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Reich der Schatten

Reich der Schatten

Titel: Reich der Schatten
Autoren: Shannon Drake
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Computer, und dort in der dunklen Kühle des am tiefsten gelegenen Teil des Hauses fand er seinen Platz. Dort schloss er die Augen.
    Und zog sich in die Tiefen seines Geistes zurück.
    »Tara!«
    Jacques DeVant wurde zwar älter, und um seine Gesundheit stand es nicht zum Besten, aber er konnte seine Enkelin noch immer so fest umarmen, dass es fast wehtat. Er erging sich nicht in eine lange Begrüßungsrede, sondern sagte einzig ihren Namen auf eine Weise, wie nur er es konnte, und umarmte sie. Und sie erwiderte seine Umarmung.
    Danach kamen natürlich noch die Küsse – einer auf die rechte und einer auf die linke Wange –, und dann schob er sie auf Armeslänge weg und betrachtete sie eingehend.
    Jacques war auch jetzt noch ein sehr gut aussehender Mann. Sein dichtes Haar hatte nichts von seiner Fülle eingebüßt, nur war es jetzt lohweiß und glänzte silbern. Seine Augen waren tiefblau, und, obwohl vom Alter gezeichnet, hatten seine Züge etwas Edles. Er strahlte eine immense Würde und Anziehungskraft aus.
    »Deine Umarmung ist noch sehr kraftvoll!«, meinte sie und drückte ihn sanft auf seinen Sessel zurück. »Und du siehst prächtig aus. Aber du musst auf dich aufpassen, das weißt du ja. Du musst viel ruhen und mit deinen Kräften haushalten.«
    Er zog eine buschige weiße Braue hoch und betrachtete sie skeptisch. »Mir geht es gut. Und glaub mir – ich achte auf meine Gesundheit. Ich habe fest vor, so lange zu leben, bis … na ja, du weißt schon, bis ich ein gewisses Alter erreicht habe, ein höheres Alter.«
    Er hat etwas anderes sagen wollen, dachte Tara. Ich habe fest vor, so lange zu leben, bis … Das klang eher so, als ob er noch etwas Bestimmtes zu erledigen hatte.
    »Du könntest wirklich noch als junger Kerl von knapp sechzig durchgehen!«, versicherte sie ihm.
    Er zuckte die Schultern und quittierte das Kompliment mit einem Lächeln.
    Tara schwang sich auf den Schreibtisch und betrachtete das alte Buch, das er gerade las.
    Sie beschloss, nicht um den heißen Brei herumzureden. »Was geht dir momentan im Kopf herum? Ann macht sich Sorgen, weil du ihr gesagt hast, sie solle sich erkundigen, wie es um die Ausgrabung im Dorf bestellt ist.«
    Sein Lächeln verblasste, wurde wehmütig. »Sie hält mich für einen verwirrten alten Trottel.«
    »Nein, das würde sie nie tun. Aber sie macht sich Sorgen.«
    »Ich muss unbedingt erfahren, was dort los ist. Aber Ann hat sich bislang geweigert, es für mich herauszufinden. Na, zum Glück bist ja jetzt du da!«
    Er klang so aufgewühlt, dass Tara sofort klar wurde, warum sich ihre Cousine Sorgen machte. »Was hat es denn mit dieser Ausgrabung auf sich?«, fragte sie zögernd.
    »Ich muss wissen, wonach sie dort suchen. Und was sie gefunden haben.«
    »Einen Haufen alter Knochen, nehme ich an – schließlich buddeln sie in der Gruft einer säkularisierten Kirche.«
    »Ich muss wissen, was genau sie ausgegraben haben. Ich brauche die Pläne der Gruft. Ich muss herausbekommen, ob der Professor noch von anderen Wissenschaftlern unterstützt wird und wer bei diesem Projekt mitarbeitet. Ich bin der Meinung, dass die Arbeiten eingestellt werden sollten. Aber wenn ich nicht gründlich informiert bin, kann ich nichts tun. Tara, du musst dorthin, du musst alles so prüfen, wie ich es tun würde, wenn ich nur könnte. Ich muss sehr vorsichtig sein – meine Enkelin glaubt, dass ich den Verstand verliere. Wenn ich nicht aufpasse, kann es geschehen, dass man mich in ein Irrenhaus steckt. Aber so weit darf es nicht kommen!«
    »Großpapa, du bist ein Gelehrter, ein bekannter Schriftsteller!«
    »Ein Schriftsteller, der Romane und fantastische Märchen verfasst hat.«
    »Die aber wichtige Botschaften enthalten«, versicherte sie ihm.
    Doch das ärgerte ihn nur. »Es sind Romane. Alle werden denken, dass ich mich in meiner Romanwelt verloren habe und verrückt geworden bin. Ausgerechnet jetzt bin ich alt und krank und schwach!«
    »Ich verstehe nicht ganz«, meinte Tara.
    Er schien sie nicht zu hören. Er starrte in den alten Kamin, in dem dicke Scheite brannten und die lodernden Flammen von blauen, orangefarbenen, gelben, roten und hellgrauen Rauchwölkchen gekrönt wurden.
    »Großpapa …«
    »Du musst unbedingt für mich in diese Kirche«, sagte er.
    »Ich gehe gleich morgen«, erwiderte sie. »Versprochen.«
    »Morgen könnte es zu spät sein. Vielleicht ist es sogar heute schon zu spät, auch wenn meines Wissens bislang noch nichts Schlimmes passiert ist.«
    »Was
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