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Prisma

Prisma

Titel: Prisma
Autoren: Alan Dean Foster
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brauchte es auch nicht zu sein, um ernsten Schaden anzurichten, wenn man seinen hilflosen und schon halb todesstarren Zustand betrachtete.
    Er konnte es nicht deutlich erkennen, denn der kontrastverstärkende Visor des Anzughelms funktionierte nicht ordnungsgemäß. Der Visor war notwenig, weil viele Lebensformen Prismas nach einer Lichtbrechungs – anstatt einer normalen Geometrie – organisiert waren. Sie neigten dazu zu verschwimmen, wenn man sie lange betrachtete, da das menschliche Auge Muster und Ordnung suchte, wo etwas derartiges nicht existierte. Fraktale rangierten irgendwo zwischen der ersten und der zweiten Dimension oder der zweiten und der dritten. Niemand, nicht einmal die Mathematiker, waren sich ganz sicher.
    Das war auch nicht schlimm, solange man durch die Hausdorf-Linsen schaute. Sie waren in den Visor des Anzugs eingebaut. Der zerbrochen war. Als Folge waren fraktal organisierte Gestalten und Formen nicht mehr richtig zu erkennen, wenn sie durch die falsch justierten Transparenzen betrachtet wurden. Wie das, was immer es war, das langsam auf ihn zukam.
    Es war mehr als nur verwirrend. Man konnte davon verrückt werden. Glücklicherweise war er zu müde, um sich deswegen Sorgen zu machen. So furchtbar müde. Er konnte fühlen, wie er dahintrieb, einschlief oder das Bewusstsein verlor; er war nicht sicher, was genau mit ihm geschah. Es war sowieso gleichgültig.
    Er hoffte nur, dass das fremde Wesen, das sich an seine bewegungslose Gestalt heranschlich, damit beginnen würde, seinen verdammten Anzug zu verzehren statt seinen hilflosen Insassen.

2
    DER STURM TOBTE, während Evan eilig über die Korbyski Avenue ging. Er genoss es. Gewaltige Unwetter suchten regelmäßig diesen Teil Samstatts heim. Der Wind, der dichte Regen und die Blitze waren atemberaubend. Natürlich machte das Wetter ihm nicht das geringste aus, weil er, wie jedermann auf Samstatt, einen Anzug trug.
    Er trug gerade den Dienstanzug eines Entwicklungsingenieurs, und zwar die halboffizielle Ausführung. Seine internen Stabilisatoren gestatteten ihm, ohne Mühe durch einen 70-Stundenkilometer-Sturm zu spazieren. Verdampfer und Wischer hielten den Gesichtsvisor sauber. Das thermosensitive Gewebe hielt ihn warm und trocken. Das leichte flexible Material war dunkelgrün gefärbt. Schwarze Streifen verliefen diagonal über Brust, linke Schulter und linkes Bein. Zwei Streifen in einem hellen Grün zierten die rechte Schulter. Evan legte Wert auf farblich gedeckte Kleidung.
    Auf den Straßen wimmelte es von Menschen, die ihren täglichen Besorgungen nachgingen. Jeder trug einen individuell gemusterten Anzug, und keiner achtete auf den orkanartigen Sturm, der in der Stadt tobte.
    Anzüge waren nicht nur für die bequem, die sie trugen, sondern auch für allen anderen, da ein Anzug nicht nur den persönlichen Geschmack seines Trägers verriet, sondern auch Aufschluss gab über sein – oder ihr – Gewerbe, über Wohlstand und persönliche Interessen. Evan kam an einer Frau vorbei, die Schwierigkeiten hatte, ihre Sprösslinge im Zaum zu halten. Sie spielten nämlich an ihren Stabilisatoren herum, so dass sie etwa einen Meter über dem Straßenpflaster in der Luft schwebten. Er konnte die Rufe und Ermahnungen über den omnidirektionalen universellen Kommunikator hören. Sie war unterwegs zu irgendeinem Geschäftsessen, hatte sich schon leicht verspätet und nicht die Zeit, sich mit unartigen Kindern herumzuplagen. Hinzu kam noch, dass sie, wenn sie nicht mit den Faxen aufhörten, ihren Ballettunterricht versäumen würden.
    Die Drohung überzeugte die Kinder, ihre Stabilisatoren wieder richtig einzustellen. Sie sanken zurück auf das Straßenpflaster und bummelten still hinter ihrer Mutter her – wobei der Junge immer wieder ein paar Zentimeter aufstieg, bis ein scharfer Blick seiner Mutter ihn schnell wieder auf den Boden zurücksinken ließ.
    Evan fand das Geplänkel zwischen Mutter und Sohn amüsant, bog um die nächste Ecke und stand vor einem mächtigen Bauwerk mit konkav geformter Fassade. Er ging durch den weiten Innenhof auf den imposanten Eingang zu. Über der Tür stand in großen Lettern die Schrift DIE AURORA-GRUPPE in blaues Kristall eingeprägt. Die Mitte des Innenhofs beherrschte ein drei Stockwerke hoher Brunnen in der Form des Firmenlogos – drei Welten, die eine Pyramide bildeten. Der Brunnen sprudelte ungestört und regelmäßig trotz des ständigen Windes. Der Wasserfluss wurde durch sorgfältig programmierte
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