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Radieschen von unten

Radieschen von unten

Titel: Radieschen von unten
Autoren: Frida Mey
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Luft, um mit unvermittelter Lautstärke fortzufahren: »Und in diesem Aufzug haben Sie auch noch ein Beratungsgespräch mit einer Angehörigen geführt und ihr alle möglichen Flöhe ins Ohr gesetzt …«
    »Aber der Theo, ich meine Herr Bornekamp, war doch nicht da, und ich dachte …«
    »Der ist nie da, wenn man ihn braucht. Magen-Darm-Infekt – ha! Dass ich nicht lache. Wahrscheinlich hat er mal wieder zu viele Gummibärchen in sich reingestopft. Das wäre ja nicht das erste Mal.«
    Elfie war entsetzt über den gehässigen Ausdruck in Juliane Knörringers Gesicht.
    Die Chefin war noch nicht fertig. »Wie lange sind Sie jetzt hier, Frau Weiss? Fünf Monate? Ich warne Sie, Ihre Probezeit ist noch nicht zu Ende. Ihre wievielte Lehrstelle ist das hier bei uns eigentlich? Ich fürchte, ich muss mal wieder mit Ihren Eltern sprechen, wenn meine Worte auf Sie keinen Eindruck machen.«
    Saskia zuckte zusammen, wurde immer kleiner auf ihrem Drehstuhl und hätte sich wohl am liebsten unter dem Tisch verkrochen.
    »Nun aber zu Ihnen, Frau Ruhland.« Die Stimme der Bestatterin hatte wieder kristallklare Höhen erklommen, und Elfie war aufs Neue erstaunt, wie schnell diese Frau ihre Tonlage wechseln konnte.
    »Ich hoffe, dass Sie mit der Vorbereitung der Unterlagen für die Steuerprüfung so schnell wie möglich fertig sind. Bei Ihrem hohen Stundensatz kann man das ja wohl erwarten.«
    Elfie sah auf die Menge an Papieren auf dem Schreibtisch, legte den Kopf schief und meinte: »Ein bisschen wird es schon dauern, bis hier Ordnung herrscht.«
    Die Bestatterin drückte Elfie zwei weitere Aktendeckel in die Hand, die sie mitgebracht hatte. »Am besten Sie fangen erst mal an. Wenn Fragen auftauchen, wenden Sie sich an mich.« Dann rauschte die Chefin aus dem Zimmer, allerdings nicht, ohne Saskia noch mit einem bitterbösen Blick zu bedenken.
    Elfie betrachtete Saskia voller Mitgefühl, die wie ein Häufchen Elend dasaß. Unwillkürlich griff sie in ihre Handtasche, um ihr bordeauxrotes Notizbuch hervorzuholen. Aber das lag zu Hause im Schrank, wohin sie es nach ihrem letzten missglückten Projekt verbannt hatte.
    Elfie schüttelte den Kopf. Sie hatte sich geschworen, keine unliebsamen Chefs mehr aus dem Weg zu räumen, und würde ihren guten Vorsätzen nicht gleich wieder untreu werden. Obwohl diese schreckliche Juliane Knörringer schon mehrere dicke Minusstriche in ihrem Notizbuch verdient hätte.

2.
    Alex von Lichtenstein lümmelte auf der Couch und konnte sich gar nicht sattsehen. Das Fotobuch war noch viel schöner geworden, als sie es sich vorgestellt hatte. Immer wieder blätterte sie zu der Seite mit den Aufnahmen der Dschungeloper in Manaus und verglich sie mit denen der letzten Reise ihrer Eltern. Hubert und sie hatten sich genauso vor dem Theater postiert wie ihre Eltern zwanzig Jahre zuvor.
    Die Ähnlichkeit zwischen Alex und ihrer Mutter war nicht zu übersehen. Sogar die widerspenstigen Locken hatte sie von ihr geerbt. Nur hatte ihre Mutter die Haare viel länger getragen. Alex fuhr mit einer Hand durch ihren mühsam glatt gefönten Pagenkopf. Spontan beschloss sie, ihre Haare ab jetzt wachsen zu lassen.
    Alex klappte das Fotobuch zu und drückte es an sich. Der Urlaub in Südamerika war erst der Anfang gewesen. Sie fühlte sich Hubert jetzt noch enger verbunden. Nachdem seine Tante Lydia Hals über Kopf wieder ausgezogen war, hatte ihre Zweisamkeit eine neue Qualität gewonnen. Und das lag nicht nur am Sex, den sie nun – so oft und wo immer sie wollten – genießen konnten. Alex musste grinsen, als sie an heute früh in der Küche dachte. Ob Hubert es wohl noch rechtzeitig zu seiner Vorlesung geschafft hatte?
    Die Haustür klappte.
    »Sandra, Liebling, ich bin da«, hörte sie Hubert rufen.
    Wieder dachte sie an ihre Mutter, die sie stets Sandra genannt hatte. Heute war Hubert der Einzige, der sie mit diesem Namen anredete. Alle anderen kürzten Alexandra zum sportlichen »Alex« ab.
    Schon war er bei ihr und schloss sie in die Arme. Als seine Hände unter ihr T-Shirt wanderten, löste sie sich lachend von ihm.
    »Hey, wir wollten doch ins Kino. Ich hab Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um Karten für die Premiere vom neuen Bond-Film zu bekommen. Die können wir jetzt nicht verfallen lassen.«
    Hubert küsste sie zärtlich in den Nacken und murmelte: »Auch keine Zeit für einen kleinen Quickie?«
    Alex schüttelte den Kopf. »Leider nein. Wir müssen gleich los. Aber aufgeschoben ist ja nicht
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