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Das große Buch der Lebenskunst

Titel: Das große Buch der Lebenskunst
Autoren: Anselm Grün
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Erster Teil
Der Himmel auf Erden
    Hinführung
    Von Anton Lichtenauer
    W as ist das eigentlich, ein Lebenskünstler? Jemand, der sich auf die Sonnenseite stellt und nach dem
     Motto lebt: Take it easy – wer Sorgen hat, ist selber schuld?
    Augenzwinkernd stimmen viele darin überein: Am besten fährt noch immer, wer den lieben Gott einen guten Mann und Krummes gerade sein lässt. Wichtig ist
     doch: Mitnehmen, was geht. Und vor allem: Nichts anbrennen lassen. Aber hallo!
    Leben light also?
    »Schwerer werden. Leichter sein.« Paul Celan hat das gesagt: Es ist alles andere als die Devise jener Lebenskünstler der Uraltmarke
     »Schwerenöter« oder »Leichtfuß«. Eher ist es das Gegenprogramm dazu. Es ist – verdichtet – die präziseste Antwort darauf, was die Kunst des Lebens
     wirklich ausmacht.
    »Schwerer werden. Leichter sein.« Das ist tatsächlich eine Kunst: Polaritäten nicht ausschließen, sondern in der Balance leben. Beachten, was
     wirklichen Wert hat und damit dem Leben Gewicht geben. Und unnötigen Ballast abwerfen. Beides zusammenbringen: Bodenhaftung und Offenheit. Verwurzelt und
     frei leben. Erdverbunden, himmelwärts.
    Paul Celans Devise ist – bis in die Bildvorstellung hinein – gar nicht so weit weg von dem, was schon die alten Mönchsväter in der ägyptischen Wüste
     suchten und was heute neu entdeckt wird. Anselm Grün erinnert gern an ein Wort, das von Abba Antoniosüberliefert wird: »Wenn du siehst,
     dass ein junger Mönch mit seinem eigenen Willen nach dem Himmel strebt, halte seine Füße fest, ziehe ihn nach unten, denn es hat für ihn keinen
     Nutzen.«
    Der spirituelle weltferne Himmelsstürmer verliert sich nur in seinen eigenen Schwärmereien. Aber auch wer nur am Boden klebt, kann den Himmel nicht in
     sich tragen. »Geerdete Spiritualität« nennt Anselm Grün die Alternative dazu. Es ist seine Kurzdefinition von Lebenskunst.
    Dahinter steckt zunächst eine psychologische Erfahrung: Glück und Unglück haben ihre Wurzel in unserem eigenen Leben. Wer glücklich leben will, muss
     nicht vorher erst die Welt revolutionieren und auch nicht erst einmal die äußeren Umstände nach seinen Wünschen und Vorstellungen arrangieren. Schau in
     dich, erkenn dich selbst. Nach innen geht der Weg zum Glück – zunächst zumindest. Denn das, wonach wir uns sehnen und das, wovor wir Angst haben und
     wovor wir davonlaufen, tragen wir alles in uns. Unser eigenes Herz, unsere eigene Wirklichkeit ist der Humus für die Pflanze Glück.
    Dahinter ist aber auch eine feste Überzeugung: der Glaube, dass die Sehnsucht nach dem Himmel, nach einem »ewigen Leben«, unausrottbar in uns steckt,
     ja dass dies die eigentliche Wahrheit ist – auch wenn sie sich versteckt oder maskiert oder zugeschüttet und verdeckt ist. Wer das Geheimnis der
     Transzendenz nicht wahrnimmt, verpasst die Chance seines Lebens: »Leben in Fülle«.
    »Leben in Fülle« dieses Bild steht dafür, dass man das Himmlische im Alltag wirklich finden kann, im Hier und Heute, und nicht vertröstet wird auf ein
     Jenseits, irgendwann. Es meint aber auch: Wir können auch unsere Begrenztheit gelassen akzeptieren. Was wir jetzt schon erfahren können, ist etwas, dessen
     Vollendung in Fülle wir für uns erhoffen. Die Spannung zwischen Erwartung und Erfüllung hält uns jetzt lebendig – und sie wird einmalendgültig aufgehoben sein in der Erfüllung aller Sehnsucht. Dass wir begrenzt sind, zwingt uns also keineswegs, Leben krampfhaft »als
     letzte Gelegenheit« zu sehen und so viel wie möglich hastig-gierig noch schnell in uns hineinzuschlingen. Das Schwere wird leicht, wenn der Gedanke an den
     Tod noch das Gefühl der Dankbarkeit hervorruft, dass ich leben darf und mich achtsam dafür macht, dass ich jetzt bewusster lebe.
    Glücklichsein und Unglücklichsein hat also auch eine spirituelle Wurzel. Das heißt in der Konsequenz: Achtsam sein auf die Momente, in denen Ewigkeit
     in die Zeit einbricht, in denen alle Hektik aufhört und alle Gegensätze auf einmal aufgehoben sind. Die Beziehung zum Transzendenten ist entscheidend. Das
     macht meinen eigentlichen Wert aus. Das ist der Grund, der mir Sicherheit gibt. Ohne den Himmel über uns aber verlieren wir den Boden unter uns. Mit einem
     Baum kann man das vergleichen, der im Boden einwurzelt, aber seine Kraft auch aus den Ästen zieht, den »Luftwurzeln«, der Ausrichtung nach oben. Dieses
     Ausstrecken nach der Transzendenz, so Grün, bringt in Berührung mit einer Kraft, die
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