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Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter
Autoren: Robin Hobb
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die Flut hatte es zwischen den Bäumen eingeklemmt. Ein Ende des Holzes hatte sich tief in den Morast gebohrt, während das andere schräg nach oben ragte und mit angespültem Treibgut umwickelt war. Erst wollte er den pflanzlichen Unrat herunterreißen, um das Holz genauer betrachten zu können, doch dann entschied er, die natürliche Tarnung zu belassen. Rasch ging er zum Kahn zurück und holte klammheimlich ein Stück aufgewickeltes Tau aus dem Spind. Damit hastete er zu dem Block zurück und vertäute ihn sicher. Das war zwar eine schweißtreibende Aufgabe, aber am Ende hatte er die Gewissheit, dass sein Schatz auch dann an Ort und Stelle blieb, falls noch einmal eine Flut käme.
    Als er zurücktrottete, spürte er, dass sich der schwere Strumpf in einem seiner Stiefel mit Wasser vollsog. Allmählich fing der Fuß an zu brennen. Fluchend beschleunigte er seinen Gang. Beim nächsten Halt würde er sich neue Stiefel kaufen müssen. Parroton war eine der kleinsten und jüngsten Siedlungen am Regenwildfluss. Dort war alles teuer, und Ochsenhautstiefel aus Chalced würde man nur schwer finden. Zudem wäre er der Gnade desjenigen ausgeliefert, der überhaupt ein Paar davon verkaufte. Kurz darauf verzog sich sein Mund zu einem bitteren Lächeln. Eben hatte er ein Holzstück gefunden, das zehn Jahre Arbeit auf dem Kahn aufwog, und er beklagte sich im Stillen darüber, was ihn ein Paar Schuhe kosten würde. Wenn das Holz erst einmal zu Brettern zersägt und unter der Hand verkauft wäre, würde er sich nie wieder Gedanken um Geld machen müssen.
    Mit den Gedanken war er schon mitten in der Planung. Früher oder später würde er entscheiden müssen, wen er ins Vertrauen ziehen und in sein Geheimnis einweihen sollte. Denn er brauchte zum Bedienen der Zweimannsäge noch einen Helfer und Leute, die die schweren Bretter vom Wald zum Kahn trugen. Seine Vettern? Wahrscheinlich. Denn Blut war dicker als Wasser, selbst als das schlammige Wasser des Regenwildflusses.
    Würden sie auch verschwiegen genug sein? Er glaubte schon. Doch sie mussten behutsam vorgehen. Frisch gesägtes Hexenholz war unverwechselbar, denn es besaß einen silbernen Glanz und einen unverkennbaren Duft. Als die Händler der Regenwildnis es entdeckten, hatten sie es zunächst nur geschätzt, weil es dem ätzenden Flusswasser widerstand. Sein eigenes Schiff, Teermann , war eines der Ersten, dessen Rumpf mit Planken aus Hexenholz verkleidet worden war. Damals hatten die Handwerker der Regenwildnis nichts von den magischen Kräften geahnt, die das Holz in sich barg. Sie hatten lediglich einen Vorrat getrockneter Bretter ausgeschlachtet, den sie in einer versunkenen Stadt entdeckt hatten.
    Erst als sie große, kunstvolle Schiffe gebaut hatten, die nicht nur den Fluss, sondern auch die küstennahen Gewässer der Meere befahren konnten, hatten sie die wahre Macht dieses Materials entdeckt. Das Erstaunen war groß, als Generationen später, nachdem die Schiffe gebaut worden waren, die Galionsfiguren plötzlich zum Leben erwachten. Sie bewegten sich und sprachen, und alle Welt wunderte sich darüber. Viele solcher Lebensschiffe gab es nicht, und sie wurden eifersüchtig gehütet. Nie wurde eines an jemanden außerhalb des Händlerbunds verkauft. Nur ein Händler aus Bingtown konnte ein Lebensschiff erwerben, und nur mit einem Lebensschiff konnte man den Regenwildfluss befahren. Die Rümpfe herkömmlicher Schiffe widerstanden dem säurehaltigen Flusswasser nicht lange genug. Die geheimen Städte der Regenwildnis hätte man kaum besser schützen können als auf diese Weise.
    Erst viel später war zutage getreten, um was es sich bei dem Hexenholz tatsächlich handelte. Die enormen Blöcke in der Kammer des Gekrönten Hahns bestanden gar nicht aus Holz. Es waren vielmehr die Kokons zukünftiger Drachen, die vor langer Zeit in die Stadt geschleppt worden waren, um sie vor einem Vulkanausbruch in Sicherheit zu bringen. Was das in letzter Konsequenz bedeutete, darüber wollte niemand sprechen. Die Drachin Tintaglia war aus einem der Kokons geschlüpft. Wie viele der anderen »Klötze« wohl lebende Drachen enthalten hatten, als man sie auseinandergesägt und zu Schiffsplanken verarbeitet hatte? Darüber sprach niemand. Nicht einmal die Lebensschiffe äußerten sich zu den Drachen, die sie hätten werden können. Selbst die Drachin Tintaglia schwieg sich zu diesem Thema aus. Nichtsdestotrotz ging Leftrin davon aus, dass sein Fund beschlagnahmt werden würde, sollte jemand
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