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Prisma

Prisma

Titel: Prisma
Autoren: Alan Dean Foster
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    ES WAR EIN SCHÖNER TAG; klar und wolkenlos, hell (oh, und wie hell!) und freundlich, ein Tag, an dem alles möglich schien. Sogar das Sterben. Das Sterben hatte an sich nicht auf Evan Orgells Terminplan für diesen Tag gestanden, aber genau das war es, was zu erleiden er gerade im Begriff war, und er konnte verdammt noch mal nichts tun, um es zu verhindern.
    Denn sein Anzug war defekt.
    Um ihn herum strotzte die außergewöhnliche phantastische Welt namens Prisma vor Leben. Sein Aufenthalt auf Prisma sollte ihm eigentlich ein weiteres sorgenfreies Leben sichern. Nun schien es jedoch, als würde er ihm zu einem ganz anderen Schicksal verhelfen.
    Die Luft, nur wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt, enthielt Sauerstoff, den er nicht atmen konnte. In der Nähe sprudelte ein Bach frischen kalten Wassers, das er nicht trinken konnte. Es floss durch einen Wald voller Pflanzen und Tiere, die er nicht essen konnte.
    Die Sonne Prismas wärmte ihm das Gesicht. Sie war ungemein hell, aber nicht heißer als der Stern, der Evans Heimatwelt Samstatt umkreiste. Gegen Mittag war die Temperatur ausgesprochen angenehm. Er konnte die Luft Prismas atmen, konnte sein Wasser trinken, seine eigenen Rationen verzehren, und dennoch würde er sterben. Er würde sterben, weil sein Anzug defekt war.
    Das durfte nicht sein. Es war ein ganz besonderer Anzug, sogar nach den einzigartigen Standards von Samstatt. Er war speziell für diesen Aufenthalt gebaut worden. Die Techniker und Designer hatten ihn eigens konstruiert, damit er ihn, seinen Träger, vor jeder vorstellbaren Gefahr, vor jeder möglichen Bedrohung schützte, die eine Welt wie Prisma bereithalten konnte. Was die Entwickler des Anzugs nicht voraussahen, nicht hatten voraussehen können, war die totale Fremdartigkeit der Bewohner Prismas, von ihrer außerordentlichen Klugheit ganz zu schweigen.
    Es war nicht ausschließlich ihre Schuld, musste er zugeben. Die Techniker waren daran gewöhnt, Überlebensanzüge für die Arbeit auf Welten zu bauen, deren Lebensformen lediglich Varianten einer bekannten Version waren, nämlich der mit dem Kohlenstoffatom als Basis. Prisma war anders. Dort hatte die Evolution sich nach einem völlig anderen Start zu extrem unterschiedlichen Endprodukten hinbewegt.
    Diese Evolution war es, die für den Defekt des Anzugs verantwortlich war.
    Die helle Sonne brannte auf seine ungeschützte Gestalt herab. Während die Temperatur außerhalb seiner künstlichen Epidermis angenehm blieb, begann sie innen ihren unvermeidlichen Anstieg. Evan hatte das verzweifelte Bedürfnis nach einem Schluck Wasser. Er versuchte sich herumzurollen. Die endgültig verklemmten Servomotoren weigerten sich zu reagieren, und er blieb liegen, wie er gestürzt war, flach auf dem Rücken.
    Der linke Arm wollte sich überhaupt nicht rühren. Der rechte knirschte und ächzte, als er ihn nach dem Wasser ausstreckte. Es war ein radikales Abweichen vom üblichen Vorgang, aber er dachte, er könne vielleicht etwas Wasser mit seiner einzigen noch lenkbaren Hand schöpfen, anstatt zu versuchen, Flüssigkeit aus dem Helmspender herauszuholen.
    Angenommen, er schaffte es, wie sollte er aber das Wasser durch den undurchdringlichen Visor seines Anzugs an den Mund heranbekommen? Der rechte Arm erschlaffte, und er gab den Versuch auf, erschöpft von seinen Bemühungen, genauso wie Prisma ihn insgesamt ausgepumpt hatte, seit er auf seiner glänzenden desorientierenden Oberfläche gelandet war.
    Auf Samstatt hatte es so einfach und geradlinig durchführbar ausgesehen. Eine unvergleichlich günstige Möglichkeit zum Aufstieg innerhalb der Firma. Eine Gefahr, dass er bei dieser Mission scheitern könnte, gab es praktisch nicht. Er hatte bisher noch nie versagt, oder etwa doch? Nicht Evan Orgell.
    Methodisch, großartig, mit scharfer Auffassungsgabe und überlegen. Außerdem ungeduldig, anmaßend und arrogant. Alle diese Beschreibungen waren seit Beginn seiner Karriere sowohl von denen auf ihn angewendet worden, die ihn bewunderten, als auch von denen, die ihn hassten und beneideten. Alle waren mehr oder weniger genau zutreffend. Misserfolg war kein Begriff, der zu Evan Orgell passte.
    Bis jetzt. Weil sein Anzug defekt war, und Überlebensanzüge versagten einfach nicht. So etwas durfte es nun mal nicht geben.
    Wie es auch Prisma nicht geben durfte.
    Er lag auf dem Rücken, versuchte seine restliche Energie zu sammeln und sein Atmen zu regulieren, während er überlegte, was er als nächstes tun
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