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Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter
Autoren: Robin Hobb
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war ihm klar geworden, dass er nie eine bessere Gelegenheit bekommen würde als heute Nacht.
    Es war nicht sonderlich schwer gewesen, sich nachts vom Schiff zu stehlen. Jeden Abend ließ Leftrin Teermann so weit ans Ufer ziehen, dass sein Bug auf der Sandbank aufsaß. Und zwar so nahe wie möglich am Schlafplatz der Drachen. Manchmal schliefen die Hüter an Bord, manchmal betteten sie sich an Land neben ihren Schützlingen. Er hatte Glück gehabt. Die Drachen hatten sich für die Nacht an einem mit Gras bewachsenen Uferabschnitt niedergelassen, und die Hüter hatten beschlossen, Treibholz zu sammeln und bei ihnen zu nächtigen. Die Wache hatte Leftrin selbst übernommen. Alise war Sedrics unwissende Komplizin geworden, denn sie hatte den Kapitän so gründlich abgelenkt, dass er sich mühelos vom Schiff hatte schleichen können.
    Die Glut des niedergebrannten Lagerfeuers und der nahezu volle Mond hatten genug Licht gespendet, um sich zurechtzufinden. Er war über niedergetrampeltes Gras und durch Pfützen gestakst und hatte sich damit abgefunden, dass seine Stiefel und Hosen mit Schlick durchtränkt und verkrustet sein würden, wenn er erst wieder auf das Schiff zurückkehren würde. Früher am Abend hatte er die Drachen wohlweislich beobachtet, als sie sich zur Ruhe gelegt hatten. Deshalb wusste er ungefähr, wo der erschöpfte Braune schlief. Es war spät gewesen, und sowohl Drachen als auch Hüter hatten tief geschlafen, während er sich behutsam durch ihre Reihen geschlichen hatte. Der kränkliche Drache lag allein am Rand des Lagers. Er hatte sich nicht gerührt, als Sedric sich genähert hatte. Erst hatte er gedacht, er wäre bereits tot. Er sah keinerlei Bewegung und hörte nicht die Spur eines Atemholens. Indem er allen Mut zusammennahm, legte er zaghaft die Hand auf die Schulter der Kreatur. Der Drache reagierte nicht. Sedric übte leichten Druck aus, und dann stieß er ordentlich zu. Der Drache hatte ein Geräusch wie Niesen von sich gegeben, bewegte sich aber nicht. Da hatte Sedric das Messer gezückt.
    Eigentlich hatte er die Absicht gehabt, ein paar Schuppen zu erlangen. Dafür war die Schulter bestens geeignet. Während Alises Bemühungen um ein Gespräch hatte er die Gelegenheit genutzt, die Drachen zu beobachten. Daher wusste er, dass die größeren Schuppen meist an der Schulter, den Hüften oder dem breiten Schwanzansatz saßen. Im bleichen Mondlicht hatte er die Messerklinge unter eine Schuppe geschoben, hatte sie mit dem Daumen gegen den Stahl gepresst und ruckartig daran gerissen. Doch die Schuppe wollte sich nicht so einfach lösen. Es war, als ziehe man einen Teller vom untersten Ende eines Stapels hervor. Aber dennoch hielt er bald eine von Blut schimmernde Schuppe in der Hand. Der Drache zuckte, schlief aber weiter. Offenbar war er zu schwach, um etwas zu unternehmen.
    Drei weitere Schuppen, jede so groß wie seine Hand, riss Sedric aus der Kreatur, wickelte sie sorgfältig in Taschentücher und verstaute sie in der Brusttasche seines Hemds. Fast wäre er wieder zum Kahn zurückgekehrt, denn er wusste, dass ihm schon eine der Schuppen ein Vermögen einbringen würde. Ein Vermögen mochte ihm wohl die Freiheit erkaufen, aber Sedric bezweifelte, dass er Hest damit an seine Seite binden konnte. Nein. Nun, da er das Risiko schon einmal auf sich genommen hatte, wollte er es auch ganz darauf ankommen lassen: Entweder er würde so viel gewinnen, dass er wie ein König leben konnte, oder er brauchte sich erst gar nicht die Mühe machen. Er wäre ein Narr, würde er jetzt aufhören, wo er so nahe daran war, sein Glück zu machen.
    Er hatte seine Werkzeuge mit Bedacht ausgewählt. Das kleine Messer, zu dem er nun griff, war ein Schlachterwerkzeug. Man erstach Schweine damit, wenn man ihr Blut für Wurst gewinnen wollte. Es hatte ihn erstaunt, dass es solche Messer gab, aber als er es entdeckt hatte, hatte er es sofort gekauft. Es war kurz, scharf und hatte eine Blutrille, die sich im Holzgriff als Röhre fortsetzte, sodass man damit Blut abzapfen konnte.
    Er hatte sich neben dem Hals des Tieres, gleich hinter dem Kinn, positioniert. Er schlug nach den Moskitos, die ihn entdeckt hatten und ihm hungrig um Nacken und Ohren schwirrten. »Nur ein besonders großer Moskito«, beruhigte er den bewusstlosen Drachen. Er hob eine der Halsschuppen an, umfasste das Messer fest und stieß es der Kreatur ins Fleisch.
    Die Klinge war so scharf, wie ein Wetzstein sie nur machen konnte. Dennoch musste er alle Kraft
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