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Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter
Autoren: Robin Hobb
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und ihre Fähigkeit, Kinder zu gebären, an ihn prostituiert im Tausch gegen die von ihm gebotene Sicherheit und Stellung. Sie war den Handel eingegangen und hatte ihn unterschrieben. Ein Händler taugte nur so viel wie seine Versprechen, hieß es. Sie hatte ihr Wort gegeben. Was war es wert?
    Selbst wenn sie es zurücknehmen würde, wenn sie es treulos brechen würde, wäre sie dennoch nur die kleine unscheinbare Frau aus Bingtown und nicht das, was sie sein wollte. Sie wagte kaum darüber nachzudenken, was das war, nicht nur, weil es so unerreichbar war, sondern auch weil der Traum überspannt und kindisch war. In dem Dunkel, das ihre Arme einfassten, schloss sie die Augen und dachte an Althea, die Frau des Kapitäns von Paragon . Sie hatte diese Frau barfuß übers Deck laufen sehen, in Hosen, wie ein Mann. Sie erinnerte sich, wie Althea vorne bei der Galionsfigur gestanden hatte, das Haar vom Wind zerrauft und die Lippen zu einem Lächeln verzogen, weil sie mit dem Schiffsjungen Scherze ausgetauscht hatte. Und dann war Kapitän Trell die Leiter zum Vordeck hinaufgesprungen, um sich zu ihr zu gesellen. Ohne sich anzuschauen, hatten Althea und ihr Mann sich aufeinander zubewegt wie eine Nadel, die von einem Magneten angezogen wird. Sie hatten sich in die Arme geschlossen, als wären sie die beiden Hälften des Gottes Sa, die wieder eins wurden. Bei dem Anblick hatte Alise gedacht, dass Herz würde ihr gleich vor Neid brechen.
    Wie es wohl war, einen Mann zu haben, der einen einfach umarmen musste, sobald er einen nur sah? Auch wenn man sich erst Stunden vorher vom gemeinsamen Ehebett erhoben hatte? Alise versuchte sich vorzustellen, sie wäre so frei wie diese Althea und würde barfuß über Teermanns Deck laufen. Würde sie sich jemals so an die Reling lehnen können, dass sie den Eindruck vermittelte, sie habe von dem Schiff vollkommen Besitz ergriffen und vertraue ihm? Dann versuchte sie, Leftrin einmal leidenschaftslos zu betrachten: Er war ungehobelt und ungebildet. Bei Tisch erzählte er Witze, und sie hatte erlebt, dass er über einen grobschlächtigen Scherz eines Matrosen so heftig hatte lachen müssen, dass ihm der Tee aus dem Mund gespritzt war. Er rasierte sich nicht täglich und wusch sich nicht so oft, wie es sich für einen anständigen Mann gehörte. An den Ellbogen waren seine Hemden abgenutzt, genau wie seine Hosen an den Knien. Seine kurzen Fingernägel waren rissig und rau. Während Hest groß, schlank und elegant war, war Leftrin vielleicht gerade mal ein Zoll größer als sie selbst, hatte breite Schultern und einen massigen Leib. Ihre Freundinnen in Bingtown würden sich abwenden, wenn jemand wie er sie auf der Straße ansprechen würde.
    Dann kamen ihr seine grauen Augen in den Sinn, grau wie der Fluss, den er so liebte, und sie schmolz dahin. Sie dachte an die roten Flecken auf seiner unrasierten Wange, und seine Lippen, die röter und voller waren als die von Hest mit seinem kultivierten Lächeln. Sie sehnte sich danach, diesen Mund zu küssen und diese schwieligen Hände zu spüren, wie sie ihren Leib an seinen drückten. Sie vermisste die Nächte in seiner Koje, vermisste seinen Duft, der seine Kajüte erfüllte und in seinem Bettzeug hing. Sie begehrte ihn, wie sie nie zuvor etwas oder jemanden begehrt hatte. Wenn sie an ihn dachte, wurde ihr ganz warm, auch wenn ihr die Tränen kamen.
    Sie richtete sich auf und wischte das nutzlose Nass energisch aus den Augen. »Nimm, was du kannst, solange sich dir die Gelegenheit bietet«, riet sie sich streng. Kurz wunderte sie sich, warum das Schiff noch nicht vom Ufer abgelegt hatte. Sie trocknete sich noch einmal gründlich die Augen, ordnete ihr launisches Haar und trat an die Tür. Sie würde ihr Wort, das sie Hest gegeben hatte, nicht brechen. Sie hatten ein Abkommen getroffen, dass sie sich gegenseitig treu bleiben würden. Das würde sie respektieren.
    Nach dem Dämmerlicht ihrer Kammer blendete sie das späte Morgenlicht. Sie kam aufs Deck und bemerkte mit Erstaunen, dass Sedric mit Leftrin an der Reling stand. Beide starrten Richtung Ufer. »Ich werde mal nachsehen, was da los ist«, sagte Leftrin und ging zum Bug. Alise eilte zu Sedric.
    »Was ist passiert?«
    »Ich weiß es nicht. Irgendein Tumult unter den Hütern. Der Kapitän ist unterwegs, um sich zu erkundigen. Wie geht es dir heute Morgen, Alise?«
    »Ganz gut, danke.« Am Ufer wurden aufgeregte Stimmen laut. Hüter rannten umher. Schläfrig hoben die Drachen die Köpfe, um nach
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