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Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Titel: Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln
Autoren: Die Geiseln
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Stopp-Funktion an seiner Armbanduhr ein.
    Dann richtete er sich auf und schaute aus dem Fenster. Draußen war es vollkommen ruhig. Weit oben zog ein Passagierflugzeug einen weißen Streifen über den Himmel.
    Das hier war seine erste wirkliche Herausforderung. Jetzt standen seine Entscheidungsfähigkeit und seine Stresstauglichkeit auf dem Prüf stand. Die Maßnahmen, die er in dieser Situation ergriff, würden sich entscheidend auf die weitere Entwicklung seiner Karriere auswirken. Laine blähte die Backen, als staute sich der Druck der Gedanken in seinem Mund. Schließlich ließ er die Luft geräuschvoll entweichen. Es gab nur eine Entscheidung. Und die wurde von zwei Fakten diktiert: Die Frau des Vollzugsbeamten durfte nicht gefährdet werden. Aus seinem Gefängnis durfte niemand fliehen.
    Laine nahm seine Dienstwaffe aus der Schreibtischschublade, griff zum Telefonhörer und wählte die Notrufnummer der Polizei.
2
    Schnelle, hastige Schritte hallten von den hellgrauen Wänden und dem Betonboden im zweiten Stock des Gefängnisses wider.
    Mikko hätte prüfen müssen, ob die große Gittertür zwischen den Abteilungen auch wirklich verschlossen war, aber er begnügte sich damit, die Tür zuzudrücken, um rasch seinen Weg fortsetzen zu können. Er kam in die hohe Halle, deren Wände über mehrere Stockwerke hinweg eine Zellentür neben der anderen bedeckte. Aus dem Kraftraum im Erdgeschoss hörte man das Scheppern von Metallscheiben. Mikko ergriff das Geländer und rannte die Eisentreppe hinunter. Er lief an den Gewichte stemmenden, tätowierten Männern vorbei und blieb außer Atem vor der nächsten großen Gittertür stehen.
    Hastig tastete er nach der Schlüsselkarte, die er um den Hals hängen hatte, und schob sie in das Schloss eines grauen Metallschranks. »Was ist los?«, fragte Vornamo, Mikkos unmittelbarer Vorgesetzter, der an der Tür erschienen war. »Erzähl ich dir später.«
    Mikko nahm den Generalschlüssel der Abteilung aus dem Schrank und ging an Vornamo vorbei auf den Gang.
    »Warte«, rief ihm Vornamo streng hinterher.
    Mikko tat so, als hätte er ihn nicht gehört, und sah auf seine Uhr. Die Hälfte der Zeit war gleich um. Und der Weg war kompliziert. Vornamo holte ihn im Laufschritt ein. »Was hast du eigentlich vor?«
    »Halt du dich da raus! Laine weiß Bescheid. Der Serbenoberst darf gehen.«
    Mikkos heisere Stimme klang selbst in seinen eigenen Ohren fremd. Er blickte nicht zurück, vermutete aber, dass Vornamo auf der Stelle Laine anrief. Kein Gefangener durfte die Abteilung verlassen, weder in Begleitung eines Justizbeamten noch einer anderen Person. Durch das Glasdach fiel gleichmäßig fahles Licht auf den Gang. Vor Zelle 213 blieb Mikko stehen, schloss auf und öffnete die Metalltür. Borislav Jankovic blickte ausdruckslos von seinem Notizbuch auf, den Stift behielt er in der Hand. Auch im Sitzen nahm der gut sechzig Jahre alte Mann stets eine perfekte Haltung ein. Seine Nase war gebogen, der graue Bart gepflegt. Der Oberst der dritten Armee von Südserbien und Kosovo verfügte über ein beeindruckendes Charisma. Es war nicht schwer zu glauben, dass er einer Offiziersfamilie entstammte, deren Wurzeln bis ins 14. Jahrhundert zurückreichten. Für Jankovics Offiziersehre war es eine unerträgliche Demütigung gewesen, in Den Haag als Kriegsverbrecher verurteilt worden zu sein, das war auch den Vollzugsbeamten mehrfach deutlich geworden.
    »Get out«, befahl Mikko und bedeutete dem Häftling aufzustehen. Jankovic schien eher auf Mikkos aufgeregten Tonfall als auf den Inhalt des Befehls zu reagieren. Er erhob sich und wirkte dabei äußerst wachsam und misstrauisch. Alle Gegenstände in der Zelle befanden sich in tadelloser Ordnung: Die Bücher im Regal waren der Größe nach sortiert, die Bleistifte lagen gespitzt auf dem kleinen Tisch bereit, das Bett war millimetergenau gemacht.
    »Schuhe an! Und dann raus! Ihre Kameraden warten auf Sie.« Gefängnisdirektor Laine rannte über den hallenden Gang. Neben ihm lief ein junger Mann. Trotz seiner Jugend war dieser Atte Salmenperä bereits zum stellvertretenden Direktor ernannt worden, zum Ärger der älteren Kollegen. Er kam von der Kontroll- und Sicherheitseinheit TATU, die unter anderem in Gefängnissen nach Drogen suchte.
    »Du fährst mit dem Wagen hinter den Materialschuppen und lässt den Motor laufen«, wies Laine schwer atmend seinen Stellvertreter an. »Du wartest auf mich, aber falls die Entführer losfahren, bevor ich komme, folgst
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