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Readwulf

Readwulf

Titel: Readwulf
Autoren: Sofi Mart
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Wo stehen wir? Gibt es überhaupt ein wir? Was wird aus uns? Wie geht es weiter? Wer zum Teufel bin ich wirklich?
    Ich brach die Stille und erzählte ihm von Harry und Marie Ann. Wie einsam ich nach ihrem Tot war und dass ich dachte, dieses Gefühl würde nie wieder verschwinden. Ich sah deutlich wie sein Mund lächelte, aber sein Blick wirkte wehmütig auf mich.
    »Was hast du?«
    »Darius war eher streng zu mir. Es gab klare Regeln an die ich mich stets zu halten hatte. Kein Spielen, kein Lachen, keine Freundschaften und kein Fröhlich sein. Am besten benahm ich mich, erwachsen. Und ab sieben, wie ein Mönch.« Seine Stimme klang bitter. »Ich konnte nie wirklich ein Kind sein oder wurde jemals liebevoll in den Arm genommen!«
    »Oh, Read«, begann ich, doch er unterbrach mich sofort: »Nein, nicht. Es ist alles in Ordnung. Ich habe mich durchgebissen und bin nachts allein in den Wald gelaufen. Dort war ich Räuber und Gendarm gleichzeitig und habe meine Fähigkeiten mit der Zeit immer besser selbst trainieren können. Später auf der Uni habe ich auch viel Schönes erlebt: Eine völlig neue Welt. Ich begriff, dass meine Kindheit nicht mein ganzes Leben bestimmen muss. Verstehst du?«
    »Ja, du lebst damit und hoffst auf gute Zeiten!« Ich nickte ihm zu.
    »So ungefähr!« Er lächelte und das Weiß seiner Zähne blitzte zwischen seinen Lippen hervor. Der Drang ihn zu küssen, war kaum zu unterdrücken. Ich hielt stand und kuschelte mich tief in seine Arme, froh nicht im Kloster aufgewachsen zu sein und erstmals auch Dankbar für Manons Opfer. Ich verstand: Es gab mindestens einen Menschen auf dieser Welt, der sich einsamer gefühlt hatte, als ich es hätte jemals sein können. Und das ich für Read wahrscheinlich das größere Wunder war.

    Die aufgehende Sonne war an diesem Morgen wunderschön und tauchte den ganzen Raum in ein zartes Orange. Ich löste meine Wange vorsichtig von seiner Brust, da ich ihn nicht wecken wollte und schlich auf Zehenspitzen ins Badezimmer. Mein Haar sah schrecklich aus im Spiegel, selbst Wasser konnte es nicht bändigen. Hatte ich so schlecht geschlafen? Ich erinnerte mich nicht.
    Nachdem ich wenigstens meine Zähne zum Glänzen gebracht hatte, schlüpfte ich wieder unter die Bettdecke. Reads Brustkorb hob und senkte sich. Sein Atem klang gleichmäßig. Seine schwarzen dichten Wimpern bewegten sich nicht. Er schlief.
    Diesen Mund nicht zu küssen, ihn nicht anziehend zu finden und sein markantes Gesicht nicht zu berühren, kostete mich einige Mühe. Ihn beim Schlafen zu beobachten war total fies, aber wahnsinnig faszinierend, wie ich fand. Und genau da kam mir ein Gedanke. Zu gern hätte ich gewusst, ob er gerade träumte. Und wenn JA: Was? Ich versuchte mich also zu konzentrieren und verschiedene Emotionen zu kombinieren. Doch es passierte nichts.
    Ich versuchte es mit Gedanken an leuchtende Augen, oder meine wilden Träume vom Wald.
    Nichts.
    In Gedanken flüsterte ich wieder und wieder seinen Namen.
    Nichts.
    »Verdammt! Wie macht der das nur?«, fluchte ich leise vor mich hin.
    Er hatte etwas Schlaf verdient, deshalb legte ich mich auf mein Kopfkissen und starrte an die Decke. Man, wieso klappt das nicht? Kann doch nicht so schwer sein. Vielleicht gehts nur, wenn ich ihm in die Augen schaue?

    Er stöhnte leise auf und drehte sich auf die Seite. Sein Gesicht sah so friedlich aus. Ein Haufen blöde Zitate fielen mir ein, wie: `Schau mir in die Augen Kleines´ oder `Die geheimsten Wünsche einer Frau muss man ihr von den geschlossenen Augen ablesen.´
    Ja, dass machte mich wütend und gerade als ich es ein für alle mal albern fand, flackerte erst ein kleines und dann ein immer stärker werdendes Leuchten für meinen Augen auf.
    Gleich versuchte ich es noch einmal. Read hatte Recht: Ich konnte ES. Die Frage war nur: »Was?«
    Ich richtete mich auf, kam ihm bis auf wenige Zentimeter näher und schloss die Lieder. Nähe könnte es verstärken , dachte ich und murmelte seinen Namen.
    »Herrin, lass mich dein Sklave sein«, hauchte er mir mit tiefer Stimme ins Ohr.
    Erschrocken riss ich die Augen auf und boxte ihm reflexartig in die Seite. Er schmunzelte und erklärte: »Hey, ich bin kein Versuchskaninchen. Ich zeig dir alles, hab ich doch versprochen! Frag doch einfach wies geht.«
    Von Null auf Hundert hatte er mich. Das konnte er perfekt. »Ich wollte nur wissen, ob du träumst«, zischte ich und meine Augen sprühten Feuer.
    Leicht benommen antwortete er: »Ich hab dich nicht lieb.
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