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Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter
Autoren: Robin Hobb
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Blut verschmiert, und der Drache lag in einer Blutlache. Wie unauffällig!
    Mit dem Fuß schob er Schlick in die Blutpfütze, riss Gras aus, um es darüberzubreiten, und häufte noch mehr Schlamm darauf. Ihm schien, als brauche er Stunden dafür. Im Mondlicht konnte er nicht erkennen, ob am Boden oder am Hals des Drachen trotz seiner Bemühungen noch rote Spuren sichtbar waren. Die Kreatur schlief weiter. Wenigstens würde sie sich nicht an ihn erinnern.
    Er kehrte zum Kahn zurück und wollte eigentlich an Bord klettern. Stattdessen verbrachte er eine qualvolle Stunde im Schatten des Bugs, während Leftrin und Alise sich über ihm ausgerechnet über Knoten unterhielten. Als die beiden endlich verschwanden, hangelte er sich die Strickleiter hinauf und flüchtete in seine Kabine. Dort hatte er hastig frische Kleider angezogen und die kostbaren Schuppen und das Blut in seinem Koffer verstaut. Es hatte ihn drei Versuche gekostet, bis er endlich seine Schlamm- und Blutspuren auf Deck entfernt hatte. Leftrin und Alise hatten ihn beinahe ertappt, als er die schmutzigen Kleider und die ruinierten Schuhe über Bord geworfen hatte. Wenn sie nicht so sehr ineinander vertieft gewesen wären, hätten sie ihn bestimmt bemerkt.
    Aber sie hatten ihn nicht entdeckt, und das Fläschchen mit Blut, das er nun in Händen hielt, war der Lohn für all das, was er durchgestanden hatte. Er betrachtete das Blut, das langsame Wabern und Fließen der roten Flüssigkeit. Wie Schlangen, die sich umeinander wanden, dachte er, und ein geisterhaftes Bild ineinander verflochtener Seeschlangen im blauen Dämmerlicht der Meerestiefen schlich sich in sein Bewusstsein. Mit einem Kopfschütteln verscheuchte er die Vorstellung und unterdrückte das plötzliche Verlangen, den Kolben zu entstöpseln und an seinem Inhalt zu riechen. In seinem Koffer hatte er Siegelwachs. Er sollte etwas davon schmelzen und am Flaschenhals auftragen, damit das Gefäß dicht blieb. Ja, das sollte er. Er würde es später machen.
    Der Anblick seines Schatzes bescherte ihm eine eigenartige innere Ruhe. Er legte das Fläschchen in das Geheimfach zurück und nahm ein kleines, flaches Zedernholzkästchen heraus. Er schob den Deckel auf und sah hinein. Auf einem Salzbett ruhten darin die Schuppen, die im spärlichen Licht leicht schillerten. Er schob den Deckel wieder zu, stellte das Kästchen ins Geheimfach und schloss auch dieses. Wahrscheinlich war der braune Drache tot. Und sie würden ihn nicht verdächtigen, wurde ihm plötzlich klar. Denn er hatte seine Spuren gut verwischt. Er hatte das Blut beseitigt, und die Stichwunde seiner Klinge war so winzig, dass niemand sie finden würde. Er hatte das Biest auch nicht getötet, nicht richtig. Jeder hatte gesehen, dass es ohnehin schon kurz vor dem Verenden war. Sollte sein Aderlass den Tod des Braunen beschleunigt haben, so hatte er ihn doch nicht verursacht. Zudem handelte es sich nur um ein Tier, ganz gleich, wie sehr Alise auch herumheulen würde. Ein Drache war lediglich ein Tier, nicht anders als eine Kuh oder ein Huhn, und der Mensch sollte damit verfahren, wie es ihn gutdünkte.
    Genau das Gegenteil ist der Fall.
    Dieser fremde Gedanke drängte sich so unvermittelt in sein Bewusstsein, dass er zurückschreckte. Das Gegenteil? Drachen sollten mit den Menschen verfahren, wie es ihnen gutdünkte? Absurd. Woher war ihm nur diese törichte Idee gekommen?
    Er glättete sein Jackett, entriegelte die Tür und trat auf Teermanns Deck.

Fünfter Tag des Gebetsmonds

    Fünfter Tag des Gebetsmonds
    IM SECHSTEN JAHR DES UNABHÄNGIGEN HÄNDLERBUNDS
    Von Erek, Vogelwart in Bingtown,
    an Detozi, Vogelwart in Trehaug
    Ein Brief des Händlers Kincarron an die Konzile in Trehaug und Cassarick, in dem er seine Verwirrung und Beunruhigung über den Vertrag äußert, den das Konzil mit seiner Tochter, Alise Kincarron Finbok, geschlossen hat, nebst der Bitte um Klärung. Rasche Antwort ist erwünscht.
    Detozi,
    als Händler Kincarron diesen Brief aufgegeben hat, versprach er eine stattliche Prämie, sollten sowohl seine Anfrage als auch die Antwort schnell zugestellt werden. Wenn Ihr ein Konzilsmitglied dazu bewegen könntet, noch vor Tagesablauf eine Antwort abzufassen, und Ihr diese mit Eurer schnellsten Taube zurücksenden würdet, würde ich die Schuld für die Erbsen als beglichen betrachten.
    Erek
    Das Abenteuer geht weiter in:
    ROBIN HOBB
       Drachenkämpfer
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