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Prisma

Prisma

Titel: Prisma
Autoren: Alan Dean Foster
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sollte. Zuerst musste er aus der direkten Sonnenstrahlung hinausgelangen. Während er den rechten Arm als Hebel benutzte, schob er ihn unter den Körper und drückte. Die Servos jaulten, der Körper hob sich, und er schaffte es, zwei Meter nach rechts zu rollen, unter den Torus eines Kaskalariers. Ein winziger Sieg, ein sehr geringer Fortschritt, aber er fühlte sich jetzt etwas besser.
    Der Kaskalarier besetzte auf Prisma die gleiche ökologische Nische wie ein Schattenbaum auf der Erde oder auf Samstatt, aber es war eigentlich kein richtiger Baum. Er hatte weder Blätter noch Chlorophyll. Sein dreiteiliger Stamm war drei Meter hoch. In dieser Höhe wuchsen starre Äste parallel zum Untergrund. Diese trugen einen transparenten, glasähnlichen Torus, der gefüllt war mit vielfältigen Lebensformen, einige davon freibeweglich, aber alle Teil der Mutterpflanze. Das Gebilde erinnerte Evan an einen implodierten Weihnachtsbaum.
    Alles wuchs zum Stamm in der Mitte und zum Zentrum des Torus hin. Es gab keine Ausdehnung nach außen. Der Kampf um Lebensraum innerhalb des Torus fand heftig und ständig statt, dennoch war alles Teil des geschlossenen Systems des Kaskalariers. Die verschiedenen Lebensformen kämpften um Nahrung, was genauer hieß, dass sie sich um Sonnenlicht bemühten. Wie die meisten Lebensformen auf Prisma war der Kaskalarier ein Photovore.
    Die dünne Außenhülle des Torus verstärkte das darauffallende Sonnenlicht. Innerhalb der schützenden brennglasähnlichen Hülle herrschten bei den Lebensformen die Farben Azurblau und Aquamarin vor. Hier und da ein paar Flecken Königsblau – etwas, das gewunden und wohlgenährt aussah. Aber es gab auch krank aussehende Stellen mit einer pinkfarbenen schwammigen Substanz, doch die waren eher selten.
    Der Kaskalarier war eine organosilikate Struktur wie die meisten dominanten Lebensformen auf Prisma, denn diese Welt hatte als Lebensgrundlage sowohl Silizium als auch Kohlenstoff. Es war eine Welt aus Glas, Schönheit und Verwirrung.
    Egal, dachte er, Schatten ist Schatten.
    Als er den Kopf drehte, konnte er auf einen Fluss hinuntersehen. Auf den kühlen, reinen, schnell dahinströmenden Fluss, der sein Leben retten könnte, wenn er es schaffte, ihn zu erreichen. In dem Strom wimmelte es von Schneeflocken. Zwanzig davon fanden leicht in seiner Hand Platz.
    Die Schneeflocken hatten winzige transparente Beine, die in breiten platten Tellerfüßen endeten. Auf dem Rücken befand sich ein einzelnes gekrümmtes Segel von der Größe eines Daumennagels. Sie versammelten sich dort, wo das Wasser ruhig war, und wurden von der Oberflächenspannung getragen. Wenn die Sonne hochstieg oder sank, veränderten sie ihre Haltung, um mit dem Segel so viel Sonnenlicht wie möglich einzufangen, wobei sie sich gegenseitig bedrängten und wegstießen, um in die beste Position zu gelangen. Jedes photorezeptive Segel hatte eine andere metallische Farbe: Karminrot, Kobaltblau, Dunkelrot, Smaragdgrün. Ein Paar winziger kristalliner Augen markierte die Lage des Kopfes, und die Augen wiesen die gleiche intensive Farbe auf wie das Segel ihrer Eigentümer.
    Von der Sonne Prismas mit Energie versorgt, schossen die Lebewesen auf dem Wasser hin und her und benutzten ihre winzigen Vakuummundöffnungen, um die mineralreichen Siliziumflagellaten aufzusaugen, die von oben heruntergespült wurden. Gedanken an Raubtiere begannen Evan zu beunruhigen. Von dem Kaskalarier oder den bunten Schneeflocken drohte ihm keine Gefahr, aber er wusste, dass Prisma auch die Heimat von Lebewesen war, die ihn freudig auseinandernehmen würden. Nicht wegen seines Fleisches, sondern wegen des wertvollen Vorrats an Mineralien, die sein Körper enthielt. Der menschliche Körper war ein regelrechtes Reservoir voller gesuchter Spurenelemente, dergleichen sein Anzug. Ein großer Aasfresser würde zwischen Mann und Kleidung keinen Unterschied machen und beides mit gleichem Appetit verschlingen.
    Sein Körper war besonders reich an Eisen, Kalium und Kalzium. Die reinste Mine. Meine Mine gehört mir, dachte er und war zu müde, um zu lachen. Die Sonne ließ die Innentemperatur weiter ansteigen, trotz des Schattens, den der Kaskalarier spendete. Er blinzelte vom eigenen Schweiß. Er musste etwas unternehmen.
    Nein. Er musste schnellstens etwas tun, denn irgendwer oder irgendwas kam auf ihn zu. Er war sicher, dass seine Sehfähigkeit sich nicht derart verschlechtert hatte. Was immer sich näherte, war nicht sehr groß, aber das
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