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Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Titel: Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt
Autoren: Aufbau
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die Neugierigen zurückzudrängen, und hatten in kürzester Zeit die Schläuche ausgerollt und einsatzbereit, um Wasser in das Chaos zu schießen, während der Rauch in dicken Schwaden herausquoll.
    »Sie können da unmöglich rein«, murmelte Bo, der angefangen hatte zu fotografieren. »Es wäre aber besser, von innen zu löschen.«
    Sie verstand, was er damit sagen wollte. Es war viel zu gefährlich, Feuerwehrmänner mit Rauchschutzgeräten in das Haus zu schicken. Das dreigeschossige Gebäude konnte jeden Augenblick einstürzen.
    Kurze Zeit später traf die Polizei ein, ebenfalls mit zwei Streifenwagen. Dicte erkannte auch John Wagners schwarzen Passat, der dahinter hielt. Zusammen mit Jan Hansen stieg er aus dem Wagen.
    »Er weiß Bescheid!«
    Die Worte verließen ihre Lippen nahezu im gleichen Moment, als sie ihn aus dem Auto und zu den Überresten des Solariums stürzen sah. Niemand hielt ihn zurück, als er anfing, Steinbrocken beiseitezuschieben, Jan Hansen ihm dicht auf den Fersen. Aber sie kamen nicht weit, Flammen und hohe Temperaturen zwangen sie, zurückzuweichen. Dann kam ein Feuerwehrmann auf sie zu und verscheuchte sie, wild gestikulierend und mit einer Stimme in einem höheren Dezibelbereich. Wagner brüllte zurück und fuchtelte ebenfalls mit den Armen, während Jan Hansen seine Hand auf den Arm seines Chefs legte und sich zwischen ihn und das kollabierte Gebäude stellte. Er sprach ruhig, aber eindringlich auf Wagner ein, der den Kopf schüttelte, immer und immer wieder.
    Bo drückte Dicte fest an sich.
    »Verdammt noch mal«, zischte er. »Sie sollten ihn von hier wegschaffen. Er sollte gar nicht hier sein.«
    Ida Marie. Dicte strengte ihre Augen an, konnte aber in all dem Staub nichts sehen. Eine starke Übelkeit überfiel sie, und sie brach auf dem Bürgersteig zusammen. Bo stützte sie und hielt ihr die Haare weg, während sie sich übergab.
    »Das wird schon wieder«, flüsterte er in ihr Ohr. »Das wird schon wieder.«
    Alles kam ihr wie eine Ewigkeit vor, sie wurden alle an den Rand geschoben, Absperrungen wurden aufgestellt, und die Menge zerstreute sich langsam. Eine absurde Form von Normalität löste die noch vor kurzem verbreitete Panik ab, einige begannen sogar, Angebotsschilder und umgestürzte Fahrräder aufzuheben und die Straße aufzuräumen. Die Luft zitterte vor Anspannung, aber auch vor Erleichterung, dass es jetzt vorbei war und die Welt in etwa noch so aussah wie vorher: Die Sonne schien, hoch oben am Himmel zog ein Flugzeug vorbei und zeichnete einen weißen Strich ins Blau, ein paar Tauben ließen sich neben einem herrenlosen Sandwich nieder.
    »Dicte …«
    Die Stimme kam von hinten. Besorgt, aber trotzdem hell und mit diesem schwedischen Singsang, der so überhaupt nicht zu Tragödien und eingestürzten Gebäuden passte. Sie drehte sich um und sah Ida Marie mit unsicheren Schritten und einer Einkaufstüte auf sie zukommen. Das blonde Haar umrahmte ihr ovales Gesicht, keine einzige Schramme war an ihr zu sehen.
    »Verdammte Hacke.«
    Dicte flüsterte die Worte und breitete dabei die Arme aus, als sie John Wagner aus dem Augenwinkel sah: grau im Gesicht, ins Sonnenlicht blinzelnd und in einer Tweedjacke voller Staub und Ruß. Es sah aus, als hätte er jede Orientierung verloren. Da drehte er sich zu ihr um und entdeckte Ida Marie. Dicte ließ die Arme wieder sinken. Das Glück war eine starke Kraft, aber es war nicht ihr Glück. Zum zweiten Mal an diesem Tag wandte sieden Blick ab, weil sie damit konfrontiert wurde. Trotzdem hätte sie die Szene genau beschreiben können, nur aufgrund der wenigen Details, die sie zu sehen bekommen hatte: Die Regungen in seinem Gesicht, den Zug um seinen Mund und das Leuchten in seinen Augen; seine Körpersprache, die sich im Bruchteil einer Sekunde von am Boden zerstört in strahlend verwandelte. Sie sah Ida Maries feminine Lieblichkeit vor sich, wie sie ihm auf halbem Weg mit flatterndem Kleid und in Sandalen entgegenlief, Symbole der Unschuld inmitten eines Kriegsschauplatzes voller Schuld und Grauen. Sie sah die Umarmungen und ahnte die Worte, die nicht gesagt werden würden, weil es dafür keine gab.
    Sie begrüßte die Ablenkung, als das Handy in ihrer Tasche zu klingeln begann. Die Redaktion rief an.
    »Ja?«
    »Wo bist du?«, fragte Davidsen.
    Zuerst suchte sie nach Worten, aber dann gelang es ihr, ihm kurz die Situation zu schildern.
    »Okay«, erwiderte er. »Die zweite Explosion war eine Autobombe im Parkhaus vom
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