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Radieschen von unten

Radieschen von unten

Titel: Radieschen von unten
Autoren: Frida Mey
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Zwischenzeit kann Frau Weiss Ihnen Ihren Arbeitsplatz zeigen.«
    Während das junge Mädchen sich im Vorraum an der Kaffeemaschine zu schaffen machte und Juliane zurück zu ihrer Besprechung ging, hatte Elfie Zeit, sich umzusehen. Nach den großzügig gestalteten Räumen im Eingangsbereich des Beerdigungsinstituts fand man sich hier wie in einem Verlies wieder. Fensterlos, grelles Neonlicht, abgestandene Luft und ein muffiger Geruch nach Staub und altem Papier. Die Schreibtische standen dicht an dicht. Metallregale an den Wänden quollen über von Ordnern und Aktenstapeln.
    »Ganz schöner Mief hier drin«, kommentierte Frau Weiss Elfies Sprachlosigkeit. »Was meinen Sie, wie eng es erst mal wird, wenn wir zu viert sind.«
    »Wieso zu viert?«, fragte Elfie.
    »Morgen wird Herr Bornekamp wohl wieder da sein, und dann hat Herr Knörringer noch jemanden eingestellt, der eine Homepage für das Unternehmen einrichten und ins Internet stellen soll.
    »Und wo ist dann mein Platz, Frau Weiss?«
    »Sagen Sie einfach Saskia.«
    Elfie nickte. »Ich bin Elfie Ruhland.«
    Sie streckte Saskia die Hand entgegen, die diese nachleichtem Zögern ergriff, den Druck allerdings nicht erwiderte.
    »Das da ist Ihr Platz.« Saskia wies auf einen weißen Gartentisch aus Plastik, der so mit Papieren, Heftern und Zetteln übersät war, dass die Tischbeine sich unter dem Gewicht der Stapel nach außen bogen.
    Elfie ließ sich auf den davor stehenden Stuhl fallen, einen weißen Gartenstuhl, der ein erschrecktes Quietschen von sich gab.
    Als Saskia sich setzen wollte, stieß sie sich die Hüfte an der Schreibtischecke. »Fuck!«, murmelte sie und rieb sich die schmerzende Stelle.
    Du meine Güte, vier Personen in diesem engen Schuppen – da ging es wohl nicht ohne blaue Flecken ab.
    Elfie sah auf den Gartentisch und betrachtete den Papierberg, der auf ihre ordnenden Hände wartete.
    »Wie soll ich denn da ein System reinbringen? Ich habe ja nicht einmal ein barmherziges Plätzchen, um irgendetwas abzulegen, ganz zu schweigen von einer Schublade.« Sie sah zu Saskias Schreibtisch, der relativ leer wirkte.
    »Ob wir vielleicht die Plätze tauschen könnten«, wagte sie einen Vorstoß in Saskias Richtung.
    Keine Antwort. Das junge Mädchen hatte bereits die Kopfhörer wieder eingestöpselt und summte irgendeine Melodie vor sich hin.
    Elfie wiederholte ihre Frage, dieses Mal etwas lauter.
    Saskia nickte unwirsch und brummelte: »Wenn’s sein muss. Aber meinen Drehstuhl nehme ich mit.«
    Mit beiden Händen schaufelte Elfie die Berge von Zetteln vom Gartentisch auf die Schreibtischfläche, sorgsam darauf bedacht, dass nichts zu Boden fiel. Saskia rollte ihren Bürostuhl vor den Gartentisch, schraubte ein wenig daran herum,weil die Höhe nun nicht mehr passte. Elfies Gartenstuhl stellte sie vor den Schreibtisch. Immerhin!
    »Irgendwo muss noch eine Auflage dafür herumliegen«, meinte sie, steckte sich wieder die Stöpsel in die Ohren und kümmerte sich nicht weiter um Elfie.
    Diese sah sich suchend um. Tatsächlich, in einem der oberen Regale klemmte etwas Kissenähnliches. Knallbunte Blumen auf grünem Untergrund. Der einzige Farbfleck in diesem Büro, der allerdings auch nicht zur Verschönerung des Ganzen beitrug. Elfie schüttelte die Auflage aus, Staubmäuse wirbelten durch die Luft, segelten dann auf die Papiere. Sie nieste.
    »Gesundheit«, murmelte Saskia, ohne aufzublicken.
    Elfie räumte ihre Schreibtischschublade ein, reichte vorher eine kleine Schachtel mit den Piercings und anderen Kleinigkeiten zu Saskia hinüber, die sich ratlos umsah und die Schachtel dann etwas unwillig zu ihren Füßen abstellte. Elfie griff nach dem Beutel, in dem sie immer ihre eigenen Utensilien von einem Arbeitsplatz zum nächsten beförderte. Stifte in allen Farben, Lineal, Anspitzer. In die Mitte des Fachs legte sie wie immer den Füllfederhalter mit der Goldfeder. Ein Geschenk von Ludwig.
    In diesem Augenblick öffnete sich die Feuerschutztür, und Juliane Knörringer baute sich vor Saskia auf.
    »Ich sage Ihnen jetzt zum letzten Mal, was ich von Ihnen bei der Arbeit erwarte: keine Kopfhörer, keine Piercings und eine dezente Garderobe. Wir sind schließlich ein Bestattungsunternehmen, da ist ein würdiges und geschmackvolles Auftreten wichtig.«
    Na, dezent waren diese falschen Wimpern auch nicht gerade, dachte Elfie und hoffte, dass die Bestatterin mit ihrer Tirade am Ende wäre.
    Doch die stieß einen theatralischen Seufzer aus und holte nur einmal tief
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