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Racheengel

Racheengel

Titel: Racheengel
Autoren: Stuart Neville
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…«
    »Jack?«
    »… sich Ihr Weihnachten in den …«
    »Jack?«
    Lennon hielt inne. »Wer ist da?«
    »Chief Inspector Uprichard.«
    Lennon setzte sich auf die Couch und legte die freie Hand über die Augen. »Nein«, sagte er.
    »Ich brauche Sie hier, Jack«, verkündete Uprichard.
    »Nein«, wiederholte Lennon. »Nicht noch einmal. Das hatte ich Ihnen doch schon gesagt, oder? Wir hatten uns darauf geeinigt. Über Weihnachten übernehme ich keine Nachtschicht. Ich kann nicht.«
    »DI Shilliday ist krank geworden«, sagte Uprichard. »Und sonst habe ich keinen, der für ihn übernehmen kann.«
    »Nein«, beharrte Lennon.
    »Es wird eine ruhige Nacht. Da draußen ist nichts los. Sie können in Ihrem Büro schlafen. Ich haben eben nur keinen anderen, so ist es nun mal.«
    »Nein«, wiederholte Lennon noch einmal, aber ohne rechte Überzeugung.
    »Streng genommen ist es gar keine Bitte, Jack«, sagte Uprichard, dessen Stimme jetzt entschiedener wurde. »Zwingen Sie mich nicht, es Ihnen zu befehlen.«
    »Scheiße«, fluchte Lennon.
    »Also, das ist nun wirklich nicht nötig.«
    »Ist es doch, verdammt«, erwiderte Lennon im Aufstehen. »Das ist das vierte Mal in einem Monat.«
    Beinahe hätte er gesagt, dass er wusste, was dahintersteckte. Dass nämlich DCI Dan Hewitt vom Geheimdienst C3 die Fäden zog, um ihm das Leben schwerzumachen. Aber er riss sich am Riemen.
    »Tut mir leid«, sagte Uprichard. »So ist es nun mal. In einer Stunde will ich Sie hier haben.«
    Susan öffnete in einem eng anliegenden Morgenmantel die Tür. In den zehn Minuten, seit Lennon sie angerufen hatte, hatte sie ihr Haar in Ordnung gebracht und so viel Make-up aufgelegt, wie überhaupt möglich war. Entweder das, oder sie ging immer mit Lipgloss ins Bett.
    Ellen quengelte schniefend in Lennons Armen, ihre nackten Füße traten ihn strampelnd.
    »Du bist ein Goldstück«, sagte er zu Susan. »Ich kann dir gar nicht genug danken.«
    Susan schenkte ihm ein flüchtiges Lächeln, das gleichzeitig warmherzig und traurig war. »Ist schon in Ordnung. Ich war noch nicht eingeschlafen.«
    Lennon wusste, wenn er belogen wurde, aber trotzdem war erfroh darüber. »Bevor du morgen früh aufstehst, bin ich schon wieder da.«
    Susan streckte die Arme nach Ellen aus. »Komm her, Schatz, ich nehme dich.«
    Ellen rieb sich wimmernd die Augen.
    Susan küsste sie aufs Haar. »Du kannst bei Lucy im Bett schlafen, in Ordnung?«
    Ellen vergrub ihren Kopf unter Susans Kinn. Schon viele Male war sie im Schlaf hierher verfrachtet worden.
    Lennon berührte Susans Unterarm. »Danke«, sagte er.
    Sie lächelte noch einmal. »Wenn du wieder da bist, komm doch einfach zum Frühstück vorbei.«
    »Die Nachbarn könnten reden«, sagte Lennon.
    »Dann lass sie doch.«

3
    Die in Plastik gewickelte Leiche rollte gegen Galya, als der Wagen ruckartig zum Stehen kam. Vom Blutgeruch musste sie in den Lappen würgen, den man ihr in den Mund gestopft hatte. Mit den Schultern drückte sie sich an der Rückwand des Kofferraums ab und schob mit den Knien die Leiche weg. Sie hatten ihr mit irgendeinem dünnen Elektrodraht die Handgelenke gefesselt, aber schon jetzt lockerte er sich auf ihrer vom Blut glitschigen Haut. Sie hätte ihn leicht abstreifen können, beschloss aber, ihn vorerst dran zu lassen, bis sie ihre Hände auch wirklich gebrauchen konnte.
    Sie merkte, wie der Wagen schaukelte, als die Männer ausstiegen, dann hörte sie die Türen zuschlagen. In den letzten Minuten war die Fahrt langsam gewesen, mit scharfen Kurven und plötzlichen Stopps, bis der Wagen dann mit einem letzten schlingernden Ruck auf holprigem Untergrund zum Stehen gekommen war. Angestrengt versuchte Galya, Laute zu erhaschen. Von irgendwoher drang Verkehrslärm, aber noch näher war das sanfte Plätschern von Wasser.
    In dem Moment, als sie mit vom Motorenlärm dröhnenden Kopf in der Düsternis aufgewacht war, war ihr klar gewesen, dass man sie umbringen wollte. Ohne Zweifel. Das Geräusch des gurgelnden Wassers war nur eine Bestätigung. Darin würden sie den Toten versenken und sie hinterherwerfen. Vielleicht würden die Männer sie vorher töten, vielleicht würde man sie auch einfach ersäufen. Auf jeden Fall würde sie bald im Wasser liegen.
    Von draußen waren jetzt Stimmen zu hören, die des Iren schrill und panisch, die des Litauers tief und wütend. Beim Näherkommen warfen sie sich gegenseitig Vorwürfe und Flüche an den Kopf. Ein Schlüssel kratzte auf Metall, das Schloss drehte sich, und
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