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Radieschen von unten

Radieschen von unten

Titel: Radieschen von unten
Autoren: Frida Mey
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plötzlich etwas lebhafter. »Meine Mutter liebte Kirschbaumholz. Sie hatte einen kleinen Sekretär aus Kirschbaum.«
    »Sehen Sie, da sind wir uns ja ganz schnell einig geworden. Zu Kirschbaumholz würde ich Ihnen unbedingt das Bronzekreuz drüben neben der Tür empfehlen. Das hebt sich besonders gut ab, passt sich aber in Wärme und Art auch wiederum hervorragend an.«
    »Ihre Angestellte hat mir gesagt, dass man auch ein eigenes Kreuz nehmen …«
    »Natürlich könnten Sie ein eigenes Kreuz mitbringen, aber brauchen Sie das nicht als Andenken an Ihre Mutter? Ich würde es an zentraler Stelle in meinem Schlafzimmer aufhängen. So hat man es täglich vor Augen.«
    Die Frau schwieg. Offenbar war sie unentschlossen. »Ichhabe vorhin auch erfahren, dass man heutzutage nicht mehr im Totenhemd begraben wird, sondern seine eigene Garderobe angezogen bekommt. Das ist doch möglich – oder?«
    »Sicher ist das möglich, aber wollen Sie sich wirklich von dem Gedanken an das weiße Totenhemd verabschieden? Sie wissen doch: Das letzte Hemd hat keine Taschen. Das ist eine ganz alte Weisheit, und in dieser Tradition liegt eine tiefe Würde.« Julianes Stimme vibrierte jetzt geradezu.
    Na ja, dachte Elfie, ein schönes Nachthemd oder ein hübsches Lieblingskleid haben auch keine Taschen.
    Juliane bohrte weiter: »Oder können Sie sich vorstellen, dass Ihre Mutter in einem blauen Kleid oder einem roten Pullover vor ihren Schöpfer tritt?«
    Das vielleicht gerade nicht, dachte Elfie etwas beklommen und sah sich selbst in ihrem burgunderroten Pullover an die Himmelspforte klopfen.
    »Wir wollen doch nicht schuldig vor unserem Herrn stehen. Ich sehe gerade, dass Sie ein wunderschönes Kreuz um den Hals tragen. Ihre Mutter hat doch sicher die kirchlichen Sterbesakramente empfangen. Dann ist sie im Stande der Unschuld. Wir haben außerdem Totenhemden in den allerbesten Stoffqualitäten, die auch noch biologisch … Aber das führt jetzt zu weit.«
    Das führte wirklich zu weit, dachte Elfie empört darüber, wie Juliane Knörringer ihre Sachen an den Mann, in diesem Fall an die Frau brachte.
    »Alle weiteren Details sollten wir auch noch besprechen – Blumenschmuck, Todesanzeigen, die Angelegenheiten mit dem Friedhofsamt. Das machen wir aber nicht hier im Stehen, sondern wir gehen dazu in mein Büro.«
    Juliane führte die Frau zu Elfie herein und bat sie, in der Sitzecke Platz zu nehmen.
    »Frau Weiss wird uns gleich einen Kaffee bringen – oder möchten Sie lieber ein Glas Wasser?«
    Ohne die Antwort abzuwarten, war sie auch schon zur Tür hinaus, nahm rasch noch einen Aktenordner vom Schreibtisch und bedeutete Elfie, ihr zu folgen.
    »Ich bringe Sie jetzt zu Ihrem Arbeitsplatz.« Sie ging den Flur entlang. »Es gibt noch einen anderen Eingang zu diesem Büro. Von außen, damit nicht alle immer durch die Halle laufen. Das Büro liegt in einem Anbau, der früheren Remise.«
    Aha, also so etwas wie ein Dienstboteneingang, dachte Elfie. Das hörte sich schon gar nicht mehr so luftig und großzügig an, wie sie sich das vorgestellt hatte. Gegenüber der Tür, durch die sie gerade gegangen waren und hinter der ein kleiner Tisch mit einer Kaffeemaschine eingeklemmt war, betraten sie durch eine eiserne Feuerschutztür den Raum für die Angestellten.
    Elfie hatte in ihrem Arbeitsleben schon viele Büros gesehen, aber das hier übertraf alles bisher Dagewesene. Was war das denn für ein – Schuppen! Sie schnappte nach Luft.
    Juliane Knörringer warf ihr einen raschen Blick zu und legte den Kopf in den Nacken.
    Frau Weiss war gerade im Begriff, einen Schnellhefter aus dem Regal zu zerren, riss sich beim Anblick von Juliane Knörringer hastig die Kopfhörer aus den Ohren und warf sie in eine Schreibtischschublade. Vermutlich lagen auch die Piercings darin, denn sie war jetzt sozusagen metalllos. Ihr Gesicht wirkte dadurch noch jünger und verletzlicher.
    »Frau Weiss, zwei Tassen Kaffee und ein Glas Wasser in mein Büro. Und zwar rasch! Wir sprechen uns später noch!«
    Das klang so drohend, dass Elfie unwillkürlich den Kopf einzog.
    Die Bestatterin legte den Aktenordner auf einen Schreibtisch. »Frau Ruhland, hier sind schon einmal die Lohnabrechnungen des laufenden Jahres. Alles Weitere bereden wir, wenn ich das Gespräch mit der Angehörigen geführt habe.«
    Elfie traute ihren Ohren nicht. Jetzt war die Stimme von Juliane Knörringer so liebenswürdig, dass man kaum glauben konnte, dieselbe Person vor sich zu haben. »In der
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