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Die Kinder des Dschinn Bd. 7 - Die Kristalle des Khan

Die Kinder des Dschinn Bd. 7 - Die Kristalle des Khan

Titel: Die Kinder des Dschinn Bd. 7 - Die Kristalle des Khan
Autoren: P.B. Kerr
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»Komm zurück nach Sorrent«

    Nimrod – ein mächtiger englischer Dschinn und Onkel der ähnlich mächtigen, aber sich gar nicht ähnlichen Zwillinge John und Philippa Gaunt – hatte nicht die geringste Ahnung, wie er auf die Idee gekommen war, seine jungen Patenkinder einzuladen, ihn in die süditalienische Stadt Sorrent zu begleiten, wo er jedes Jahr in seinem bevorzugten Grandhotel, dem Excelsior Vittoria, seinen Urlaub verbrachte. Das Hotel, das man genau an der Stelle errichtet hatte, an der einst die Ferienvilla des römischen Kaisers Augustus stand, war für Kinder noch nie besonders interessant gewesen. Es war voller alter Leute, wertvoller Antiquitäten, eleganter Fresken und stocksteifer Kellner in weißen Jacketts. Sorrent selbst hatte nur Holzeinlegearbeiten und Intarsien zu bieten, einen atemberaubenden Blick auf den Golf von Neapel und den Vulkan Vesuv. Ganz zu schweigen von der Aussicht auf die
Schadenfreude
, der größten Jacht der Welt, die in der Bucht vor Anker lag, sowie der unmittelbaren Nachbarschaft zur Stadt Pompeji, die im Jahr 79 bei einem verheerenden Vulkanausbruch vollständig zerstört und verschüttet worden war. Doch vermutlich würde keine dieser Attraktionen auf Nimrods Begleiter großen Eindruck machen.
    John hatte etwas gegen Urlaub in Hotels, die nicht über Breitbildfernseher und eine riesige Palette englischer Fernsehprogrammeverfügten; Philippa war nur ungern ohne Internet und ihren Laptop, und die unzuverlässige Netzwerkverbindung des Hotels sorgte bei ihr schon bald für Frustration und Langeweile. Nimrods Butler Groanin, der die drei Dschinn auf ihrer Italienreise begleitete, hielt generell nichts von Städten, in denen er weder eine anständige Tasse Tee noch eine aktuelle englische Tageszeitung bekommen konnte. Da er jedoch ein ziemlicher Snob war, bewunderte er das Hotel Excelsior Vittoria wegen der vielen Könige und Königinnen, die dort schon abgestiegen waren. Groanin war ein begeisterter Fan der englischen Königsfamilie und verreiste nie ohne ein silbergerahmtes Porträt von Königin Elisabeth   II., das er stets andächtig auf seinen Nachttisch stellte.
    An ihrem zweiten Abend in Sorrent saßen die vier auf der Panoramaterrasse des Hotels, genossen das Abendessen und die funkelnden Lichter von Neapel auf der anderen Seite der Bucht. Nimrod erzählte von den letzten Tagen Pompejis und der Exkursion, die sie am nächsten Tag dorthin unternehmen würden, während die Zwillinge zuhörten und höflich ihre Langeweile verbargen.
    Als Nimrod fertig war, runzelte John die Stirn und fragte: »Was ist das italienische Wort für Déjà-vu?« Achselzuckend fügte er hinzu: »Ihr wisst schon: das Gefühl, dass man etwas schon mal gesehen oder erlebt hat.«
    »Das müsste
già visto
sein, denke ich«, sagte Nimrod. »Und mir gefällt die Idee, einen neuen Namen für Déjà-vu zu verwenden. Der französische Begriff ist mir inzwischen viel zu vertraut. Ich werde deine Idee sofort übernehmen.« Nimrod zündete sich eine gewaltige Zigarre an und blies einen dreieckigen Rauchring in Richtung des Vulkans. »Aber was kommt dir so vertraut vor, John, das Hotel oder die Gegend?«
    »Die Gegend«, gestand John. »Und vor allem Pompeji. Ich weiß, dass ich noch nie dort war, aber irgendwie fühlt es sich so an. Und das kann ich mir nicht erklären.«
    »Mir geht es genauso«, gestand Philippa. »Seit ich den Vesuv gesehen habe, werde ich das Gefühl nicht los, ihn irgendwie zu kennen.«
    »Vielleicht habt ihr in einem früheren Leben zu den Einwohnern von Pompeji gehört, die unter der Vulkanasche begraben wurden«, meinte Groanin und schniefte laut. »Vorausgesetzt, ihr glaubt an solchen Unsinn wie Wiedergeburt.«
    Die vier konnten natürlich nicht wissen, wie recht sie hatten. Und sie würden es auch nie erfahren. Keiner von ihnen war sich bewusst, dass sie tatsächlich schon in Pompeji gewesen waren und den Vesuv gesehen hatten. Und wiederum auch nicht. Ihr vorhergehender Besuch gehörte zu einem früheren Abenteuer, das sich in einem parallelen Universum abgespielt hatte, welches nicht zu dem bekannten Universum gehörte, in dem sie sich jetzt bewegten. Was nichts anderes hieß, als dass es so gewesen war und wiederum auch nicht. Und da sich dieser frühere Besuch in Pompeji weit jenseits ihres kosmologischen Horizonts ereignet hatte, weißt vielleicht nur du, als allwissender Leser, warum und wieso sie dort gewesen waren. Begnügen wir uns mit dem Hinweis, dass sie keinerlei
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