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Puppenspiele

Puppenspiele

Titel: Puppenspiele
Autoren: Marina Heib
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Der Kopf neigte sich dem Spiegel zu. Die Augen waren geöffnet.
    »Künstlerisch ambitioniert wie die Körperwelten von Gunther von Hagen. Und genauso krank, falls euch meine Meinung interessiert«, kommentierte Zeiner.
    »Wie ist der Stand der Ermittlungen?«, wollte Christian wissen. Diskussionen über Ästhetik interessierten ihn nicht.
    »Nicht anders als im April. Nur um ein paar Akten fetter.« Zeiner wirkte verbittert. »Wir haben nichts herausgefunden. Nichts über den Täter. Das Opfer hieß Mira Weininger, 25 Jahre alt, Jura-Studentin. Sie wurde betäubt, aufgeschnitten, konserviert. Keine sexuellen Übergriffe, die sich nachweisen ließen. Abgesehen vom Ausbluten und der Entnahme des Herzens, keine Zeichen von Gewaltausübung. Die Leiche wirkte, wie unser Rechtsmediziner sagte, recht pfleglich behandelt. Das war keine Tat im Affekt. Alles war akribisch geplant. Den Rest erseht ihr aus den Akten.«
    »Bevor wir uns da durchwühlen … Gab es einen Brief in der Kiste?«, fragte Volker.
    Zeiner stutzte: »Dann darf ich annehmen, dass die in Berlin auch eine Nachricht haben?« Er klickte wieder auf der Tastatur herum. »Wir haben die Details aus ermittlungstechnischen Erwägungen nicht an die Presse gegeben.«
    »Genauso werden wir es weiter halten. Auch in Berlin«, versicherte Christian.
    Zeiner zeigte auf den Bildschirm. Zu sehen war ein Scan der Nachricht, wie in Berlin mit unauffälliger Typo auf einem normalen DIN-A4-Bogen ausgedruckt:
    Verstopft euch die Ohren, damit ihr den Schrei nicht hört!
    »Was haltet ihr davon?«, fragte Christian.
    Zeiner zuckte mit den Schultern. »Wir haben über Mögliches und Unmögliches nachgedacht. Aber es bleibt alles im Bereich reiner Spekulation. Vielleicht ist es besser, ihr sucht nach eurem eigenen Ansatz.«
    »Könnt ihr bitte alle Dateien und Unterlagen zu unserem Büro in Hamburg schicken? Oder mailen.«
    »Das meiste haben wir im Computer erfasst, auch Fotos von den Asservaten.« Er wandte sich an Volker: »Ich kann alles Verfügbare sofort auf dein Laptop senden. Den Rest bekommt ihr kopiert nach Hamburg.«
    Volker gab ihm seine Mailadresse.
    Christian wandte sich ebenfalls an Volker: »Die Fakten aus Berlin können auch schon mal nach Hamburg zu Daniel.«
    »Ist erledigt. Habe ich heute Nacht schon vom Hotel in Berlin aus geschickt.«
    Christian nickte zufrieden. Daniel arbeitete als Rechercheur der Soko Bund. Der ehemalige Hacker war zwar kein Kriminalist, noch mochte er auf Tuchfühlung mit Verbrechen und Verbrechern gehen, aber er kam an alle Informationen heran, die irgendwo durch das World Wide Web sausten oder auf Computern gespeichert waren. Dass er dabei nicht immer nur legale Pfade beschritt, akzeptierten seine Kollegen stillschweigend und ergebnisorientiert.
    »Ich würde gerne mit der Mutter des Opfers sprechen«, sagte Christian zu Zeiner.
    »Würde mich wundern, wenn ihr mehr erfahrt als das, was schon in den Akten steht. Aber bitte. Unsere Sekretärin wird euch die Adresse geben und einen Termin machen.« Zeiner wirkte leicht verschnupft.
    Volker versuchte, ihn zu beschwichtigen: »Manchmal ist der persönliche Eindruck hilfreich.«
    Zeiner reagierte mit kühlem Blick, sah auf die Uhr, erhob sich und komplimentierte seine Gäste hinaus. »Ihr habt euch sicher mehr von eurem Besuch hier versprochen. Tut mir leid. Wenn ihr mich jetzt bitte entschuldigen wollt? Ich habe gleich eine Konferenz wegen eines anderen Falles. Wir bleiben selbstverständlich in Kontakt und tauschen unsere Erkenntnisse aus.«
    »Vielleicht gelingt es uns ja gemeinsam, den Kerl zu fassen.« Auch Christian hatte die plötzliche Spannung bemerkt.
     
    Pünktlich zur Teestunde waren Christian und Volker in der Villa Weininger am Starnberger See geladen. Über München hatte sich ein Unwetter zusammengebraut. Es entlud sich in Starkregen, Blitz und Donner, als sie aus dem Taxi stiegen. Nach den zwanzig Metern Kiesauffahrt zum Hauseingang waren sie komplett durchnässt. Auf ihr Klingeln öffnete eine elegante Dame von gepflegten Anfang siebzig.
    »Sie sind nass«, konstatierte sie vorwurfsvoll, als hätten die beiden sich böswillig verschworen, das Parkett der Weininger-Villa aufzuweichen. »Würden Sie bitte Ihre Schuhe ausziehen?«
    Brav bückten sie sich und kamen der Aufforderung nach. Christian bemerkte, dass sein linker großer Zeh die Socke durchbohrt hatte. Verstohlen blickte er nach Volkers Fußbekleidung. Einwandfrei.
    Frau Weininger bat ihren Besuch in den Salon.
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