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Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard
Autoren: Clockers
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aus Mitleid eine Ampulle gegeben, aber das hatte sich als schwerer
Fehler erwiesen, denn das Einzige, was schlimmer war als ein Junkie ohne
Ampulle, war ein Junkie mit Ampulle, und Popeye hatte den Rest jener Nacht in
einem aufgeregten Tanz verbracht und die Crew stundenlang belästigt, bis Strike
ihm eine runterhauen musste. Strike erinnerte sich noch an die glitschigen
Stoppeln auf Popeyes Wange und an etwas Feuchtes - Speichel, Blut - auf seiner
Hand, die er voller Ekel an seinem Hosenbein abrieb, und die ganze Nacht lang
musste er von dieser Feuchtigkeit auf Handflächen und Fingern träumen.
    Popeye kam
nun an der Bank vorbeigehoppelt, sah Strike nicht an, sondern ging hin und her
wie eine Wache und murmelte: »Strike, der Mann ... Strike, der Mann.«
    Sieben
Uhr: Der Fury war das letzte Mal um halb fünf angerollt, um The Word im
Jugendgefängnis abzuliefern; wenn es so weit kam, dann zog das die Knockos für
etwa neunzig Minuten aus dem Verkehr. Dann hatten sie wahrscheinlich auf der
O'Brien Street zugeschlagen, dann auf der Sullivan, was bedeutete, dass sie
gegen acht wieder auf Strike zurollten. Es sei denn, sie hatten bei den beiden
anderen Siedlungen gepunktet, worauf sie heute Nacht nicht zurückkehren würden,
weil eine zweite Verhaftung sie bis etwa zehn Uhr aufhalten würde, und die
Streife machte immer um zehn Uhr Schluss, um die letzten zwei Stunden der
Schicht von vier bis Mitternacht zu versaufen. Es gefiel ihnen nicht, nach zehn
Uhr noch Clockers zu kaschen und zu riskieren, dass sie bis zwei Uhr früh mit
Papierkram und all den nötigen Zwischenstopps auf dem Weg zum County-Knast
festgehalten wurden. Also kamen sie entweder in einer Stunde oder gar nicht.
Strike konnte heute nicht noch eine Schwanzkontrolle ertragen und beschloss,
sich vor acht vom Acker zu machen und um zehn zurückzukommen, wenn die Luft auf
die eine oder andere Weise wieder rein war.
    Er wandte
sich erneut den Bildern auf seinem Schoß zu, blätterte an einem vergoldeten
Rasierer vorbei, an Bocciakugeln, dicker Merinoschafwollunterwäsche,
schließlich einem Polizeiwagen im Kinderformat, einszwanzig hoch, hinter dem
Steuer ein blonder Dreijähriger, der grinste, als hätte er sich gerade in die
Hosen gemacht.
    Strike
liebte nicht die Dinge an sich, er liebte die Vorstellung von den Dingen, das
Konzept von Besitz. Manchmal war er rasend vor Verlangen, blind von all den
Visionen von Dingen, die zu kaufen er viel zu clever war, und in derart
klebrigen Momenten wie diesem kam er sich vor, als würde er gefoltert,
verführt, und spürte auf eine freudlose Art, dass er jemanden austrickste, war
sich aber nicht sicher, wen.
    Schließlich
glitt er voller Widerwillen gegenüber den Katalogen und gegenüber sich selbst
von der Oberkante der Bank, ging zu Futon hinüber und nahm ihm seinen Katalog
weg. Futon machte »he, he«, seine Finger schnappten nach den Seiten wie ein
Fisch, und Strike musste den Katalog hinter den Rücken halten, um Futons Aufmerksamkeit
auf sich zu ziehen.
    »Ich geh
weg. Pass auf die Bank auf.«
    »Wo gehst
du hin?«
    »Wenn ich
wollte, dass du es weißt, dann hätte ich's dir gesagt.«
    »Gehst du
in Rodneys Laden?«
    Strike
starrte ihn an.
    »Gib mir
das Buch zurück, okay?«
    Strike
starrte weiter, so als enthielte sein Schweigen eine Art Lektion, von der er
wollte, dass Futon sie lernte.
    »Ich hab
alles im Griff. Gib mir das beschissene Buch zurück.«
    Futon
täuschte Strike von links und schnappte sich dann lachend den Katalog von der
rechten Seite. Strike nahm an, dass er Futon ebenso mochte wie alle anderen:
nicht besonders.
    Auf seinem
Weg zur Siedlung hinaus sah Strike den Jungen, der Crunch niedergestarrt hatte.
Tyrone. Er stand an dem Zaun, beobachtete, wie Horace und Peanut
herumalberten, und blickte angewidert drein. Strike bemerkte, dass Tyrone sich
einen Mercedesstern in sein Haar rasiert hatte, der jetzt größtenteils
zugewachsen war und eher wie eine Art Delle aussah. Strike trat näher an den
Jungen heran, checkte ihn ab, und der Junge war sich seiner Nähe derart
bewusst, dass er demonstrativ wegsah, was Strike als Zeichen dafür nahm, dass
der Junge aufmerksam war. Tyrone ... der Junge brauchte einen Straßennamen.
Strike würde darüber nachdenken.
    Strike
lief die drei Blocks zu seinem Wagen und schaute sich alle ein, zwei Minuten
um, um zu kontrollieren, ob irgendjemand hinter ihm herlief. Er hatte kein Geld
bei sich, keinen Stoff, aber er war bekannt.
    Er parkte
seinen Wagen in der
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