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Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Titel: Psalms of Isaak 01. Sündenfall
Autoren: Ken Scholes
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Gemurmel. Die Armee hatte sich rasch zusammengefunden, Truppen aus jedem der Stadtstaaten, die unter einer gemeinsamen Flagge vereint wurden. Inzwischen erstreckte sich das Heer auf der Whymerischen Straße weit nach vorne und nach hinten, ergoss sich zu beiden Seiten bis über den Rand des schmalen Weges und zertrampelte auf seinem Gewaltmarsch nach Norden die Felder und Wälder.
    Den Grund dafür bekam sie nicht heraus, sosehr sie sich auch bemühte. Aber sie wusste, dass die Späher magifiziert waren, und nach den Gepflogenheiten der Bundschaft bedeutete das, dass Sethbert und die Entrolusischen Stadtstaaten in den Krieg zogen. Und ihr war ebenso bewusst, dass es im Norden kaum etwas gab, abgesehen von Windwir, dem großen Sitz des Androfranzinerordens, und Rudolfos Neun Häusern der Neun Wälder noch weiter im Norden und Osten. Aber diese beiden Nachbarn hielten Bundschaft mit den Entrolusiern, und ihr war nicht zu Ohren gekommen, dass sie sich in irgendwelchen Schwierigkeiten befänden, die ein Eingreifen der Entrolusier nötig machten.
    Allerdings war Sethberts Verhalten in letzter Zeit alles in allem nicht immer von Vernunft gesteuert gewesen.
    Obwohl sie bei dem Gedanken daran erschauerte, hatte sie sein Bett oft genug geteilt, um zu wissen, dass er im Schlaf sprach und keine Ruhe fand, dass es ihm nicht gelang, sich der Herausforderung zu stellen, die seine junge, rothaarige Gefährtin ihm bot. Er rauchte auch mehr von den getrockneten Kallabeeren, und im Beisein seiner Offiziere drosch er Phrasen oder gab sich Wutanfällen hin. Trotzdem folgten sie ihm, und dafür musste es irgendeinen Grund geben. Er verfügte nicht über den Charme oder das Charisma, um alleine eine ganze Armee zu bewegen. Um sie durch Schonungslosigkeit anzutreiben, war er zu faul, und zu freundlichem Ansporn war er nicht in der Lage.
    »Was hast du nur vor?«, fragte sie sich laut.
    »Meine Dame?« Ein junger Leutnant der Kavallerie auf einer weißen Stute ragte vor ihr auf. Er hatte ein weiteres Pferd hinter sich angebunden.
    Sie lächelte, wobei sie darauf achtete, sich so zu ihm umzudrehen, dass er gerade weit genug in ihren Ausschnitt blicken konnte, dass es sich für ihn lohnte, aber nicht so weit, dass es ungebührlich gewesen wäre. »Ja, Leutnant?«
    »Aufseher Sethbert entbietet Euch seinen Gruß und ersucht Euch, sich zu ihm zu gesellen.« Der junge Mann zog das Pferd nach vorne und reichte ihr die Zügel.
    Jin nahm sie entgegen und nickte. »Ich nehme an, Ihr werdet mit mir reiten?«
    Der Leutnant nickte ebenfalls. »Ja, er hat mich darum gebeten.«
    Nachdem sie in den Sattel gestiegen war, richtete sie ihren Rock und stemmte sich gegen die Steigbügel. Wenn sie sich ganz streckte, konnte sie gerade noch die Spitze und das Ende der langen Reihe von Soldaten ausmachen. Sie trieb ihr Pferd an. »Dann wollen wir den Aufseher nicht warten lassen.«
    Sethbert erwartete sie an einer Stelle, an der die Straße über den Kamm einer Anhöhe führte. Sie sah, wie die Sklaven seinen dunkelroten Baldachin am höchsten Punkt der Straße aufbauten, und fragte sich, weshalb sie hier anhielten, mitten im Nirgendwo.
    Als sie hinaufritt, winkte er ihr zu. Sein Gesicht war gerötet, er wirkte richtiggehend erregt. Seine Backen bebten, und Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. »Gleich ist es so weit«, sagte er. »Gleich.«
    Jin blickte zum Himmel auf. Bis die Sonne unterging, würde es noch mindestens vier Stunden dauern. Sie schaute zu ihm zurück und ließ sich dann aus dem Sattel gleiten. »Was ist gleich so weit, mein Herr?«
    Inzwischen wurden Stühle für sie aufgestellt, Wein eingeschenkt und Geschirr vorbereitet. »Oh, das wirst du schon sehen«, sagte Sethbert, während er sein fettes Hinterteil auf einen Stuhl bugsierte, der unter ihm ächzte.
    Jin Li Tam setzte sich hin, nahm den Wein entgegen und nippte daran.
    »Dies«, sagte Sethbert, »ist meine vortrefflichste Stunde.« Er sah sie an und zwinkerte. In seinen Augen stand der glasige, in die Ferne gerichtete Blick, den sie schon einige Male während ihrer intimeren Momente an ihm beobachtet hatte. Ein Blick, von dem sie wünschte, auch sie könne sich den Luxus leisten, ihn in solchen Augenblicken aufzusetzen und trotzdem noch die Spionin ihres Vaters zu bleiben.
    »Was …« Aber mitten im Satz hielt sie inne. Weit entfernt, jenseits der Wälder und hinter dem Glitzern des Dritten Flusses, der sich nordwärts schlängelte, blitzte ein Licht am Himmel auf, und ein kleiner
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