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Raylan (German Edition)

Raylan (German Edition)

Titel: Raylan (German Edition)
Autoren: Elmore Leonard
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Wasser ab. Während es um Angel herum ablief, wurde sein Bauch zu einer Insel in der Eiswasserwanne. An zwei Stellen der Insel war Blut.
    »Irgendwas ist mit ihm passiert«, sagte Raylan. »Da sind Klammern, die aussehen, als wären es Wundklammern. Oder wurde er operiert?«
    »Jemand hat auf ihn geschossen«, sagte Tim.
    »Glaube ich nicht«, sagte Raylan und starrte auf die beiden mit Klammern verschlossenen Schnittwunden.
    Rachel sagte: »Genauso haben sie’s letztes Jahr im Krankenhaus bei meiner Mutter gemacht. Einen Schnitt haben sie unter die Rippen und einen unter den Bauchnabel gesetzt. Ich hab sie gefragt, warum da und nicht hinten am Rücken.«
    Tim fragte: »Verrätst du uns vielleicht auch, was das für eine Operation war?«
    »Sie haben ihr die Nieren rausgenommen«, sagte Rachel. »Beide, und sie hat noch am selben Tag zwei neue gekriegt, von einem Kind, das ertrunken war.«
    Sie wickelten den zitternden Angel in eine Decke, trugen ihn ins Schlafzimmer und legten ihn aufs Bett. Sein Atem ging flach. Ohne die Augen zu öffnen, fragte er Raylan, der ihn anstarrte: »Was ist passiert?«
    »Warst du hier, um einen Deal abzuwickeln?«
    Angel zögerte. »Zwei Typen, die ich kenne. Bauen an. Wir haben was getrunken ...«
    »Und dann bist du in der Wanne gelandet«, sagte Raylan. »Wie viel hast du bezahlt?«
    »Geht Sie nichts an.«
    »Haben sie das Gras dagelassen?«
    »Sehen Sie doch«, sagte Angel.
    »Hier ist keins.«
    Angels Augen gingen auf. »Ich habe hundert Pfund gekauft, für zweiundzwanzigtausend Dollar. Hab’s selbst gesehen, hab auch was getestet.«
    »Du bist abgezogen worden«, sagte Raylan. »Die haben dich außer Gefecht gesetzt und sind mit der Kohle und dem Gras verschwunden.«
    Die Augen schlossen sich wieder, und während er unter der Decke seinen Bauch abtastete, sagte Angel: »Mann, tut das weh. Was haben die mit mir gemacht?«
    ***
    Raylan fühlte wieder Angels Puls. »Er hält durch, unser kleiner, zäher, was eigentlich? Puertoricaner? Dass ihn diese Hanfzüchter abziehen, kann ich mir ja vorstellen, aber warum nehmen sie seine Nieren mit?«
    »Wie in dieser alten Geschichte«, sagte Tim. »Ein Mann wacht auf, und ihm fehlt eine Niere. Hat keine Ahnung, wer sie ihm rausgenommen hat. Wird immer mal wieder erzählt, aber bisher konnte nie jemand beweisen, dass an der Story was dran ist.«
    »Jetzt ist es so«, sagte Raylan.
    »Ohne Nieren kann man nicht leben«, sagte Tim.
    »Nur schwer«, sagte Raylan. »Es sei denn, du kriegst schnell eine Dialyse. Ich kapiere nicht, was es diesen Haschbauern bringt, den Leuten die Nieren rauszureißen. Verdienen die mit ihrem Gras nicht genug? Eine ganze Leiche, hab ich mir sagen lassen, ist, wenn man sie in Teilen verkauft, an die Hunderttausend wert. Aber wer genug Gras verkauft, verdient mehr – und macht sich beileibe nicht so schmutzig wie beim Nieren-Dealen. Ich frage mich allerdings ...« Er hielt inne, dachte nach.
    Tim sagte: »Ja ...?«
    »Wer hat die OP gemacht?«
    Gegen Mittag kam Art Mullen, der leitende Marshal des Außendienstbüros von Harlan, im Motel vorbei. Raylan durchstöberte noch immer das Zimmer.
    Art fragte: »Wonach suchst du eigentlich?«
    »Die Techniker haben sich schon überall umgesehen und die Fingerabdrücke abgenommen«, sagte Raylan, »Angels Klamotten eingepackt, das blutige Verbandszeug, die Wundklammern und einen leeren Postsack. Aber keine Nieren. Wie geht’s Angel?«
    »Sie haben ihn auf die Intensivstation gebracht, er hängt an den Geräten.«
    »Wird er’s schaffen?«
    »Obwohl halb tot, hält es ihn, denke ich, am Leben«, sagte Art, »dass er stinksauer darüber ist, von diesen Grasdealern abgezogen worden zu sein. Er behauptet, die hätten mitgenommen, was er für das Kraut bezahlt hat, und ihn dann dem Tod überlassen.«
    »Und dass sie ihm die Nieren rausgeschnitten haben«, sagte Raylan, »hat er nicht erwähnt?«
    »Ich hab ihn mehrfach danach gefragt«, erwiderte Art. »Ich hab zu ihm gesagt, ›verrat uns, was das für Jungs waren, und wir holen dir deine Nieren zurück.‹ Sofort fing er an zu hyperventilieren, und die Schwester hat mich rausgescheucht. Also, diese Nieren«, sagte Art, »hat jemand herausgenommen, der sein Handwerk versteht.«
    Raylan sagte: »Ja, sie wurden von vorne rausgeschnitten.«
    »Man nimmt sie immer vorne raus. Aber das hier ist das neueste Vorgehen. Der Schnitt ist kleiner, und man durchtrennt keinen Muskel mehr.«
    »Falls du nichts dagegen hast«, sagte Raylan,
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