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Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard
Autoren: Clockers
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Auffahrt einer alten Dame, zahlte ihr hundert im Monat,
damit er nicht auf der Straße stand. Die Frau war fünfundsiebzig, halb blind,
hörte gern Gospelradio, saß gern am Fenster und hatte ein Auge auf den zwei
Jahre alten Accord, als ob er von alleine weglaufen könnte. Strike mochte alte
Leute. Sie waren viel vernünftiger, weniger anfällig für Gier, fanden keinen
Geschmack am High-Sein und hatten keine Neigung dazu. Er hatte sechs von ihnen
auf seiner Lohnliste: diese eine für den Wagen, drei weitere, um bei Sears
gekaufte Safes in ihren Wohnungen aufzubewahren, für sein Geld; einen weiteren,
um auf einen Safe für die Nachschubampullen aufzupassen; und noch eine, die
seine Wäsche machte. Die alten Leute kosteten ihn eine Menge Geld, zweitausend
im Monat. Aber er verdiente jetzt zwischen fünfzehnhundert und zweitausend die
Woche, sein Schnitt für den Verkauf von etwa fünfzehnhundert bis zweitausend
Ampullen, abhängig davon, welche Einbußen er hatte: Diebstähle, Bruch, Polizei.
Er hatte Angst, irgendetwas mit dem Geld anzustellen, wollte nicht damit
angeben oder sich irgendwas zulegen, das man ihm hätte wegnehmen können, also
war alles, was er für seine harte Arbeit vorzeigen konnte, Bares, mehr Bargeld,
als er zählen konnte. Sein Auto war gebraucht und geleast; einen gekästen
Wagen konnten sie nicht beschlagnahmen, außerdem zog ein Gebrauchtwagen nicht
so viel Aufmerksamkeit auf sich. Seine Wohnung war auf einen anderen Namen
gemietet, in einer verrufenen, aber ruhigen Nachbarschaft, einer Hurengegend,
in der es keine Clockers gab, und gleich auf der anderen Straßenseite stand
eine Reihe von Münztelefonen.
    Seine
Wohnung war makellos und kahl. Keine Riesenstereoanlage, kein Fernseher, kein
Telefon, nur eine dreiteilige Schlafzimmereinrichtung und eine vierteilige
Wohnzimmergarnitur, alles innerhalb einer halben Stunde in einem
Einkaufszentrum drüben in Queens gekauft, wo ihn niemand kannte. Er war vor
sechs Monaten nach einem Krach mit seiner Mutter wegen seiner Dealerei dort
eingezogen. Er war erst neunzehn, hatte aber genug Geld, um sich irgendwo ein
Haus kaufen zu können, aber wenn man ihn verhaftete, würde man das Haus
beschlagnahmen, und die Zeit im Knast würde bedeuten, dass kein Geld floss,
keine Abzahlungen bei der Bank, und das Haus würde zurückgefordert werden. Doch
zumindest hatte Strike mit dem Gedanken gespielt: Die meisten Dealer, die er
kannte, dachten nicht im Traum an Häuser. Wie Horace warfen sie ihr ganzes Geld
für Spielzeug zum Fenster raus - Männerspielzeug vielleicht, aber dennoch
federgewichtige Eitelkeitskäufe, sie lebten in Bruchbuden und trugen zu viel
Gold. Sie kamen nicht von der Idee los, von Minute zu Minute überleben zu
müssen, hätten ihr Geld nie in etwas Substantiellem angelegt. »Sie haben keine
Zukunft, weil sie nicht an die Zukunft glauben«, so drückte sich Rodney aus,
obwohl nach Strikes Dafürhalten Rodney niemand war, mit dem man hätte reden
können.
    Jedes Mal,
wenn er auf dem JFK auf dem Weg zu Rodneys Laden an der roten Ampel hielt,
glitt seine Hand zur .25er Automatik, die er unter einem selbstgebauten
Klappdeckel auf der Trittleiste verstaut hatte. Da gab es ein paar Schläger aus
Newark, die es auf die Dealer aus Dempsy abgesehen hatten und ihnen nach Hause
folgten oder sie an den Ampeln erwischten. Und sie machten auch von ihren Waffen
Gebrauch: Ein Typ von der Sullivan-Crew lag am Beatmungsgerät, und irgendein
Clocker von der Cleary Avenue war tot. Manche Leute sagten, es sei Erroll
Barnes gewesen, aber Erroll Barnes' Name tauchte jedes Mal auf, wenn ein Ding
ohne Zeugen ablief. Erroll Barnes war ein übler Bursche aus Dempsy, hatte
mehrere Jahre abgesessen, weil er einen Fernsehreporter umgelegt hatte, der
die Bullen bei der Arbeit begleitet hatte. Er hatte nicht lebenslänglich
gekriegt, weil sein Anwalt die Geschworenen davon überzeugte, dass Erroll
dachte, es habe sich um andere Dealer gehandelt, die ihm an den Kragen
wollten, und dass er niemals wissentlich auf Polizisten schießen würde. So
konnte es manchmal gehen. Doch wenn Erroll Barnes hinter all dem steckte, dann
war das die beste Versicherung für Strike, weil Erroll und Rodney gemeinsam
aufgewachsen waren, gemeinsam Überfälle begangen hatten, gemeinsam gesessen
hatten, und jetzt war Erroll Rodneys Mann für alles und Drogenschlepper, und
Strike konnte sich nicht vorstellen, dass Erroll auf Rodneys Leute schoss.
Allerdings wäre das nichts Unerhörtes gewesen;
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