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Raumkundschafter Katman

Raumkundschafter Katman

Titel: Raumkundschafter Katman
Autoren: Horst Ansorge
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daß manche von ihnen ihm nicht nur dienstlich nahe gekommen war…
Harper ließ der jungen Frau Zeit, sich auf den nicht erwarteten Gesprächspartner einzustellen. Vielleicht genoß er auch nur die jugendliche Anmut der neuen Mitarbeiterin. Oder er überdachte, ob es richtig wäre, die jüngste Mitarbeiterin mit der schwierigsten Aufgabe zu betrauen. Immerhin ein Einsatz, der einen erfahrenen Fachmann verlangte. Aber dieses Mädchen war mit Katman verbunden, und das hatte den Ausschlag gegeben.
»Waren Sie mit Ihrem Urlaub zufrieden?«
»Danke, sehr.« Und nach eine kleinen Pause: »Wenn er nur nicht so kurz gewesen wäre.«
»Tut mir leid. Die Lage hat sich verändert, kann sein, es braut sich was zusammen. Der Kundschafter sollte jetzt besser dabei sein.«
Um Katman handelte es sich also. »Und weshalb gaben mir meine Vorgesetzten die Einsatzstufe Null, als ich um die Genehmigung bat, meinen Urlaub mit dem Raumkundschafter zu verbringen?«
Stufe, Null bedeutete, daß ihr Kontakt mit Katman zwar im Interesse der Behörde lag, aber keine Spesen gezahlt wurden.
Harper lächelte. »Ich nehme an, daß Sie dennoch Ihre Sibirienreise nicht selber finanzieren mußten?«
Leise lachend schüttelte sie den Kopf. »Katman ist Kavalier der alten Schule… und sehr liebenswert.«
Er nickte, wurde ernst. »Für die Raumbehörde war Katman durch die Yoga-Neun-Ereignisse zur Problemperson geworden, für uns jedoch relativ uninteressant geblieben.«
Sie schaute ihn fragend an.
»Er hat es Ihnen nicht erzählt?«
»Nein. Nur angedeutet, daß er in Schwierigkeiten steckte und vom aktiven Dienst beurlaubt sei.«
Also hatte Katman das Schweigegebot eingehalten. »Das Kontrollamt für Raumfahrt verlangte eine genaue Aufklärung des Todes von Ter Sierpen, Katmans Assistent auf Yoga Neun. Sierpen kam dort ums Leben. Es gibt den nicht unberechtigten Verdacht, daß Katman am rätselhaften Tode seines Gefährten Schuld oder doch Mitschuld tragen könnte.«
Sie blickte ungläubig.
»Immerhin war Katman Augenzeuge. Der einzige, außerdem der Vorgesetzte des Verunglückten.«
Sibyll schwieg.
»Die Raumfahrtbehörde entsandte die Sibir ins Yogasystem, um die Ereignisse auf Yoga Neun aufzuklären. Meine erste Frage an Sie: Halten Sie Katman für glaubwürdig?«
Sie zog die Augenbrauen zusammen. Eine brutale Frage. Vielleicht notwendig. Sie musterte ihren obersten Chef. Von der Beantwortung der Frage mochte viel abhängen. Von der richtigen Beantwortung. »Ich kenne Salek nur aus unserer kurzen Urlaubszeit.«
Harper nickte. »Falls Sie sich nicht äußern wollen – ich respektiere das.«
»Weshalb sollte ich nicht? Er hat nichts zu verbergen. Ich begehe also keinen Vertrauensbruch.« Außer dem, daß sie ihm ihre Tätigkeit für diese Behörde bisher verschwiegen hatte. »Ein wertvoller Mensch. Allerdings widersprüchlich. Er strebt nach Ungebundenheit und zugleich nach Verwurzlung, verlangt Spielraum, ist aber bereit, eigene Irrtümer zuzugeben. Er möchte möglichst selbständig leben und arbeiten – akzeptiert gleichzeitig seine Einordnung in die Hierarchie seiner Dienststelle. Er kann ungebärdig sein, aber billigt auch Gehorsam, der seiner Tätigkeit entsprechend von ihm gefordert wird.«
Sie hat ihn analysiert, dachte Harper. Doch sie ist in ihn verliebt, bis über beide Ohren. Von einem objektiven Urteil kann keine Rede sein. Aber ich muß es genau wissen, wie glaubhaft der Mann ist.
»Ist er ehrgeizig?«
»O ja.«
»Würde er um seines Rufes willen eigene Fehler vertuschen?«
Sie sah Harper unschlüssig an. »Rein gefühlsmäßig würde ich sagen: Nein. Aber ich weiß es nicht.«
»Hat er beim persönlichen Zusammensein mit Ihnen, um irgendetwas zu begründen oder zu erreichen…«, er zögerte, »… gelogen?«
»Hat er nicht.«
»Beklagte er seine Suspendierung vom Dienst?«
Sibyll überlegte. »Sie bedrückt ihn. Aber er jammerte nicht.«
»Bitte überlegen Sie Ihre Antwort genau. Würden Sie sich bei einem riskanten Vorhaben bedenkenlos seiner Führung anvertrauen?«
Sie blickte Harper herausfordernd in die Augen. »Jederzeit.«
Er begann gemessenen Schrittes auf und ab zu gehen. Eine klare Antwort. Nur etwas übereilt. Sie kennt ihn ja nicht, wie er im Einsatz ist. Der Mann übt einen anspruchsvollen Beruf aus. Einen Traumberuf. Jährlich bewerben sich Zehntausende, wenige kommen in die engere Auswahl, und nur zwei, höchstens drei werden ausgebildet. Und Katman brachte es zum Kundschafter der höchsten Qualifikation.
Der
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