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Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard
Autoren: Clockers
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jeder war auf sich allein
gestellt, und dieser ganze >Wir sind eine Familie<-Dreck ging sowieso
den Bach hinunter.
    Strike
hasste es, eine Pistole zu haben, er hatte sie sich nur deswegen besorgt, weil
Rodney ihm gesagt hatte, er sei zu klein und zu dürr, um irgendjemanden nur
durch Worte dazu zu bewegen, bei Fuß zu stehen. Die Wahrheit war, dass er vor
der Waffe von Anfang an Angst gehabt hatte - nicht Angst, dass er jemanden
erschießen würde, sondern Angst vor seiner eigenen Wut. Nicht auszudenken, der
Ärger, wenn er jemanden erschießen würde. Seine Angst, sie benutzen zu müssen,
hatte auch ihr Gutes, ließ ihn manchmal sogar kreativ werden. Eines Abends, vor
drei Monaten, hatte er herausgefunden, dass einer der Burschen, die für ihn
arbeiteten, rüber zur Rydell ging und seine Ampullen für fünfzehn statt für
zehn verkaufte und die überschüssigen fünf selber einsackte. Da er nicht die
Pistole benutzen wollte, ging Strike in eine Tierhandlung, kaufte eine
Hundekette und prügelte die gierige kleine Ratte vor der gesamten
Spielplatzhorde zu Boden, stand über ihm wie ein Sklaventreiber mit Bierbauch.
Es war nur Geschäft, doch Strike dachte nicht gern daran, wie gut er sich dabei
gefühlt hatte, wollte sich nicht vorstellen, wie das Ganze wohl ausgegangen
wäre, wenn er die Waffe in der Hand gehabt hätte.
    Strike
nahm ein Yoo-Hoo aus dem Handschuhfach und nippte daran, während er die Straße
entlangrollte. Etwa alle zwei Blocks winkte ein JFK-Clocker als Geste des
Erkennens oder rief seinen Namen, oder irgendein Junkiemädchen aus der Siedlung
kriegte ein ganz glückliches Gesicht und lief auf Zehenspitzen in den Verkehr,
um ihm eine Ampulle abzuschwatzen, bevor die Ampel umsprang. Trotz seiner
Vorsicht liebte er insgeheim die Aufregung, die er bei anderen hervorrief: den
sich aufhellenden Blick, den die Junkies bekamen, wenn sie ihn sahen. Eines
Tages war es vorbei mit diesem Wiedererkennen, dieser Macht, doch abgesehen von
dem lebenslangen Kleinkrieg zwischen ihm und seiner Mutter hatte er Liebe nie
näher erfahren.
    An der
Ampel vor der Abzweigung zu Rodneys Laden zogen zwei Bullen in Zivil mit dem
Accord auf gleiche Höhe. Strike achtete darauf, dass er einen zufälligen Blick
durch deren Scheibe warf und dann wegsah. Es war nur natürlich, ein Polizeiauto
anzusehen; durch nichts verriet sich ein Clocker schneller als durch diesen
steinernen, nach vorn gerichteten Blick auf die rote Ampel.
    Der
Polizist auf dem Beifahrersitz, ein rosahäutiger Albino mit einem wilden weißen
Rauschebart, kurbelte sein Fenster herunter und reckte sein Kinn in Strikes
Richtung. Strike geriet ein wenig in Panik, vergaß die Pistole in der
Trittleiste und machte sich stattdessen wegen des offenen Yoo-Hoo Sorgen.
    »Strike
...«
    Strike
kurbelte sein Fenster herunter und blinzelte, als hätte er die Kontrolle über
seine Augen verloren. »Sag Rodney, er soll mich mal anrufen.«
    Strike
nickte erleichtert und verwirrt. Der Typ musste auf Rodneys Lohnliste stehen,
aber woher wusste der Polizist, wer er war? Strike hatte ihn noch nie gesehen.
Die Ampel sprang auf Grün, und Strike ließ ihn zuerst durchstarten.
    Soll mich
mal anrufen - als ob Rodney wüsste, um welchen Cop es sich handelte. Der Typ
dachte wahrscheinlich, dass er der Einzige auf Rodneys Schmierliste wäre. Strike
zischte vor Abscheu: In diesem Spiel waren alle voller Scheiße. Die Polizisten
beschissen sich gegenseitig, die Dealer beschissen sich gegenseitig, die
Polizisten beschissen die Dealer, die Dealer beschissen die Polizisten, die
Polizisten nahmen Bestechungsgelder an, die Dealer knallten sich gegenseitig ab
wie die Ratten. Keiner wusste mit Sicherheit, wer auf welcher Seite war, keiner
wusste mit Sicherheit, wie viel oder wie wenig Geld sonst wer machte. Das ganze
Geschäft vollzog sich über Münztelefone in der Nacht. Genauso gut konnte man
mit verbundenen Augen über ein Minenfeld laufen. Schwer zu sagen, was man tun
oder lassen sollte, aber es gab drei Regeln, an die Strike sich strikt hielt:
Traue niemandem, werde nicht gierig, und nimm keinen Stoff. Die meisten Leute,
die hier durchhielten, lebten nach denselben Regeln, plus Regel Nummer vier,
die so eine Art Balanceakt mit Regel Nummer eins darstellte. Du musst jemanden
haben, der dir den Rücken freihält. Irgendeine große Nummer muss da sein, die
dir den Arsch rettet. Es gibt immer was, wo du Hilfe brauchst. Kaution, Knast,
Geldeintreiben, Muskeln, und an zwei Orten gleichzeitig kann
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