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Raylan (German Edition)

Raylan (German Edition)

Titel: Raylan (German Edition)
Autoren: Elmore Leonard
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sein und den nächsten Deal mit dir abwarten?« Raylan legte eine Pause ein. Dann sagte er: »Wenn du willst, helfe ich dir aus der Klemme.«
    »Aus was für einer Klemme? Haben Sie in meinem Motelzimmer vielleicht was gefunden? Ich bin Opfer eines Verbrechens geworden, und Sie wollen mich ins scheiß Gefängnis stecken, Mann?«
    Endlich nahm das Gespräch die gewünschte Richtung, Angel lag bereits auf der Bahre, unterwegs zum OP, Raylan lief nebenher und sagte: »Gib mir einen Namen. Ich schwöre bei meiner Großmutter, dass du für keine von beiden zahlen musst.«
    Angel schüttelte den Kopf und sagte: »Sie haben keine Ahnung, wozu diese Leute fähig sind.«
    »Vielleicht habe ich ja eine Ahnung, wenn du mir verrätst, wer sie sind.«
    »Um die zu finden, müssen Sie aber raus in die Berge fahren.«
    »Das, mein Freund, ist mein Job.« Sie kamen zu einer Tür, die vor ihnen aufschwang. »Ich gebe Lexington telefonisch die Namen durch, und die mailen mir dann die Akten. Eventuell kenne ich die Typen sogar.«
    Angel sagte: »Sie bauen Gras an, von hier bis nach West Virginia.«
    Raylan sah ihn an: »Es sind die Crowes, oder?«

Zweites Kapitel
    S üdlich von Barbourville verließ Raylan den vierspurigen Highway und fuhr Richtung Osten, durchquerte auf namen- und nummernlosen Teerstraßen und Schotterwegen die geschundenen Berge von Knox County, wo die Gipfel skalpiert und, der Kohle durch Tagebau beraubt, zu Abraumhalden geworden sind, die Bäche verfärbt vom Grubenwasser. Raylan folgte dem Stinking Creek bis zu der Gabelung, an der die Siedlung Buckeye in Sicht kam, und da war er auch schon, oben hinter dem Friedhof, der Lebensmittelladen der Crowes, der Name stand auf einem Coca-Cola-Schild über der Tür: Crowe’s Groceries & Feed .
    Raylan ließ Angels BMW an der offenen Ladentür vorbeirollen und hielt an. In Somerset hatte er den Wagen waschen lassen, außerdem trug er für seinen Besuch einen dunklen Anzug und Krawatte, damit Mr. Crowe gleich den richtigen Eindruck von ihm bekam. In der Newsweek -Reportage über die Gegend des Stinking Creek war Pervis ›Speed‹ Crowe als der größte Marihuanabauer in East Kentucky bezeichnet worden. Das Magazin zitierte Crowe: ›Das müssen Sie erst mal beweisen. Ich betreibe einen Laden für diese armen Leute, die mit ihren Lebensmittelgutscheinen aus dem Tal hochkommen. Hat mich jemals irgendjemand Hanf anbauen sehen?‹
    Und tatsächlich stand er hinter der Theke, an einer altmodischen Waage, mit der er Kartoffeln und Speck wog, auf den Regalen hinter ihm stapelten sich Säcke mit Mehl und Maisgrieß. Eier waren von zehn Cent das Stück herabgesetzt auf einen halben Dollar das Dutzend.
    Für Raylan sahen diese Art Läden immer gleich aus, überall kauften die immergleichen Leute wortlos das Lebensnotwendigste und überlegten eine Ewigkeit, ob sie noch neunundneunzig Cent für einen Biskuitkuchen, ein paar Süßigkeiten und Kool-Aid für ihre wartenden Kinder ausgeben sollten.
    Ein junges Mädchen saß in Shorts auf Säcken mit Viehfutter und trank RC Cola. Als Kind hatte sich Raylan in solchen Läden abgelaufene Babygläschen gekauft, weil er so schnell wie möglich groß werden wollte, um Bundesbeamter werden zu können, einer, der bewaffnete Bösewichter verfolgte.
    Das Mädchen auf den Viehfuttersäcken fixierte Raylan von unten, so, als wüsste es nicht, wo es ihn einordnen sollte und dächte lange darüber nach, was es zu ihm sagen könnte. Schließlich fragte es ihn sehr höflich: »Sir, fänden Sie es sehr dreist von mir, wissen zu wollen, was für einen Beruf Sie ausüben?«
    Raylan lächelte. »Und was ist jetzt die Frage, wie ich das fände oder was ich beruflich mache?«
    Pervis Crowe, der in der Newsweek nur ›Speed‹ genannt worden war, sagte: »Ein Mann im Anzug ist immer von der Drogenfahndung, das weißt du doch, Loretta. Kommen her und schnüffeln rum.«
    »Sie liegen falsch«, sagte Raylan. »Ich bin vom Marshals Service. Wir spazieren durch die Gegend und schnuppern an Blumen, bis man uns irgendwann mal auf Verbrecherjagd schickt. Soweit ich weiß, Mr. Crowe, haben Sie zwei Söhne, die illegale Geschäfte machen.«
    Pervis fragte: »Haben Sie Haftbefehle gegen sie?«
    »Hätte ich das, wären sie längst hinter Schloss und Riegel«, sagte Raylan. »Und Sie würden die beiden für die nächsten zwanzig Jahre nicht mehr zu Gesicht kriegen.«
    »Wo leben Sie denn?«, fragte Pervis. »Ich kenne keinen Richter, der mehr als ein paar Jährchen
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