagelteppich ausgelegt hatten, hielten sich garantiert dort versteckt. »Solange wir die Geisel haben, kriegen wir keine Probleme. Sie werden sich nicht trauen, etwas zu unternehmen.«
    »Sie haben uns trotz der Geisel gestoppt«, stellte Radovan ruhig fest. »Sie spielen mit hohem Einsatz. Aber wir haben den Trumpf.« Vasa klang nicht ganz so überzeugend, wie er es sich gewünscht hätte. Wenigstens hatte die Frau aufgehört zu schreien und versuchte nun, die hervordrängenden Tränen zu unterdrücken. Jetzt galt es, in Ruhe nachzudenken, ohne Störfaktoren.
    »Radovan, wie lautet der Plan?«, fragte der Vater.
    Bevor vom Rücksitz eine Antwort kam, sagte Vasa: »Wir verlangen ein anderes Fahrzeug.«
    Der Vater drehte sich um und schaute Radovan erwartungsvoll an. »Genau. Wir müssen weiterkommen«, bestätigte Radovan. Vasa griff frustriert zum Telefon und schaltete es ein. Das Handy der Geisel hatten sie weggeworfen.
    Er wählte die Nummer des Gefängnisdirektors. Die Stille wurde nur durch das Wählgeräusch aus dem Telefon und das aufgeregte Atmen der Finnin auf dem Rücksitz gestört. Die Frau atmete Besorgnis erregend ungleichmäßig, fand Vasa. Würde sie eine Art Anfall bekommen? Die Geisel musste unbedingt bei Bewusstsein und in relativ gutem Zustand bleiben, sonst hätten sie ein Problem.
5
    Die gut 30-jährige Frau mit der düsteren Miene fuhr mit viel zu hoher Geschwindigkeit, warf aber trotzdem immer wieder einen Blick auf die Karte neben sich. Noch ein knapper Kilometer, dann musste sie die Stelle erreicht haben.
    Kriminalkommissarin Johanna Vahtera hatte die Tennisstunde, auf die sie sich seit langem gefreut hatte, abbrechen müssen. Ohne sich auch nur duschen zu können, hatte sie sich ans Steuer gesetzt, nachdem der Helsinkier Polizeipräsident sie angerufen und ihr kurz die Situation geschildert hatte. Der Polizeichef des Amtsbezirks Riihimäki hatte das Sonderkommando Bär um Hilfe gerufen, das zum Dezernat Verkehrsund Sonderpolizei in Helsinki gehörte. Johanna wiederum gehörte zum
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