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Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter
Autoren: Robin Hobb
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sie das Ufer erreichen. Das ist auch besser so. Denn ihre Leiber werden die anderen nähren und ihre Überlebenschancen erhöhen. Doch wenn sie in den Kokons sterben, ist nichts gewonnen. Dann ist alles verloren und bloße Enttäuschung.«
    Sisarqua wurde von Dunkelheit eingehüllt. Sie wusste nicht zu sagen, ob sie bis auf die Knochen durchgefroren oder mollig warm war. Noch während sie immer tiefer sank, spürte sie das betroffene Schweigen des jungen Elderlings. Als er endlich etwas sagte, drangen die Worte mehr aus seinen Gedanken als aus seinem Mund zu ihr. »Die Regenwildlinge hätten gern die Hüllen von denen, die sterben. Sie nennen das Material ›Hexenholz‹ und haben vielerlei Verwendung dafür …«
    » NEIN! « Sisarqua war von der energischen Verweigerung der Drachin so überrascht, dass sie kurz das Bewusstsein wiedererlangte. Doch ihr ausgemergelter Leib konnte den Zustand nicht lange aufrechterhalten, sodass sie beinahe im selben Moment wieder hinabzusinken begann. Tintaglias Worte folgten ihr hinunter an einen Ort jenseits der tiefsten Träume. »Nein, kleiner Bruder! Alles, was vom Drachen ist, gehört den Drachen. Im Frühling werden einige dieser Hüllen aufbrechen. Die Drachen, die aus ihnen schlüpfen, werden die Hüllen und Körper derjenigen fressen, die nicht schlüpfen. So ist es unsere Art, und auf diese Weise wird unser Wissen bewahrt. Diejenigen, die sterben, verleihen denen Kraft, die weiterleben.«
    Sisarqua blieb nur noch ein kurzer Augenblick, um sich zu fragen, zu welchen sie wohl gehören würde. Dann überwältigte sie die Finsternis.

Siebzehnter Tag des Hoffnungsmonds

    Siebzehnter Tag des Hoffnungsmonds
    IM SIEBTEN JAHR DER HERRSCHAFT DES ERLAUCHTEN
UND PRÄCHTIGEN SATRAPEN COSGO
    IM ERSTEN JAHR DES UNABHÄNGIGEN HÄNDLERBUNDS
    Von Detozi, Vogelwart in Trehaug,
    an Erek, Vogelwart in Bingtown
    Anbei findet Ihr die förmliche Bitte des Konzils der Regenwildnis um angemessene und pünktliche Bezahlung der zusätzlichen und unvorhergesehenen Kosten, die uns durch die Pflege der Schlangenhüllen für den Drachen Tintaglia entstanden sind. Der Rat wünscht eine rasche Antwort.
    Erek,
    eine Frühlingsspringflut hat uns schwer getroffen. Einige der Drachenhüllen wurden erheblich beschädigt, und manche sind gänzlich verschwunden. Auf dem Fluss ist ein kleiner Kahn gekentert, und ich fürchte, dass die jungen Tauben an Bord waren, die ich Euch sandte, um den Schlag in Bingtown aufzufüllen. Sie sind alle dahin. Ich werde meinen Vögeln gestatten, mehr Eier zu legen, und Euch die Brut zusenden, sobald sie geschlüpft ist.
    Trehaug ist nicht mehr dieselbe dieser Tage. Überall sieht man tätowierte Gesichter. Mein Meister hat mir verboten, Dokumente nach dem Jahr unserer Unabhängigkeit zu datieren, aber ich setze mich darüber hinweg. Aus Gerüchten wird einst Wirklichkeit werden, da bin ich mir ganz sicher!
    Detozi

1 · Der Flusskapitän
    1
    Der Flusskapitän
    E igentlich hätte schon Frühling herrschen müssen. Dafür war es verdammt kalt. Verdammt kalt, um an Deck zu schlafen, anstatt im Deckshaus. Gestern Abend, mit dem ganzen Rum im Leib und einem Streifen ferner Sterne, die durch eine Lücke im Dach des Regenwalds gefunkelt hatten, hatte er es noch für eine gute Idee gehalten. Die Nacht war nicht so frostig gewesen, die Insekten hatten in den Gipfeln der Bäume gezirpt, die Nachtvögel hatten einander zugerufen, und die Fledermäuse waren mit hohen Rufen über dem Fluss dahingeschossen. Es hatte den Anschein einer angenehmen Nacht gemacht, in der man sich an Deck ausstrecken, in die Welt ringsum blicken und den Fluss, die Regenwildnis und überhaupt die ganze Welt genießen konnte. Teermann hatte ihn sanft gewiegt, und alles war bestens gewesen.
    In der stahlgrauen Dämmerung allerdings, als Haut und Kleider von Tau benetzt und seine Gelenke steif waren, kam es ihm wie eine verdammt törichte Laune vor, eher einem zwölfjährigen Jungen angemessen als einem Flussschiffer von knapp dreißig Jahren. Langsam setzte er sich auf und leerte bedächtig seine Lungen. Sein Atem bildete Wölkchen in der kalten Morgendämmerung. Mit einem herzhaften, vom Rum der vergangenen Nacht geschwängerten Rülpser sah er dem Schauspiel zu. Dann sprang er mit einem unterdrückten Grummeln auf und blickte sich um. Morgen. Ja. Er ging zur Reling und pinkelte in den Fluss, während er im Geiste den Tag durchging. Über ihm, in den Baumwipfeln, waren die Tagvögel erwacht und riefen einander zu.
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