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Racheengel

Racheengel

Titel: Racheengel
Autoren: Stuart Neville
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hob die Hände.
    Darius schlug sie weg.
    Galya rannte los.

4
    Arturas Strazdas legte auf, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Er dachte einen Moment lang nach, während der Wagen weiter über die Autobahn in Richtung Stadt raste. Der Fahrer richtete seine Aufmerksamkeit auf die Straße vor ihnen. Tomas ging immer ans Telefon. Egal, ob er im Bett war oder auf einer Beerdigung, nie ließ er einen Anruf unbeantwortet, wenn sein Handy in Reichweite war. Schon oft, wenn er seinen Bruder angerufen hatte, hatte Strazdas am anderen Ende nur Hecheln und Stöhnen gehört, weil er gerade eine von den Nutten fickte.
    Einmal hatte Tomas einen Kinobesucher krankenhausreif geschlagen, der sich über die Störung beklagt hatte, weil er mitten in irgendeiner Liebeskomödie drangegangen war. Es hatte mehrere Tage und einige Investitionen erfordert, das Opfer davon zu überzeugen, dass es sich bei der Identifizierung des Angreifers geirrt hatte.
    Tomas hatte schon immer Ärger gemacht, aber Strazdas hatte seiner Mutter versprochen, unter allen Umständen auf seinen kleinen Bruder aufzupassen. Erst vor ein paar Stunden hatte er dieses Versprechen wiederholt, bevor er sie in der Wohnung, die er ihr in Brüssel gekauft hatte, zurückgelassen und den Flieger nach Belfast genommen hatte.
    Sie hatte sich bitterlich darüber beklagt, dass man sie über Weihnachten allein ließ, aber es ging eben nicht anders. Es gab Geschäftlicheszu erledigen, und sosehr er seinen kleinen Bruder auch liebte, eine solche Verantwortung konnte man ihm nicht anvertrauen.
    Bevor Strazdas an Bord der Maschine gegangen war, hatte er Tomas gesimst und ihn daran erinnert, sich bei seiner Ankunft bereitzuhalten, er erwarte ihn am Abend in seinem Hotel. Und jetzt ging Tomas nicht an den Apparat. Strazdas steckte sein Handy zurück in die Brusttasche und dachte nach.
    Es konnte natürlich viele Gründe geben, warum Tomas nicht ans Telefon ging. Aber keiner davon reichte Strazdas. Hier stimmte eindeutig etwas nicht.
    »Herkus«, rief er.
    »Ja, Boss?« Der Fahrer sah über die Schulter.
    »Wann hast du Tomas zuletzt gesehen?«
    »Vor ein paar Stunden«, sagte Herkus. »Er und Darius waren in der Stadt einen trinken. Ich musste sie in aller Eile abholen. Sie  waren in die falsche Bar geraten, irgendeinen Schuppen für Schwule. Du weißt ja, was Tomas von Schwulen hält.«
    Ja, Strazdas wusste, was Tomas über Homosexuelle dachte. Diese spezielle Marotte hatte ihn im Laufe der Jahre schon eine Stange Geld gekostet. Sich um Tomas zu kümmern war eingedenk der ganzen Kautionen und Schmiergelder, als halte man sich ein exotisches Tier. Sein Futter war teuer.
    »Wie schlimm?«, fragte Strazdas.
    »Nicht besonders schlimm.« Herkus zuckte die Achseln. »Er hat nicht viel Blut an den Händen. Darius hat ihn rausgebracht, bevor er etwas richtig Übles anrichten konnte. Ein paar Straßen weiter habe ich sie aufgegabelt.«
    »Und dann?«
    »Tomas hat gesagt, er wolle die neue Hure einreiten. Die kleine Ukrainerin. Nach den ganzen Schwulen hatte er Lust auf eine Hure.«
    Strazdas sah, wie die Lichter der Stadt sich näherten und die Gebäude in der Dunkelheit Gestalt annahmen.
    »Was für eine kleine Ukrainerin?«
    »Die, die Rasa letzte Woche von der Pilzfarm geholt hat. Die Agentur hat sie da hingeschickt, sie arbeitet unter Petronas. Als Rasa sie entdeckt hat, war sie vielleicht einen Monat oder sechs Wochen dort. Sie war von oben bis unten voll mit Pferdescheiße, aber einen Hingucker entdeckt Rasa schon auf hundert Meter. Die Loyalisten haben zweitausend für sie bezahlt.«
    »Nettes Sümmchen«, sagte Strazdas.
    »Wie gesagt, sie war ein Hingucker. Hat Darius mir erzählt. Jung , schlank, schöner Mund. Gute Titten. Heute wollten sie die Kleine zum ersten Mal anschaffen lassen. Tomas hat gesagt, er wollte ihr ein bisschen den Start erleichtern.«
    »Wo haben sie das Mädchen untergebracht?«
    »In der Nähe von Bangor«, sagte Herkus. »Nordwestlich der Stadt, noch hinter dem zweiten Flughafen.«
    Strazdas zog erneut sein Telefon aus der Tasche. Er suchte Darius’ Nummer heraus und wählte. Es klingelte noch nicht einmal, sondern schaltete sofort auf den Anrufbeantworter um.
    »Wenn du mich am Hotel abgesetzt hast, suchst du Tomas und Darius«, befahl er.
    »Okay«, sagte Herkus.

5
    Schon als kleines Kind war Galya eine gute Läuferin gewesen. Sie war die Schnellste in ihrem Schulbezirk und hatte jede Medaille und jeden Pokal gewonnen, der bei den
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