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Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard
Autoren: Clockers
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draußen.« Rodney
deutete mit dem Kinn auf das Yoo-Hoo.
    »Was
willst du, Rodney?« Strike versuchte, ihm geduldig zuzuhören, schaffte es aber
kaum, wollte endlich zurück zur Bank und die Geschäfte neu organisieren.
    »Komm mal
im Laden vorbei.«
    Rodneys
lange Fingernägel waren glänzend grau vom Essensfett. Strikes Gedärme
kräuselten sich bei dem Gedanken.
    »Wann?«
    »Später.«
    »Es wird
'ne Menge Arbeit geben.«
    Rodney
zuckte mit den Schultern. »Lass Futon die Sache schmeißen.«
    »Futon ist
ein Blödmann.« Strike sah weg, blickte finster drein, wollte diese Fingernägel
nicht länger sehen.
    Rodney
seufzte und schüttelte den Kopf. »Du musst ab und zu mal von dieser Bank
runter, Mann, du bist ja total finster drauf.«
    Strike
konnte nichts darauf erwidern, das Stottern schlug heftig zu, kam direkt von
den Füßen hoch. Und er wusste nicht mal, was er sagen wollte.
    »Komm
einfach vorbei, okay?«
    »W-w-wenn
ich kann.«
    Das
babyspeckige Mädchen machte sich an Rodneys Seitenfenster heran. Sie sah hinein
und lächelte. »Ich mag diese Garfields.« Rodney warf ihr einen langen Blick zu.
»Was willst du denn?« Strike drückte sich vom Wagen ab und ging zurück zur
Bank.
     
    »Yo, guck
dir das mal an.« Horace hielt Strike einen Childcraft-Katalog unter die Nase
und zeigte auf ein leuchtend buntes Angebot von zweihundertfünfzig Klötzen, die
sich zu der doppelten Höhe eines leergesichtigen fünfjährigen Rotschopfes
auftürmten. »Das ist vielleicht ein tierischer Hammer für ein Kind, diese
Klötze.«
    Sie saßen
auf der Rückenlehne der Bank, wie Vögel auf der Leitung.
    »Wofür zum
Teufel willst du die Bauklötze? Bist du ein Baby?« Strike hatte einen
aufgeschlagenen Hold-Everything-Katalog auf den Knien.
    »Nicht für
mich, Arschloch, ich sag doch bloß ...«
    »Ey, ey,
Horace will mit Bauklötzen spielen«, lachte Peanut, der in einem engen Kreis
herumwirbelte und seinen eigenen Katalog zu einem Taktstock zusammengedreht
hatte.
    »Hey, leck
mich, Nigger!« Horace flog von der Bank auf, und Peanut tanzte mit grellem
Gelächter davon, trieb es auf die Spitze.
    Strike
nahm an, dass Horace die Bauklötze wirklich wollte. Er wollte die Klötze, die
De-luxe-Buntstiftkästen, die Burg zum Zusammenbauen, den Minirettungswagen und
vielleicht sogar die Plastikroboter. Strike wusste, dass Horace mit seinem
Geld heimlich Spielzeug kaufte, sagte aber nichts deswegen, weil Horace noch
nie zuvor in seinem Leben irgendetwas besessen hatte und erst dreizehn war.
    Seit
Peanut ein Dutzend Kataloge aus einem Mülleimer gezogen hatte, befanden sich
alle in einem Stadium leichter Verwirrung, reichten sich die dünnen
Hochglanzbroschüren weiter, als handle es sich um Sexhefte. Strike hätte mit
der Peitsche geknallt, wenn es etwas anderes gewesen wäre, aber ihn hatte es
am schlimmsten erwischt. Er hatte sich vor einer Stunde vorgenommen, während
der ruhigen Vorabendzeit zu Rodneys Laden rüberzugehen, war aber mit einem
halben Dutzend Katalogen auf der Bank kleben geblieben, ließ seine Finger Seite
für Seite über Damenunterwäsche, handgeschnitzte Weihnachtsengel,
computerisierte Jogginglaufbänder, Golfputting-Sets für zu Hause und Büro,
Briefpapier mit Namenseindruck und Gartenmöbel gleiten. Von den Katalogen
wurde ihm weich in den Knien, sie faszinierten ihn bis an den Rand der
Hilflosigkeit, die Vorstellung von all diesen Sachen, die man haben konnte, in
einem Buch zusammengefasst, das er mit einer Hand halten konnte. Nicht, dass
er sich je etwas bestellte: Besitz zog Aufmerksamkeit auf sich, machte einen
bloß zum Ziel. Auch von den Jungs hätte sich keiner etwas aus dem Katalog
bestellt, nicht weil sie einen solchen Verfolgungswahn hatten wie Strike,
sondern weil der Bestellvorgang - Telefon, Briefbestellungen, Lieferungen - zu
viel Kontakt mit der Welt jenseits der Straße erforderte. Es war leichter, in
einen Laden auf dem JFK Boulevard zu gehen, die Geldrolle aufblitzen zu lassen
und zu sagen: »Geben Sie mir das da.«
    Strike
hatte keine Uhr, aber er wusste, es war sieben, weil Popeye aus der Weehawken
Street 4 trat. Popeye war fünfundvierzig, sah aber aus wie sechzig, ein
humpelnder, krummbuckliger Junkie mit einem aus der Höhle tretenden linken
Auge. Er schlurfte zur Bank herüber, leckte sich die Lippen, war wahrscheinlich
pleite, mochte es aber trotzdem, in der Nähe der Ampullen zu sein, vielleicht
in der Hoffnung, eine im Gras zu finden oder so. Strike hatte Popeye vor ein
paar Wochen
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