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Reif für die Insel

Reif für die Insel

Titel: Reif für die Insel
Autoren: G Pauly
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trägt. Ja, Georg, auch da hast du natürlich recht. Ein Cabrio ist wirklich unpraktisch. Aber ich werde mich auf dem Weg zum Ellenbogen trotzdem daran erfreuen, dass mir der Fahrtwind in den Ohren jault und jedes entgegenkommende Auto ihn mir ins Gesicht schlägt.
    Habe ich alles abgeschlossen? Auch die Tür der Speisekammer, die in den Garten führt? Johnny Gefron grinst schon wieder herüber. Herablassend, überlegen. Nein, das Haus ist verschlossen, ganz sicher. Nur keine Schwäche zeigen! Dem Nachbarn nichts anbieten, was ihn ermuntern könnte zu fragen: »Kommen Sie klar, so ganz allein?«
    Ob Georg ihn früher gebeten hat, mir nichts von seinen heimlichen Besuchen in Braderup zu erzählen? Ich sehe ihn vor mir, wie er die junge Frau zu sich heranzieht, ihr einen Klaps gibt und damit das vollste Verständnis Johnny Gefrons erringt. »Wir Männer müssen zusammenhalten!«
    Vermutlich fiel auch noch der Satz: »Eine Hand wäscht die andere.« Georg hat sicherlich gern versprochen, genauso verschwiegen zu sein, wenn Johnny Gefron ein paar unbeschwerte Tage mit einer Geliebten in Braderup verbringen wollte.
    Vielleicht will Gefron deswegen nicht zur Kenntnis nehmen, dass das Ferienhaus in Braderup jetzt mir allein gehört. Damit ich nicht merke, dass er das alles hat kommen sehen. Der Gedanke, dass dieser Toupet-Träger mal Georgs Komplize war, setzt mir wirklich zu! Und an das, was |29| er Raffael Sielmann erzählen wird, darf ich gar nicht denken. Wahrscheinlich … nein, ich werde mir nicht ausmalen, wie Johnny Gefron über eine Frau redet, die wegen einer Jüngeren von ihrem Mann verlassen wurde!
    Ich werde Elena nichts von Gefrons Herablassung erzählen. Sie hat ja angekündigt, mich nun öfter als sonst nach Sylt zu begleiten. Georg schätzte die Besuche meiner Freundin nicht besonders, aber mit der Rücksicht auf seine Befindlichkeiten ist es ja nun vorbei. Trotzdem möchte ich nicht, dass Elena dem Nachbarn sagt, was sie von ihm hält. Zuzutrauen ist es ihr. Es reicht mir, mir vorzustellen, was ich ihm sagen könnte, wenn ich den Mut dazu hätte.
    Auf dem Weg nach Kampen kommen mir zwei Autos entgegen, ein Taxi und ein Lieferwagen. Der Korso der Touristen wird erst am späten Abend beginnen. In der Tür der Otto-Kern-Boutique lehnt eine gelangweilte Verkäuferin, vor Donna & Lottchen steht ein Mann mit einem Gummitier unter dem Arm. Er sieht so aus, als wartete er auf seine Frau, die dem Töchterchen, bevor es zum Strand geht, ein Sonnenhütchen in der Farbe des neuen Bikinis kauft. Auf dem Parkplatz vor der Vogelkoje stehen erstaunlich viele Autos. Vermutlich ein Verein von Hobby-Biologen. In der Vogelkoje werden ja schon lange keine Vögel mehr gefangen, aber eine Vielzahl von Sträuchern und Bäumen, die man sonst auf der waldarmen Insel nicht zu sehen bekommt, gibt es dort. Eine Wanderung in ihrem Schatten! Vielleicht keine schlechte Idee.
    Am Bildsel-Abzweiger geht’s von der L 24 auf die Straße, die zum Ellenbogen führt. Eine schreckliche Piste! Kein |30| Wunder, dass Georg sie nie fahren wollte. Ein hässliches graues Band aus Betonplatten, das durchs Listland führt, ein Relikt aus dem zweiten Weltkrieg, durchlöchert, ausgefranst, abgenutzt. Aufgeplatzte Nähte verbinden die Betonplatten, aus denen das Unkraut wuchert. Also runter vom Gas! Das ist sowieso vernünftig, denn die Landschaft, durch die ich jetzt rumple, ist zu schön, um sie vorbeirauschen zu lassen.
    Georg hat seinem Wagen niemals diese Strapaze zugemutet. Er blieb stets auf der L 24, fuhr gen Osten bis nach List und bog dort links in die Dünenstraße ein, die in einem großen Bogen, vorbei am Lister Koog, zum Weststrand und dann gen Norden zum Ellenbogen führt. Seit wir das Haus in Braderup haben, baden wir am Ellenbogen. Wir haben nie ein Wort darüber verloren. So, wie Georg niemals auf dieser Betonstraße gefahren wäre, so hätte er niemals einen anderen Strandabschnitt angesteuert. Und ich? Eigentlich war es mir egal, wo wir badeten, ich bin Georg immer gefolgt. Aber nun beginne ich ein neues Leben. Mir gehört ein Haus, und ein neues Cabrio gehört mir auch. Ich rumple über eine Betonpiste und fahre … nein, nicht zum Ellenbogen. Sylt ist groß und hat noch andere herrliche Strände.
    Da vorn! Keine hundert Meter weiter! Ein kleiner Parkplatz und ein Schild: Strandsauna! FKK-Strand!
    Warum ich davor stehe und das Schild anstarre? Keine Ahnung, ich kann den Blick einfach nicht davon lösen. Dieses Schild berührt etwas in
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