Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Prada Party und Prosecco - Roman

Prada Party und Prosecco - Roman

Titel: Prada Party und Prosecco - Roman
Autoren: Jenny Colgan
Vom Netzwerk:
und tröste dann sie statt sie mich.
    Bis zu jenem Zeitpunkt war ich ziemlich normal, glaube ich zumindest. Ich war eher schüchtern, meine Hobbys waren Perlen, Barbie und Schulespielen. Ich würde mal sagen, dass wir in einem ziemlich großen Haus wohnten, aber damals ist mir das nie aufgefallen. Ich dachte einfach, dass jeder ein Hausmädchen und ein eigenes Ankleidezimmer hat. Na ja, was das betrifft, würde ich das komplette Ankleidezimmer, jede Barbie, die je auf den Markt gekommen ist, und alles andere, was ich irgendwann einmal besessen habe, nur zu gerne zum Teufel jagen, wenn ich stattdessen die Erinnerung daran aus meinem Kopf verbannen könnte, wie die Rektorin ins Klassenzimmer kam und mit seltsam erstickter Stimme erklärte, ich möchte doch bitte in ihr Büro mitkommen.
    Ich versuche, mich an sie zu erinnern. Eines Abends, als ich etwa sieben Jahre alt war, schickten sie sich gerade an auszugehen – sie gingen abends oft weg, meine Mutter tanzte gerne und liebte Bälle, und mein Vater tat nichts lieber, als sie zu verwöhnen. Sie hatte ihr Lieblingskleid an – sie besaß viele Kleider, aber die meisten trug sie nur ein- oder zweimal. Dieses hingegen holte sie immer wieder aus dem Schrank. Es war aus pinkfarbener Seide (hey, wir reden hier von den Achtzigern), und sie trug dazu Locken und eine Blume im blonden Haar. Mein Vater übernahm das mit der Blume. Er tat so, als wäre es von äußerster Bedeutsamkeit und dass nur er das vernünftig hinbekam, und machte daraus eine großangelegte Aktion, mit jeder Menge Spray und Haarnadeln. Er beugte sich zu ihr hinunter, ihre Nasen berührten sich fast, und dann steckte er ihr vorsichtig, umständlich die Orchidee ins Haar. Schließlich drehten sie sich beide zu mir um. Vor Vorfreude lag ein Funkeln in den Augen meiner Mutter, wenn sie vor mir den Kopf neigte.
    »Also«, verkündete mein Vater dann, »jetzt liegt die Entscheidung bei dir, Sophie. Kann deine Mutter sich so in der feinen Gesellschaft sehen lassen?«
    Und irgendwie war mir klar, dass ich eine ernste Miene aufsetzen musste, so als würde ich sie wirklich genau unter die Lupe nehmen. Meine Mutter zeigte mir ihre Frisur, ich begutachtete sie sorgfältig und brummelte: »Hmm …«
    Und dann flehte Mummy: »Bitte, Sophia, sag mir, dass ich vor deinem kritischen Auge bestehe!«
    Und Daddy fügte hinzu: »Ja, denn wenn du uns so nicht aus dem Haus lässt, dann kommen wir zu spät zur Party, und du weißt ja, wie sehr deine Mutter es hasst, ein Fest zu verpassen!«
    Und Mummy machte ein trauriges Gesicht. Nachdem ich sie so lange hingehalten hatte, wie ich es nur aushielt, verkündete ich: »Nun gut … ich würde mal sagen, Prüfung bestanden!«
    »Hurra!« Dann küsste meine Mutter mich und hinterließ pinkfarbenen Lippenstift auf meiner Wange. Mein Vater gab vor, unglaublich erleichtert zu sein, und sie versprachen, mir je ein Stück von den besten Kuchen auf der Party mitzubringen. Dann lieh Daddy mir seine kostbare Leica, und ich machte ein Foto von ihnen.
    Wir hatten viele solcher kleinen Rituale. An das mit dem pinkfarbenen Kleid erinnere ich mich am besten. Als ich älter wurde, überlegte ich manchmal, wie seltsam es doch war, dass sie auf jeder Party mit einem kleinen Täschchen erschienen und Petits Fours mitgehen ließen. Aber genau das taten sie, weil sie mich liebten und weil wir eine Familie waren, und ich denke, dass ich vielleicht deshalb so gerne Süßes zum Frühstück esse.
    Nachdem sie gestorben war, ging natürlich alles den Bach runter. Obwohl ich schon elf Jahre alt war, ist diese Zeit in meiner Erinnerung irgendwie verschwommen. Mir war nicht klar gewesen, wie gut und mit welch behutsamer Hand sie den Haushalt geführt hatte, bis sie uns verließ. Ohne Esperanza, die sich um uns kümmerte, hätten wir vermutlich bereits nach einer Woche kalte Bohnen aus der Dose gelöffelt.
    Die vielen Freunde meiner Eltern waren toll, natürlich, sie kamen vorbei und brachten uns was zu essen mit und luden mich ständig zu sich nach Hause ein, damit ich mit ihren Kindern spielte. Aber ich hatte dort seltsamerweise immer das Gefühl, dass ich mich supergut benehmen musste, sonst fingen die Mütter nämlich unweigerlich an zu weinen, und es war mir verhasst, alle so aufzuregen.
    Nachdem ein wenig Zeit verstrichen war, ging es mir zwar wieder besser, und ich wollte gerne lachen oder mitspielen, aber dann merkte ich, wie die anderen Mädchen und ihre Mütter mich ansahen, als wollten sie sagen:
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher